Nena: die neue alte deutsche Welle?

Sie gilt gemeinhin als Ikone der 1980er Jahre, und für viele ist sie die Personifikation der damaligen „neuen“ deutschen Welle: Nena. Die Künstlerin ist auch dreißig Jahre später noch aktiv. Am Freitagabend in der Linzer TipsArena konnte man sich davon ein Bild machen. Ein nicht überragendes.

Freitagabend, 19:30. Nichtsahnend betritt man den abgeteilten Konzertsaal der TIPS-Arena, nur um mitzubekommen, dass der Support bereits begonnen hat. Die folkshilfe, in Linz und Umgebung bei Weitem keine Unbekannten mehr, stand da bereits auf der Bühne. Angekündigt wurde das – zumindest so, dass es auch jeder mitgekriegt hätte, nicht wirklich. Aber wurscht – die Jungs der folkshilfe gaben auch so ihr Können zum Besten, auch wenn die Karls und die Resis größtenteils entweder noch auf der Anreise oder draußen beim Bierstand waren. Die halbe Stunde als Supportslot war zwar knapp bemessen, machte aber definitiv Lust auf mehr!

Hauptact Nena betrat nach Umbaupause exakt eine halbe Stunde später die Bühne. Mit Begleitband, versteht sich. Mit leuchtender Gitarre auch. Vielleicht, weil sie etwas eitel geworden ist und nicht mehr so oft fotografiert werden will? Auch sonst hat sich so einiges geändert. Zwar versteht es Nena nach wie vor, ihre Qualitäten als Entertainerin auszuspielen, doch richtig „rund“ geht es nur bei den alten Nummern. So wird „Nur geträumt“, der Hit aus 1982, auch gleich als Song Nummer drei verbraten. Zwischenansagen wie „Es ist so schön, hier zu sein“, und „Danke, dass ihr da seid“ sind danach zwar auch nett anzuhören, aber halt anno 2015 auch „nix spezielles“ mehr. Auch der Appell, doch „offen für Neues“ zu sein, war zwar gut gemeint, aber hat den berühmten Funken auch nicht überspringen lassen.

Zur Überraschung aller wurde „99 Luftballons“ dann mitten im Set gespielt. Ein Evergreen, der nur leider durch Casper-esque Rap-Einlagen der Backing Band eher verpfuscht als gefeiert wurde. Da ändern auch zwei gigantische Luftballons mit dem Aufdruck „LOVE“ nicht mehr viel daran, dass man sich eher an aktuell erfolgreichen deutschen Artists orientiert als an seiner eigenen großen Geschichte. Danach zwischendurch – nach 1:10 Stunden als Quasi-Zugabe, „weil wir noch nicht gehen wollen!“ – ein paar neue Songs, bevor mit „Irgendwie Irgendwo Irgendwann“ alle versöhnt wurden und imaginäre Sandburgen bauten. Applaus zum Schluss, weitere Zugaben, versöhnlicher (und berührender) Abschluss. „Lieder von früher“ sollte man allerdings doch etwas wörtlicher nehmen, und alte Hits nicht zwangsweise einer Zeitreise unterziehen wollen! Wäre wohl ein gelungenerer „Zaubertrick“ gewesen.

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.