Spielzeit 2015/16 im Theater Phönix: Sozialkritik junger Schreibender

Mehr als 22.000 Zusehende bei knapp 200 Vorstellungen. Das ist die Bilanz der letzten Saison des Theater Phönix. Die ab September gezeigten Stücke sind erneut sozialkritisch und diesmal bis auf „Leonce und Lena“ (19. Jahrhundert) ausschließlich von zeitgenössischen Autoren geschrieben. Werther wird neu interpretiert, Hitler findet sich als Fernsehstar wieder, Liebe und Beziehungen machen nicht Halt vor der Entromantisierung.

Fünf Stücke stehen von September 2015- Juni 2016 auf dem Spielplan. „Revolution? Oder wie gehen wir mit der Krise um“, so lautet das Überthema, dem die Produktionen unterschiedlich begegnen. Sei es mit Märchenspiel und Satire, Persiflage, Komödie, kritischem Volksstück oder Übertragung eines Klassikers in die Gegenwart- Figuren fliehen, setzen auf ihre Erfolge, lügen, um sich oder etwas vermeintlich zu schützen. Wer nicht ins System passt, wird passend gemacht- Adi in „Am Beispiel der Butter“ bekommt nicht nur Missfallen und Zorn, sondern auch deren Resultat in Handlungen zu spüren.

Die meisten Regisseur/inn/e/n, Schriftsteller und Schauspielenden der kommenden Spielzeit sind keine Unbekannten im Theater Phönix und in der Linzer Theaterszene. „Leonce und Lena“ wird von Susanne Lietzow, Gewinnerin eines Nestroy-Preises 2014, auf die Bühne gebracht, Regiearbeiten von Harald Gebhartl (künstlerischer Leiter des Theater Phönix), Heidelinde Leutgöb (z.B. „Brassed off“), Caroline Welzl und Johannes Maile („Waisen“, „Wir sind keine Barbaren“) folgen. Unter den Autoren finden sich Florian Zeller („Die Wahrheit“) und Thomas Arzt („Alpenvorland“ am Landestheater).

Die Spielzeit wird jedoch mit Georg Büchners „Leonce und Lena“ (ab 10.9.) eröffnet. Leonce, melancholischer Prinz aus dem Königreich Popo, kann sich dank seines Erbes dem Müßiggang hingeben, über das Leben und die Langeweile sinnieren. Als er Lena, eine ihm unbekannte Prinzessin aus Pipi, heiraten soll, flieht Leonce gemeinsam mit Valerio nach Italien. Prinzessin Lena hält aber ebenfalls wenig von einer arrangierten Ehe und macht sich auf denselben Weg.

In „Er ist wieder da“ (Timur Vermes, ab 26.11.) flieht Hitler 2011 nicht aus Berlin, sondern wird zum gefeierten Fernsehstar. Zynisch und hemmungslos, ohne Chance gegenüber der Sucht nach Quoten und Klicks- dabei ist Hitler nicht als Witzfigur dargestellt. Vielmehr erscheint er als einer unter vielen Menschen, die (beruflichen) Erfolg zum Lebensmittelpunkt machen.

Hemmungen, die Wahrheit zu sagen, sind hingegen in „Die Lüge“ (Florian Zeller, ab 4.2.) wesentlich. Alice und Paul haben Laurence und Michel, ein befreundetes Ehepaar, zum Abendessen eingeladen. Keine entspannte Situation für Alice, die Michel beim Küssen einer unbekannten Frau beobachtet hat. Soll sie sich an Laurence wenden oder so tun, als sei nichts geschehen? Wie viel Wahrheit verträgt eine Beziehung; wie viel Lüge braucht es, um sie zu schützen?

„Am Beispiel der Butter“ (Ferdinand Schmalz, ab 3.3.) führt das Infragestellen vorgeblicher Idylle fort. Adi überwacht die Butterproduktion einer örtlichen Molkerei und sticht im Vergleich zu weiteren Mitarbeitenden dadurch hervor, dass er täglich Fremden von seiner Ration Joghurt abgibt. Missfallen, ein Zusammenschluss des Marketingchefs und eines Angestellten der Staatsgewalt sind die Folge.

In „Werthers große Liebe. Oder schick mir die Pistole, Baby“ (Thomas Arzt, ab 19.5.) ist das Ergebnis einer Schwärmerei genauso unerwartet. Ulrich, Student und Straßenmusiker, ist von Franziska fasziniert, welche bereits mit Max verlobt ist. Als Max Ulrich für die gemeinsame Gartenparty engagiert, ändert sich die soziale Beziehung zwischen allen dreien. Der romantisch Leidende ist nicht mehr der Erzähler, die gesellschaftlichen Bedingungen der Liebe rücken in den Vordergrund.

Auf der Bühne sind neben dem Schauspielensemble des Theater Phönix, bestehend aus Rebecca Döltl, David Fuchs, Markus Hamele und Felix Rank, Gäste wie Matthias Hack (bis 2014/15 Ensemble-Mitglied), Simon Jaritz, Julia Jelinek, Sebastian Pass, Sabrina Rupp, Lisa Schrammel und andere zu sehen.

Die Kartenpreise bewegen sich zwischen 5 € (öffentliche Hauptprobe) und 22 € (ohne Ermäßigung und nicht im Vorverkauf). An Theatersonntagen (17/12 €) und mittwochs für Schüler/innen, Lehrlinge und Studierende (bis 27 Jahre) gibt es Ermäßigungen.

Die ersten Karten für „Leonce und Lena“ können unter anderem bereits auf der Webseite des Theater Phönix reserviert werden.

Foto: „Der Sturm“ (2014/15) – Christian Herzenberger

Katharina ist Sozialwissenschaftlerin und Redakteurin. Sie beschäftigt sich vor allem mit gesellschaftlichen (z.B. frauenpolitischen) und kulturellen (z.B. Film, Theater, Literatur) Themen. Zum Ausgleich schreibt sie in ihrer Freizeit gerne literarische Texte: https://wortfetzereien.wordpress.com/