FIDLAR: Too!

Die kalifornischen Surfpunks, Feel-Good-Drogenopfer und Spaßmacher vom Dienst sind zurück. Die neue Platte heißt „Too“ und vermischt erneut Punk, Garage Rock, Pop und Scheiß-drauf-Attitüde. Die Non-Stop Party wird diesmal allerdings vereinzelt unterbrochen, man setzt sich mit Themen wie der Ziel- und Antriebslosigkeit der Generation Y und der eigenen Selbstzerstörung auseinander – liefert dabei aber immer noch Hits wie am Fließband.

Wer von sich behaupten kann, Schauspieler Nick Offerman (aka Ron fucking Swanson) dazu gebracht zu haben, sturzbesoffen eine Urinspur durch Los Angeles zu ziehen, der hat mit seinem ersten Album schon alles richtig gemacht. FIDLAR sind zurück – mit neuer Platte! Die kalifornischen Surfer Boys knallen ihren dreckigen Rock ‚N‘ Roll immer noch rotzfrech und direkt aus den Boxen, haben aber auch ein paar Spielereien und Überraschungen im Gepäck. Allerdings gleich vorweg – die thematische Leichtigkeit, das Augenzwinkern und der jugendliche Leichtsinn – die Fassade der Dauereskapaden und der Endlos-Party bröckelt bei so manchen Songs auf diesem Album. Wo man zuvor vielleicht noch dachte, dass FIDLAR einfach mit viel Selbstironie ihr rebellisches Junkie-Image pflegen möchten, wird hier immer mehr spürbar dass Sänger Zac Carper wirklich schwerere Probleme mit seinem Leben hat und schon einiges mitgemacht hat (NME-Interview).

Zum Start ist es aber noch da, dieses Augenzwinkern. Wenn in „40oz. On Repeat“ zu lieblichen Glockenspiel-Klängen „everybody’s got somebody, everybody but me“ und „everybody’s got more money, they got more money than me“ gesungen wird und der Refrain danach wieder so richtig ins Blut schießt, dann geht das sofort ins Ohr und in den Bewegungsapparat. Das krachende Riff-Monter „Punks“ und die über-drüber Single und Sommerhit-Nachzügler des Jahres „West Coast“ (viel Glück beim Versuch, diesen Ohrwurm wieder loszuwerden) sorgen dafür, dass der Wiedereintritt in die bunte Welt von FIDLAR wirklich überragend gut gelingt.

Weiter im Programm geht es mit dem überaus ansteckenden „Why Generation“, dessen Refrain mich zu meiner Überraschung auch nach dem zehnten Durchlauf noch nicht nervt. Das Stichwort „nerven“ passt aber im Falle von „Sober“ ziemlich gut. Denn was soundtechnisch zwar durchaus interessant anzuhören ist (die Band sampelt sich selbst), mutet an wie ein Streitgespräch zwischen einem 14-Jährigen und seinen Eltern, die ihm nicht erlauben heute fortzugehen. Der Killer-Refrain ist in diesem Fall dann auch irgendwie verschenkt. Am selben Problem krankt auch das musikalisch ziemlich gefällige „Leave Me Alone“. Man hat hier eher das Gefühl einem störrischen Teenager bei raunzen und sudern zuzuhören, als einem Mann, der auf die 30 zugeht. Aber danach wird es auch gleich wieder besser. „Drone“ ist im Vergleich eine wunderbar unaufdringliche Garagenpunk-Nummer, eine Hymne auf die Nichtsnutzigkeit und das Nicht-dazugehören-wollen – quasi genau was man auf einer FIDLAR Platte hören will, um sich sein wildes Punk-Leben vorzustellen, während man im Bürostuhl auf und ab wippt.

Beim nächsten Song – „Overdose“ – gelingt es FIDLAR dann tatsächlich äußerst überzeugende, ernste Töne anzuschlagen. Das Thema des Songs ist schnell dabei schnell zu erraten. Verrückte Effektspielchen, eine schleppende Akustikgitarre und die perfekt dazu passende Gesangsperformance erzeugen eine bedrückte, aber zugleich fesselnde Stimmung. Die tatsächliche Überdosis manifestiert sich dann in einem gewaltigen Noise-Ausbruch zum Schluss – ein Highlight! Danach darf es dann aber auch schon wieder fröhlicher werden. Das staubtrocken rockende „Hey Johnny“ erinnert an die Queens Of The Stone Age und beim hmynischen „Stupid Decisions“ meine ich gar, zarte Oasis-Anleihen heraushören zu können. Das flotte „Bad Medicine“ und die ultimative scheiß-drauf-Hymne „Bad Habits“ („oh my god, I’m becoming my dad!“) beschließen das Abenteuer „Too“ dann.

FIDLAR ziehen ihr Ding über weite Strecken wieder souverän durch, liefern dabei eine der besten Singles des Jahres und haufenweise frische Rock ‚N‘ Roll Songs ab, die ordentlich Laune machen und auch noch, dass sie aber auch noch Sachen draufhaben, die man ihnen vielleicht so nicht zugetraut hätte. Die wenigen Ausfälle in der Tracklist kann man da also getrost verschmerzen. Wer aber den durchwegs jugendlichen Leichtsinn des Debütalbums in seiner Party-Playlist vermisst, der greift vielleicht besser auf ebendieses zurück.

 

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Tracklist

01. 40oz. On Repeat
02. Punks
03. West Coast
04. Why Generation
05. Sober
06. Leave Me Alone
07. Drone
08. Overdose
09. Hey Johnny
10. Stupid Decisions
11. Bad Medicine
12. Bad Habits

VÖ: 04.09.2015, via Mum + Pop Music / Dine Alone Records / Wichita Recordings

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.