ADELE: Der grösste gemeinsame Nenner

Alle Zeichen auf Stardom: Das Konsens-Album der Saison trägt eine Zahl auf dem Titel und diese lautet „25“. Es stammt von niemand Geringeres als Oscar- und Grammy-Gewinnerin Adele Adkins. Hooklines für die Ewigkeit und Melodien für Millionen gehören nach vier Jahren Pause weiterhin zum Kerngeschäft der reichsten Britin unter 30. „25“ macht allerhand richtig und wenig falsch. Hier werden nur die Hits angezählt und die sind reichlich vorhanden. Adele hat den Pop-Thron endgültig erklungen.

Credit Alasdair McLellan

Sprechen wir über Erwartungshaltungen. Darüber, wie Vorfreude unsere Hoffnungen und Vorstellungen manchmal auf unfair hohe Podeste heben kann, von Ausmaßen eines Mount Everest. Als es hieß, Adele veröffentlicht im November ihre dritte Platte, war die gesamte Musikwelt aus dem Häuschen. Und wie sollte es auch anders sein: An ihr kam in den letzten Wochen keiner vorbei. Adele hat mit „25“ ein Album hingelegt, an dem sich andere Künstler messen lassen müssen, sangestechnisch wie kommerziell. Sie ist der derzeit größte Popact der Welt und liefert jedermanns Gedanken bestmöglich verpackt in große Gefühle. Und ein Rekord jagt den Nächsten. Sie wird von allen Seiten angepriesen, liebkost und umgarnt. Stil- und Imagewechsel sucht man bei Adele dennoch vergebens. Adele ist die Barbra Streisand der Generation iPhone, Twitter und Snapchat.

„25“ versucht, einen leichten Umgang mit schweren Dingen zu bewältigen. Umso leidenschaftlicher wirft sich die 27-Jährige in die hohen Töne. Die Stimme, die bildlich gesprochen Bäume entwurzelt, die Stärke ausstrahlt, aber auch eine Verletzlichkeit an den Tag legt, sagt „Hello“ und Fans weltweit grüßen begeistert zurück. Es gibt eben diesen Moment, in dem ein Künstler jenes Werk schafft, auf das man noch Jahre später zurückblicken und an dem man alles Kommende messen wird. Nachdem Adele mit ihrem Debüt „19“ in England Erfolge feiern konnte, mit „21“ ihr weltweiter Mega-Durchbruch stattfand, ist „25“ das künstlerisch gefestigte, reife Statement.

Cover

Natürlich will es mehr als bloß Formatradioklischees zu bedienen. Mit jedem Hörgang setzen sich die Songs auf „25“ tiefer fest. Die Vorabsingle „Hello“ darf inzwischen als moderater Klassiker bezeichnet werden. Durch die stark nach vorn abgemischte Stimme bleibt nach nach den ersten Beregnungen mit den restlichen zehn Songs zunächst, wie könnte es auch anders sein, der Gesang in Erinnerung. Nach und nach verteilt sich die Aufmerksamkeit aber auf Arrangements: Die vielschichtige Produktion in „I Miss You“ beispielsweise. Die feinen, zweckdienlicheCredit Alasdair McLellann Klavierakkorde in „Remedy“. Der gospelige Groove in „River Lea“. Der Pomp in „Water Under The Bridge“.

Manchmal begegnen einem Gesangsstimmen, die fesseln und nicht mehr loslassen. Die sich gegen Moden und Trends verwehren. Die Freiheit, Liebe und Selbstverwirklichung als höchstes Glück auf Erden preisen. Adele hat begriffen, wie schön ihre Stimme wirken kann, wenn die Instrumentierung nicht überhand nimmt, der Raum zum Atmen bestehen bleibt. Die Kraft der Kompositionen kommt bestens zur Geltung. Obwohl das Pathos an manchen Stellen zu viel wird („All I Ask“, „Love In The Dark“) und zu sehr auf die Tränendrüse drückt („When We Were Young“, „Million Years Ago“), ist es ihr gelungen, ein großes Ganzes zu schaffen, in denen die einzelnen Bestandteile gut zur Geltung kommen. Bis zur nächsten Zahl.

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Foto: Alasdair McLellan

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