Beginner: „Advanced Chemistry“

Mit vibrierenden Tönen wird der erste Track eingeleitet, die Stimmung steigert sich. Eine Stimme vermischt sich mit der spannenden Musik und plötzlich – Bass. Ein kleines bisschen kribbelt es in den Zehen, als Jan Delay endlich anfängt zu rappen.

Wie immer klingt er verschnupft. Währenddessen wandert der Blick zum Albumcover. Ein Fuchs starrt in die Kamera und wird von einer Dame im goldenen BH gehalten. Herrlich. Genau so gestaltet man den epischen Auftakt zu einem neuen Album. Mit „Advanced Chemistry“ von den Beginnern wird der Hip-Hop-Limbo beendet, denn die Messlatte liegt nun sehr hoch. So viel passiert in dieser Konstellation von verschiedenen Musiktiteln.

Kein Song, keine Textzeile, kein Feature gleicht dem anderen. Gerade wenn der Hörer zu vermuten glaube, er oder sie hätte das Konzept durchschaut, so zeigt der nächste Track, wie falsch diese doch lagen. Jedes Lied könnte man als ein individuelles Bouquet an Musik beschreiben. Einmal begleitet uns Reggae und plötzlich finden wir uns wieder in elektronischer Musik wieder. Und trotzdem scheint alles zu harmonieren. Ein roter Leitfaden zieht sich jedoch durch das gesamte Album – der Hip-Hop, so wie wir ihn von den Beginnern kennen. Schon nach den ersten Lines ist klar, dass sich diese Jungs treu bleiben, ohne betreten auf der Stelle zu treten. Sie schaffen es, ein leichtes Gefühl von Heimweh nach Früher zu erzeugen und trotzdem so neu und frisch wie nie zuvor zu klingen. Vielleicht auch, weil sie Themen bearbeiten, die uns alle aktuell mehr oder weniger beschäftigen. Vielleicht sogar beschäftigen müssen.

Teilweise erlangt der Zuhörer das Gefühl, verstanden zu werden. Denn ein weiteres Mal jonglieren die Beginner mit Worten und Aussagen, spielen damit, unterstreichen ihre Sinnhaftigkeit. Man ist beinahe in ein Gespräch verwickelt. Natürlich sind einige Tracks auch weniger sinnbehaftet. Immerhin sollte man auch erwähnen, dass es ein Feature mit dem einem und wahrhaftigem Babo, Haftbefehl, auf das Album schaffte. Hafti wirkt zwischen den anderen Co-Stars wie Samy Deluxe, Gentleman und Dendemann etwas fehl am Platz. Fast so wie der kleine Bruder, den die großen Geschwister nur aus Güte mitspielen lassen.

Dennoch bringt besagter Aggro-Track „Macha Macha“ Spaß mit sich. Manchmal muss eben auch der normale Bürger in seinem BMW proletieren – und das am Besten mit diesem Song aus den Boxen dröhnend. Ansonsten hält sich „Advanced Chemistry“ aber eher cool und gediegen. Fazit: Im Grunde ist dieses Werk der Beginner eine kleine Zeitreise, in die Vergangenheit. Da wo Cro, die, die immer lacht und Mark Forster noch nicht existierten. Sie geben uns ein kleines Stück Rapgeschichte zurück.


Live kommen die Beginner mit „Advanced Chemistry“ kommenden Herbst auch nach Österreich. Am 17. November gastieren sie im Wiener Gasometer, und am 18. November in der TipsArena Linz (hochverlegt aus dem Posthof). Tickets noch erhältlich! Weitere Infos auf facebook und www.beginner.de/

 

Fotografin.Mediendesignerin.Wirrer Kopf.