Crossing Europe 2017: Sventasis / The Saint

Ein skurilles, satirisches Drama von Regisseur Andruis Blazevicius versteckt sich hinter dem Titel „The Saint“. Eine fiktive Geschichte, die stark an der Realität angelehnt wurde. Der Regisseur gibt einen guten Einblick in die Wirtschaftskrise rund um Litauen und wie es den Menschen vor Ort mit dieser ergangen ist. 

Der Film gibt ein Example, wie es knapp 250.000 anderen Litauer*Innen während der Wirtschaftskrise ergangen ist. Der plötzliche Jobverlust von Protagonist Vytas ist somit kein Einzeldilemma. Vytas ist Vater von zwei kleinen Mädchen und eigentlich glücklich verheiratet. Vor der Kündigung hat seine Familie nie finanzielle Probleme gehabt. Die Familie besitzt eine vergleichsmäßig wunderschöne Wohnung und ein großes Auto, auch so konnte der Vater den Mädchen jeden Wunsch erfüllen.

Andrius Blazevicius, der Regisseur des Films, lässt uns in die Welt eines stolzen Mannes Einblick nehmen, der versucht, die Wirtschaftskrise und seine eigene persönliche Krise irgendwie zu verarbeiten. Der Regisseur spielt etwas mit den Gefühlen der Kinobesucher. Einerseits wurde die Figur von Vytas so gestaltet, dass einem die Person einfach Leid tut, andererseits lässt seine Uneinsichtigkeit teilweise auch Aggressionen aufsteigen. Im Kurs fürs richtig „Bewerben“ lernt er, dass ein gepflegtes Auftreten und ein Lächeln beim Bewerbungsgespräch das Wichtigste ist. Nicht der prekären Einkommenssituation bewusst spendiert er sich selbst einen überteuerten Anzug und einen neuen Haarschnitt – um bei den Gesprächen punkten zu können. Beim Friseur verliebt er sich in die neue Friseurin. Anstatt aktiv nach Arbeit zu suchen, verbringt er viel Zeit mit der Friseurin und versucht diese mit Geschenken zu beeindrucken. Die Friseurin ähnelt seiner Frau sehr, braune Haare, gleicher Körperbau. Bei ihr ist er jedoch ein ganz anderer Mensch: er lächelt, ist aktiv, und scheint das Leben zu genießen. Ihre Anwesenheit bringt das Positive zum Vorschein, die Beziehung hat noch keine Tiefs erleben müssen und ist sozusagen noch unbescholten. In der Beziehung zu seiner Frau ist Vytas ganz anders: sie verbindet er mit dem Jobverlust und der persönlichen Krise, bei ihr ist er demotiviert, depressiv und liegt nur auf der Couch herum.

Neben der verstrickten Situation mit der Arbeitslosigkeit und der unerwiderten Liebe, gibt es noch seinen seinen Freund, der auf der Suche nach der Person, die Jesus gesehen hat ist. Ein Video auf Youtube von eben dieser im selben Ort lebenden Person lässt seinem Freund keine Ruhe. Die Thematik der Religion in ex-kommunistischen Ländern ist immer wieder spannend zu beobachten. Der Fanatismus im Glauben wurde durch die besessene Suche nach dem Jesus-Sichter satirisch umgesetzt.

Eine gut gelungene Verfilmung eines einzelnen Schicksals. Die Schauspieler agieren authentisch und bringen die Emotionen gekonnt dem Publikum näher. Ein satirisch-skurilles Sozialdrama, welches noch lange nachwirkte. Wo erst später im Gespräch so einige versteckte Details den Film runder machten, und es auch einiges an Recherche im Nachhinein brauchte, um den Film 100 % zu verstehen.

ŠVENTASIS / The Saint
Litauen / Polen 2016
Regie: ANDRIUS BLAŽEVIČIUS
Schauspieler*innen: Marius Repšys, Indrė Patkauskaitė, Gelminė Glemžaitė, Valentinas Krulikovskis, Lukas Malinauskas

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