Paul Weller im Posthof: generationenübergreifende Saisoneröffnung

Vorstellen muss man den Act, der die heurige Konzertsaison im Linzer Posthof eröffnete, eigentlich kaum mehr. Paul Weller, „Godfather des Britpops“, „Modfather“ und einer der Vorreiter des Genres, ist auch nach sechs Lebensjahrzehnten noch nicht müde, die Bühnen dieser Welt zu betreten. Sein neues Album „A Kind Revolution“ führte ihn auch für zwei Konzerte nach Österreich. Im Linzer Posthof am vergangenen Freitag konnte man da etwas beobachten, was man nicht mehr allzu oft zu Gesicht bekommt: eine Diversität im Publikum.

Aber zuerst mal der Reihe nach – denn auch der Support des Abends soll hier seine Erwähnung finden. MIK hieß der, der samt seiner Band den Vorturner vor Paul Weller geben durfte. Der Wiener Artist, derzeit mit seiner aktuellen Platte „New Room“ auch auf Platte zu hören, ist normalerweise auf Solopfaden unterwegs. Im Posthof bot er gemeinsam mit Band eine bekannte Mischung aus Alternative-Pop mit starkem Hang zum Britpop – gepaart mit der Tatsache, Österreicher und damit leicht verfügbar zu sein, wohl der Grund, warum er vor dem anfangs noch schütteren, aber immer größer werdenden Publikum performen durfte. Eine halbe Stunde, die man gerne nebenbei mitgenommen hat, die aber wohl nicht allzu dauerhaft in Erinnerung bleiben wird. Was aber nicht abwertend klingen mag: handwerklich ist das durchaus solide, musikalisch durchaus ausgefeilt – die Lautstärke im Publikum gepaart mit der kurzen Stagetime relativiert dann das Erlebnis aber trotzdem.

Wie eingangs erwähnt muss man Paul Weller nicht mehr wirklich vorstellen. 24 Soloplatten hat der britische Musiker am Buckel, der schon zuvor mit Bands wie „The Jam“ und „The Style Council“ umtriebig unterwegs war. Gut eineinhalb Stunden wälzte sich das Britpop-Urgestein durch die Discographie – begleitet von einer der besten Begleitbands, die der Posthof in den letzten Jahren gesehen hat. Auffallend: die „neuen“ Songs von „A Kind Revolution“ wurden dann doch etwas weniger enthusiastisch aufgenommen wie alte The-Jam-Klassiker („Monday“ akustisch!) oder The-Style-Counil-Songs wie „Shout to the Top!“. Generell durfte man einen ausgewogenen Mix durch die Weller’sche Karriere beobachten, auch „The Changingman“ als Ende des regular Sets und „Whirlpool’s End“ zum Rausspielen durften nicht fehlen. Abwechselnd an Klavier und Gitarre schwebt Weller zwischen Brachialität, Aufruhr und Elementen, die heutigen Britpop geprägt haben. Da verzeiht man auch einige zwischenzeitliche Längen, die sich dann mit vereinzelten Gähnern im Publikum bemerktbar machten, aber Gott sei Dank dann auch nur vereinzelt blieben.

Apropos Publikum: an dieser Stelle möchte ich mal ein kleines Dankeschön-Plädoyer abgeben. Selten hat man einen so bunten Haufen als Konzertbesucher gesehen. 20jährige Britpop-Girls, ewig Mod-gebliebene, vom Leben schon etwas gezeichnetere Individuen, gutgestellte Mitvierziger, Musik-Enthusiasten, Pärchen, Singles – alles konnte man sehen, und alle schienen eine gleich gute Zeit zu haben. Es heißt ja, dass Live-Konzerte mal dazu da waren, um zumindest mal für einige Stunden Klassenunterschiede, sofern es sie gibt, auszuklammern und zu vergessen. Heutzutage angesichts von oftmals vorhandenen „Premium-Packages“, „VIP-Bundles“, „Meet&Greet-Packages“, Packages mit Autogrammkarten, Packages mit Getränken, und Packages, wo ein Bandmitglied einen Furz aufs Ticket gelassen hat, nur um sie teuer zu verkaufen, schon eher seltener der Fall. Aktuelles „Highlight“: die Rolling-Stones-NoFilter-Pit-800-Euro-Tickets. Man kann solche Entwicklungen gutheißen, man kann aber Konzerte so sehen, wie es das Paul-Weller-Konzert am Freitagabend im Posthof war: eine gute Zeit unter Gleichen, wo wirklich mal wieder die Musik im Vordergrund stand.

Foto: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.