© Florian Lichtenberger

SLEAFORD MODS: Laptop, Mikro & Dosenbier

Niemand kann so herrlich schimpfen wie die Sleaford Mods. Jason Williamson und Andrew Fearn kommentieren gesellschaftliche Missstände mit wütenden Rants, die kaum noch britischer klingen könnten und hinterlegen sie mit aus Electro, Hip Hop und Post Punk zusammengestückelten Beats. Am Sonntag absolvierten sie im Linzer Posthof den einizigen Österreich-Termin im Rahmen ihrer aktuellen Tour und hatten mit Muscle Barbie und No Waves punkige Verstärkung mitgebracht.

Um kurz nach 20 Uhr ließ der Blick in den mittleren Saal des Posthofs noch schlimmes befürchten. Gute 20 Menschen standen da seitlich an den Säulen herum, als No Waves die ersten Noten spielten. Gähnende Leere in der Mitte des Raumes. War das Wetter zu schön und die Möglichkeiten andere Veranstaltungen zu besuchen an diesem Wochenende gar zu zahlreich? Zweifel, die wenig später Wenig später zerstreut wurden, als doch noch zahlreiche Menschen die Aprilsonne gegen die Dunkelheit des Konzertsaales tauschten. Wäre ja auch ein Jammer gewesen. Denn No Waves lieferten ein absolut solides Opener Set, stimmten mit treibendem von Synth-Effekten durchzogenem Wave-Punk hervorragend auf das restliche Programm ein.

Dieses bestand neben den britischen Headlinern auch noch aus einer heimischen Kapelle. Muscle Barbie kommen aus Wien und spielen furiosen, dreckigen Punk der Marke Black Lips oder auch FIDLAR. Nur irgendwie auf Speed. Ein Set das definitiv in die Kategorie „Muntermacher“ fiel und sich auch von einem streikendem Bassverstärker nicht ausbremsen ließ. Da möchte sofort eine Bierdose aufstechen und sich in den nächsten Circle Pit werfen.

Die Sleaford Mods gibt es seit über 10 Jahren. Wirkliche Beachtung, vor allem auf dieser Seite des Ärmelkanals, wurde ihnen aber erst mit dem 2015er Album „Key Markets“ zuteil. Seitdem haben die beiden Mitvierziger aus Nottingham eine beachtliche, späte Karriere in der Musikwelt hingelegt. Aber wie sieht so ein Sleaford Mods Konzert denn aus? Das Setup ist karg. Laptop, Mikro und Dosenbier. Das reicht vollkommen. Die Beats rumpeln minimalistisch und repetitiv dahin, Fearn steht kopfnickend und biertrinkend einige Schritt vom aufgeklappten Laptop entfernt. Williamson übt sich beinahe schon in einer Art von Ausdruckstanz und verteilt literweise Speichel über Bühne und Mikrofon. Dem räudigen Charme der Mods kann man sich nur schwer entziehen. Dem bissigen Humor der Texte und der unendlich wirkenden Fülle an Kraftausdrücken sowieso nicht. Ist das noch Punk Rock? Aber sowas von! Oder auch „electronic munt minimalist punk-hop for the working class and under“, wie die Band in Presseaussendungen schreibt. Wie auch immer man die Sleaford Mods auch labeln mag. Sie sind ein absolut sympathisches Duo, dass eine Stimmung verbreitet, wie das nur wenige Band vermögen. Das Linzer Publikum war an diesem Abend Zeuge davon.

Fotos: Florian Lichtenberger

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.