Crossing Europe 2019: Chris the Swiss

Warum musste Chris sterben? Diese Frage stellt sich Anja Kofmel, seit sie als kleines Mädchen vom Tod ihres Cousins Chris erfuhr. Ein junger Journalist aus der neutralen Schweiz, welcher zur Berichterstattung und wohl auch aus Neugierde in das Kriegsgebiet des damaligen Jugoslawien aufbrach und dafür sein Leben lassen musste. Getrieben von der Unwissenheit begibt sich Anja auf eine Reise, um die Umstände hinter dem Tod von Christian Würtenberg zu erforschen und erfährt dabei von einer Welt, die wir uns trotz der geographischen Nähe zu Kroatien und Serbien nur schwer vorstellen können. 

Schon als 17-jähriger brach der junge Schweizer zum ersten Mal auf, um Kriegsgebiete in Afrika zu erforschen. Als er dann mit 26 mit dem Zug Richtung Zagreb aufbrach, erwartete er wohl nicht dieses Ausmaß an menschlicher Eiseskälte und einen so schmutzig geführten Krieg. Immer wieder berichtete Chris für die Schweizer Medien von den verhärteten Fronten und der Brutalität vor Ort. Dabei macht er auch keinen Hehl daraus, wie viel Unverständnis er dafür hat und greift dabei auch die westlichen Staaten an, da diese an beide Seiten Waffen verkaufen und den Krieg dadurch immer wieder anheizen.

Anja lernt bei ihrer Reise in die Gewissheit viele interessante und teilweise unheimliche Personen kennen. Dadurch eröffnet sich ein immer konkreteres Bild der damaligen Realität und sie beginnt diese teils erschreckenden Erzählungen visuell aufzuarbeiten. Schwarz-weiße Comic-Zeichnungen zeigen die immense Grausamkeit aus einer verspielten Sicht der kleinen Anja, welche mit Dauer des Films immer klarer werden. Man hat das Gefühl als würden die Zeichnung, gemeinsam mit der Schweizerin und ihren Erfahrungen, erwachsen werden. Und aus den anfänglichen, furchteinflößenden Schattenfiguren, welche Chris verfolgen und umgeben, werden nach und nach furchteinflößende reale Menschen.

Als bekannt wird, dass Christian sich der rechtsradikale PIV und damit genau diesen abscheulichen Menschen anschloss, um mit ihnen gemeinsam willkürlich serbische Bürger zu exekutieren, wirkt das doch sehr irritierend und erschreckend. Im weiteren Verlauf des Filmes werden die beängstigenden Dynamiken innerhalb der PIV spürbar und Christian’s Schicksal erweckt Betroffenheit.

Eine irrsinnig beeindruckende Dokumentation, die vor allem durch die außergewöhnliche Machart – einer Mischung aus Dokumentation und Cartoon – besticht. Für uns schon jetzt ein Favorit für die Documentary-Competition!

 

Chris the Swiss
Anja Kofmel
Schweiz / Kroatien / Deutschland / Finnland2018
90 Minuten
Schweizerdeutsch/Deutsch/Englisch/Spanisch
OmeU
Weiteres Screening:
30.04.2019 11:00 Uhr im Moviemento
http://www.crossingeurope.at

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