SBÄM Fest #3: „It could be Wös!“

It could be worse? It could be Wös! Vom 01. bis in die frühen Morgenstunden des 04. Mai fand in Wels die dritte Auflage des SBÄM Fest statt. Wir wieder mit dabei beim großen Punkrock-Klassentreffen und versuchen nun nachfolgend aus Erinnerungsfetzen und Fotos so etwas wie einen professionellen Nachbericht zusammenzubasteln.

Na bumm! Ganz spurlos ist das SBÄM Fest nicht an uns vorübergegangen (sorry an dieser Stelle für die längere Wartezeit auf diesen Nachbericht). Beim Tippen dieser Zeilen sieche ich immer noch in den post-alkoholischen Ausdünstungen meines Leibes dahin, während mein Fuß mit 180 bpm munter zu einer Skatepunk-Playlist vor sich hin klopft. Es waren drei intensive Festivaltage im Alten Schlachthof in Wels mit 45 Acts und natürlich auch Afterparties bis zum Abwinken. Dazu hat das ausgelassene Spektakel mitunter den „vibe“ eines Klassentreffens. Jeder kennt jeden. Die Bands scheinen, gerade ob der für einige Kaliber im Line-Up eher klein bemessenen Location besonders motiviert zu sein und auch gerne wiederzukommen. Mit Anti-Flag, The Lillingtons, Get Dead, Bad Cop Bad Cop, Consumed und Spoilers gab es gleich ein paar SBÄM-Rückkehrer. Ja, tatsächlich! It could be Wös! (Übrigens danke an DeeCRACKS für die Inspiration zu dieser Headline). Übrigens: ja, die Situation an den Essensständen hat sich verbessert. Zumindest muss man nicht mehr 11€ für eine Käsekrainer oder ein veganes Curry hinlegen.

Mittwoch – Tag 1

Die erste auffallende Neuerung in diesem Jahr war die sogenannte „Monster Energy Stage“ – eine Bühne unterm monstermäßig gebrandeten Zelt, welches man auf dem Skatepark vor dem Schlachthof errichtet hatte. Sie ersetzte die letztjährige Zweitbühne, die in einem Nebengebäude beheimatet war und nur Platz für maximal 100 Leute bot. Der erste Festivaltag begann für uns bei dieser besagten Zeltbühne mit den Grazer DIY-Punks A Guy Named Lou, die nicht nur einen energiegeladenen Einstieg hinlegten, sondern dann auch gleich mit einem Bon Jovi Cover (It’s My Life, falls ihr es genau wissen wollt) unter Beweis stellten, dass sie sich keinesfalls zu ernst nehmen.

Nebenan in der Halle, A.K.A. die „Kein Bock Bock auf Nazis Stage“, spielten die bereits aus dem Vorjahr bekannten Freunde der Blasmusik namens Stockkampf. Sehr politisch und sehr tanzbar! Aufopferungsvoll stellte die Band auch heuer 3drei Tage lang ihr Schlagzeug für die übrigen Bands (abgesehen von den Headlinern) zur Verfügung. Wir vermuten, sie wurden dafür mit drei Tagen Freisauf-Wohlfühlprogramm entlohnt. Danach wurde die Schlagzahl erhöht und die Künstler auf den Bühnen wurden zunehmend internationaler. Gefälliger Skatepunk aus Luxemburg von Versus You, eine sehr abwechslungsreiche Post-Hardcore-Breitseite der Marke „hyperaktiv aber sehr unterhaltsam“ von den Italienern Edward In Venice und die ersten Mosh-Pit Versuche bei den Melodic Hardcore Vikingern Rebuke aus Schweden.

Auch die Bombpops waren das zweite Jahr in Folge auf dem SBÄM Fest zu Besuch, erreichten gefühlt aber nie das Level an Partystimmung aus dem Vorjahr. Manchmal sieht man eine Band zum ersten Mal, denkt sich „Holy Moly! Wie geil! – und beim Mal nur noch „Naja! War eh ganz gut“. Konzerte unterliegen nunmal subjektiven Einschätzungen und vielen anderen Faktoren (zB. Alkoholkonsum, genereller Gemütszustand, usw.). Weitaus mitreißender war im Anschluss für unser Empfinden das Akustikset von Authority Zero, die einem von Sekunde eins an das Gefühl vermittelten, riesig viel Bock zu haben, da zu sein, wo sie gerade waren. Ihre reguläres Set am nächsten Tag sollte das Ganze aber noch toppen – dazu später mehr.

Die absoluten MPVs an Tag 1 waren aber Get Dead (auch bereits zum zweiten Mal da) und Teenage Bottle Rocket im Saal. Spätestens hier steppte der Bär so richtig und die vorderen Reihen im Saal des Schlachthof verwandelten sich in ein dauertanzendes und mitgröhlendes Meer aller Altersgruppen und Geschlechter. Extrapunkte für die (geschätzt) fünfjährige Crowdsurferin, die wohl die coolsten Eltern auf dem gesamten Festival hatte. Auch Anti-Flag zogen danach noch einmal alle Register. Eine Band, die normalerweise auf deutlich größeren Bühnen beheimatet ist, in diesem Rahmen zu sehen, war auch beim zweiten Mal etwas besonderes. Neben bewährten Hits wie „Die For The Government“ und „This Is The End (For You My Friend)“ war diesmal auch politisch Flagge zeigen angesagt. Nämlich in Form eines überdimensional großen, zerschlagenen Hakenkreuzes als Backdrop. Es muss nicht immer alles Understatement sein. Beschlossen wurde der erste Tag mit einem raren Auftritt der 70s Fun Punk Legenden The Toy Dolls. Eine Band, die man in Österreich wahrlich nicht alle Tage zu sehen bekommt und ein wahres Gustostückerl für Fans der Fraktion „Punk-Gründerväter“ aus „good old Britain“.

Donnerstag – Tag 2

Tag 1 war schon mal stark – und das in mehrfacher Hinsicht. Beim Blick auf das Line-Up hielt das SBÄM Fest #3 aber noch einiges für uns in Petto. The Offenders waren um 15:2o die erste Band, die wir uns am Donnerstag zu Gemüte führten. Mit ihrem „Hooligan Reggae“ waren sie ein guter Motivationsschub am frühen Nachmittag. Da flutscht das erste Baumartner Bier wie im Nu die Kehle runter. Man muss allerdings sagen, dass der Reiz, den die andere Bühne am Skatepark draußen auf uns ausübte, ein größerer war, besonders tagsüber. Die Petrol Girls waren ein ausgezeichneter Grund, um sich genau dahin zu begeben. Das britisch-österreichische Quartett war zweifellos DAS Highlight an diesem Nachmittag. Hier trafen ungezügelte Energie (trotz Kater) auf spielerische Finesse und starke politische und feministische Botschaften. „Touch me again and I’ll fucking kill you!“. Übrigens gab es dieses Jahr auf dem SBÄM Fest erstmals ein „Awareness Team“, an das man sich wenden konnte, wenn sich andere Festivalgäste nicht zu benehmen wussten, oder man sich aus irgendeinem Grund unwohl fühlte –  und auch einen Talk zum Thema Queerness in der Punk Community. Ein Themenfeld, dass auf einem Festival wie diesem gerne noch mehr Präsenz vertragen könnte. Zumindest haben viele BesucherInnen von diesen Angeboten noch nichts mitbekommen. Das hier zumindest mal erste Schritte unternommen wurden, ist aber eine lobende Erwähnung wert.

Weiter im Programm: DeeCRACKS, seit 15 Jahren eine der umtriebigsten Punkbands des Landes, brachten die Monster Stage zum Wackeln und Spanish Love Songs brachten eine Prise Emo mit ins Spiel. Die sympathischen Kalifornier waren für mich persönlich sowieso eine der Entdeckungen des Festivals. Ihr Album „Schmaltz“ läuft seitdem auf Dauerrotation. Nicht nur vom Namen her ein Begriff waren Not On Tour. Aber hier war die Neugier vor allem bedingt durch die Absage im Vorjahr sehr groß. Aus Neugier wurde schnell ungeteilte Aufmerksamkeit und dann große Begeisterung. Die israelische Band um Powerstimme Sima Brami veranstaltete einen richtig gepflegten Abriss auf der Monster Stage und entschädigte für das Verpassen im Vorjahr.

Ähnlich wie am ersten Tag bei den Bombpops ging es mir danach mit den Lillingtons: irgendwie war das im letzten Jahr deutlich mitreißender und auch der Saal war deutlich voller als an diesem Tag. Dafür konnten im Anschluss Useless ID und ganz besonders Authority Zero die im Ansatz abflauende Stimmung im Nu wieder aufs höchste Level peitschen. Skatepunk kommt beim SBÄM Fest Publikum eben konsequent am Besten an. Und so war auch hier die Crowdsurf-Dichte auf Maximum. Zum Abschluss gab es dann mit Good Riddance dann nochmal absolute Legenden des 90er West Coast Punk auf der Bühne. Seit 2007 eigentlich aufgelöst, seit 2012 spielen Good Riddance wieder ausgewählte Shows. So eine Band im Schlachthof Wels sehen zu können – alleine das zeigt schon, welchen Status sich das SBÄM Fest in der Punk-Community und vor allem unter den Bands mittlerweile erarbeitet hat. Chapeau!

Freitag – Tag 3

Wenn ein Tagesprogramm leichtfüßigen und alkoholgeschwängerten Partyspaß versprach, dann wohl dieses. The Real McKenzies, Snuff und Jaya The Cat würden das Festival zu Ende führen. Aber schon Stunden zuvor, als die Sonne noch hoch am Himmel stand, gab es einige tolle Auftritte zu sehen. Zum Beispiel von Antillectual, die zwar etwas unter der frühen Spielzeit litten, aber keine Gelegenheit unversucht ließen, das Publikum zu animieren und zum Mitgrölen zu bewegen. Immer ein guter Zugang zum Thema Bühnenpräsenz: Wenn der Pit noch nicht so recht in Schwung kommen will, einfach selbst auf der Bühne abgehen wie der Teufel. Das taten nämlich kurz darauf The Human Project, eine britische Melodic Hardcore / Tech-Punk Band, die ich persönlich bis her auch noch überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Meine Güte, da ist mir vielleicht was entgangen! A Wilhelm Scream trifft auf „early days“ Rise Against, wenn man will. Die kühleren Außentemperaturen an diesem Tag sorgten auch für ein Zusammenrücken unter dem Monster-Zelt. Resultat: Endlich mehr Bewegung am frühen Nachmittag.

Consumed dürften durch die Zusammenarbeit mit SBÄM wieder einen gewaltigen Motivationsschub bekommen haben. Im Vorjahr veröffentlichte man nach 16 Jahren erstmals neue Musik (eine EP namens „A Decade Of No“), natürlich über SBÄM Records und spielte heuer das zweite Mal hintereinander im Welser Schlachthof und begeisterte mit britischem Humor und Hymnen wie „Wake Up With A Smile“. Bad Cop / Bad Cop war dann die letzte Band des Festivals, die an der frischen Abendluft spielen durfte. Die vier Damen aus Los Angeles ließen die kalifornische Sonne über Wels aber noch einmal aufgehen und waren wie Consumed eine der Bands, die uns auch das zweite Jahr in Folge komplett begeistern konnten.

Endspurt: Erst brachten The Real McKenzies via Kanada die schottische Kneipenkultur inklusive Schottenrock und Dudelsack nach Wels. Trotz eines Paul McKenzie, der sich mittlerweile richtig plagen muss, um noch irgendwelche Töne zu erwischen, zeigte die Band, wieso man sie zurecht als „national treasure“ bezeichnet. Bei Snuff wandelte sich die schunkelige Kneipenstimmung dann nochmal in ein richtiges Crowdsurf-Spektakel. Die Londoner Band pushte das Energielevel zur späten Stunde noch einmal ans Limit und war ein Highlight des dritten Tages, der mit Jaya The Cat nochmal in eine letzte große Party ausartete. Und das war es dann mit dem SBÄM Fest #3 – Aber: nicht verzagen! Die nächsten Events, nämlich das Konzert der Decendents am am 26. Juni (Eventlink) und die Fall Edition 2 mit Bouncing Souls, Death By Stereo, uvm (Eventlink). Wir freuen uns schon drauf!

Fotos: Andreas Wörister

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.