Trettmann: Kitschkrieg in Linz

Montagabend, voller Konzertsaal: es gibt nicht allzu viele Artists, die das in Linz spielend hinkriegen. Cloudrap-, Trap- und Kitschkrieg- Aushängeschild Trettmann gelang das aber – nach ausverkaufter Tour im Wiener Gasometer wurde auch der dann doch etwas kleinere große Saal im Posthof rappelvoll.

Es gibt wohl wenige Artists, die eine solche Wandlung im Rahmen ihrer künstlerischen Laufbahn durchgemacht haben, wie es Stefan Richter alias Trettmann getan haben. Zuerst auf unserem subtext.at-Radar erschien der damals noch als Ronny Trettmann auftretende Artist vor einem Jahrzehnt – Trettmann war damals durch Reggae stark beeinflusst, mit „Großvater“ wurde damals der wohl bis dahin politischste Track gedroppt und in der Linzer Stadtwerkstatt performt. Vor damals ca. 50 Leuten, aber dennoch zumindest entfernt in Erinnerung geblieben.

Zehn Jahre später: nicht nur die Produktion und das Publikum ist gewachsen, sondern auch Trettmann an sich. Nach drei „Kitschkrieg“-EPs und dem viel gefeierten ersten Album „D.I.Y.“ ist der ursprünglich in Chemnitz aufgewachsene Künstler mit seinem namensgebenden Album wieder zurück. Erfolgreicher denn je, wie sich auch an diesem Montag in Linz herausstellen sollte.

Support? Gabs auch, in Form von Joey Bargeld, einem Hamburger Rapper, der mit „Punk Is Dead“ wohl das Album am Start hat, dessen Titel man sich bei Cloud Rap wohl am wenigsten erwartet hätte. Auf „Kitschkrieg“ kein Unbekannter, mit Trettmann bereits im Rahmen von „Nur Noch Einen“ auf einem Feature vertreten. Mit 25 Minuten, in der Joey sein Album präsentierte, ein eher kurzes Set – ein Set, mit dem er sich schwer tat, die klarerweise auf Trettmann fokussierte Aufmerksamkeit vielleicht auch ein bisschen auf sich zu ziehen. Schade – vielleicht klappt es in kleinerem Rahmen ja besser, am 4. April 2020 ist er im Wiener B72 zu sehen.

Danach: eine Produktion, die für große Bühnen geschaffen ist. Trettman kleckert nicht, er klotzt. Die Lichtshow samt Visuals allein wäre wohl schon das Eintrittsgeld wert gewesen. Wie es sich herausstellte, war es das Konzert aber ebenso. Politische Tracks („Stolpersteine“, „Grauer Beton“ samt Erinnerungen an seine Ursprünge) sind ebenso vertreten wie alte Nummern, wo spätestens bei „Billie Holiday“ die ersten Moshpits im vollen Konzertsaal entstehen. Wo Plastikbecher durch die Halle fliegen, und Menschen sich der Show hingeben. „Für einen Montag sieht das dann doch schon ganz gut aus!“, meint Trettmann, und wir können uns dieser Meinung nur anschließen. An dieser Stelle gebe ich offen zu, auch wenn ich mit Trap und Cloud-Rap wenig anfangen kann: das ist ein richtig gutes Konzert, das Trettmann da abliefert, und das alles andere als inhaltsleer ist.

Ebenso basslastig wie die Stimmung ausgelassen: das Zelebrieren des Features gemeinsam mit Gzuz, „Knöcheltief“. Der wohl, rein daran gemessen, wie er im Publikum ankam, stärkste Track des Abends. Ein Abend, der spätestens nach der Zugabe auch Trap-Skeptiker mehr als zu überzeugen wusste, und beweist, dass man mit Cloud-Rap auch durchaus was zu sagen hat!

Fotos: Christoph Thorwartl, Lisa Trost

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.