5/8erl in Ehr’n: Von Uhrenkindern, One-Drop und Wienerlied

„Yeah Yeah Yeah“ – Österreichs wohl beste Wienerlied-Soul-Tschickraucher-Crossover-Band 5/8erl in Ehr’n meldeten sich Mitte April mit Album Nummer Sechs, „Yeah Yeah Yeah“ zurück. Ein Album einer Band, die wir heuer einfach gerne auf Festivals gehört hätten. Ein Album einer Band, das ihre bekannt kritisch-sarkastischen Untertöne gepaart mit Wiener Gemütlichkeit und sogar Roots-Reggae-Einflüssen in bewohnt starker Manier fortsetzt.

5/8erl in Ehr’n – in Zeitalter von Corona, wo man sich ja schon mit einem Achterl im Schanigarten zufrieden geben würde, kommt zumindest musikalisch empfehlenswerte Kost für den geplagten Beisl-Veteranen. Wobei, 5/8erl-typisch, hier auch gehörig viel Kritik mitschwingt. Das wird bereits beim Opener deutlich. Als Linzer ist der ominöse Kanal #24 im Liwest-Netz beim Zappen schon des Öfteren aufgepoppt – „Uhrenkind“ Wolfgang Fellner betreibt hier seinen oe24-„News“-Sender. Eine Hommage an mehr (nicht unbedingt) oder weniger (Emphasis here) wichtige Nachrichtensender – und bereits zu Beginn ein Statement gegen Verblödung, bunte Bilderchen und für Pluralismus.

Typisch für die Band gibt es auch wieder eine Ode an den Inbegriff der Wiener Gemütlichkeit – der heißt hier „Cafe Laternderl“, und natürlich wird hier das eine oder andere Getränk mehr als unbedingt zum ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt notwendig getrunken. Die Single-Auskopplung „Vaporizer“ (siehe auch Video weiter unten hier im Artikel) soll danach ein gesünderes, erm, „natürlicheres“ Lebensgefühl vermitteln. Hätte man einen jamaikanischen Roots-Artist in einen Wiener Schanigarten gesetzt, wäre nach einigen Stunden wohl dieser Song herausgekommen, nachdem man Schnitzerl und Apfeltaschen – irgendwann kriegt man halt mal Hunger – vertilgt hatte.

„Stundenlang“ wird dann wieder melancholischer – und klingt wie ein Song, der es auch auf andere Alben der mittlerweile dreizehnjährigen Bandgeschichte geschafft haben könnte. Traurig, dabei auch ein bisserl morbid – kurzum ein Track genau so, wie wir die Band kennen und lieben gelernt haben. Etwas mehr „on point“ wird es dann im Quasi-Titeltrack des Albums, „This Is A Political Message“. „This Is A Political Message, Yeah Yeah Yeah“ – mehr Text gibts darin nicht zu hören. Ideal also, wenn es jemand immer noch nicht begriffen haben sollte, dass Wiener Lied anno 2020 auch politisch sein kann. Denn dazwischen folgt noch – O-Ton Pressetext – der „Hawaiigitarren-Rumba““Die Sonne über Europa“, ein Song, der auch in einem anderen, mitunter belächtelten Genre seine Berechtigung hätte. 5/8erl-typisch aber mit Wiener Schmäh versehen kann man aber auch über diesen Track schmunzeln, vielleicht auch leicht beschwipst am Hausmeisterstrand. „Gespräche Führen“ mit feinstem Jazz-Geklimpere (nicht abwertend gemeint!) ist ein Zwiegespräch, das dann in Gescattere endet. Manchmal sind es doch nicht die Inhalte, sondern die Gespräche an sich, die das Wichtigste sind. In Zeiten wie diesen aktueller denn je.

Beabsichtigt war es wohl nicht, aber „A Hand wascht die andere“ ist der wohl brisanteste Nummer der Platte. Nicht, weil wir noch nicht ausreichend über Händewaschen aufgeklärt wären, nein. „A Hand wascht die andere, und beide dann das Gesicht“ – könnte klingen wie eine Handlungsempfehlung aus dem Gesundheitsministerium, ist aber in Wahrheit dann doch tiefgründiger und ein Abgesang auf Egoismus und ein Plädoyer für Zusammenarbeit. Heutzutage auch nicht schlecht. „Du nimmst Mi ausanaund“ ist die wohl beste Mundart-Liebesnummer des Jahres 2020, und mit „Schau wo wir jetzt sind“ beenden 5/8erl in Ehr’n eine starke Platte, die sich nahtlos in die Banddiskographie einfügt. Eine Band, auf deren Konzerte wir uns jetzt schon wieder freuen. Ab September dann hoffentlich wieder – musikalisch präsentiert sich das Quintett nämlich in gewohnt abwechslungsreicher Hochform!

5/8erl in Ehr’n
Yeah Yeah Yeah
VÖ: 17.4.2020
Viennese Soulfood Records (Hoanzl)
Als CD, LP und digital auf allen gängigen Plattformen erhältlich

Fotos: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.