Grazer Glühwürmchen: LOVE GOD CHAOS über das Leuchten im Dunkeln

Love God Chaos aus Graz sind nicht die ersten, die schwere Riffs mit zuckersüßen Melodien kontrastieren. 2022 klingt die Formation alles andere als angepasst, aber das alleine sichert ihnen nicht ihre Relevanz. „Wir leuchten im Dunkeln“ bleibt zwischen Gelübde und milder Ernüchterung, weil es auf mehreren Hochzeiten tanzen möchte.

Bereits beim Debütalbum „Wo das Meer am tiefsten ist“ (2014) spielten Love God Chaos mit einem Stil, der im Metal zu verorten ist. Jetzt, bei der vierten Veröffentlichung, hat sich dieser Eindruck nicht verändert. Das aktuell düster gehaltene Artwork verstärkt den Anschein noch. Die Musik hingegen, die ist weiterhin voller Wendungen, die nicht immer nachzuvollziehen sind.

Der Opener „Ich komme von der Sonne“ bekommt mit zehn Minuten genügen Raum, um sich entfalten zu können. Der Groove, der anfangs leicht an eine Band wie Queens Of The Stone Age erinnert, durchzieht einige Wandlungen, bis er seinen Abschluss findet. Ausdrucksvolle Streicher geben dem Song eine besondere Note und Sänger John Krempl erlaubt es sich, gesanglich auch mal zu entschwinden. Später darf der Blues ebenfalls Einzug halten. Das anschließende „Hans im Mond“ lässt die tonale Dringlichkeit bereits hinter sich, gibt sich verträumt, versöhnlich und leider auch gewöhnlich. Der Titeltrack mit seiner idyllischen, soft-rockigen Seite schlägt in eine ähnliche Kerbe. „Helsinki Anal“, richtig gelesen, verbindet die derbe Ästhetik einer Gruppe wie Turbonegro mit dem verspielten Indierock von Tocotronic.

Die steirische Band baut ihre recht eigene Stilmischung also weiter aus, ohne sich groß um einen roten Faden zu kümmern. Das poppige, fidele „Planet Neun“ oder der dramatische „Untergehmann“ machen es einem anschließend auch nicht einfacher, dem Genremix dieser Platte zu folgen. „Sie sind nicht mein Präsident“ greift dann wieder den anfänglich dargebotenen Groove auf, um sich im Kontext der Platte politisch und angriffslustig zu äußern. Die „Grüße aus der Gruft“ versprühen wieder Blues-Flair und zeigen, welche Seite der Band am besten zu Gesicht steht. Warum denn nicht gleich so?

fazit

Objektiv betrachtet ist Love God Chaos im vierten Anlauf ein interessantes Album in deutscher Sprache gelungen. Trotzdem, vielleicht mehr denn je, bleibt es am Ende weiterhin Geschmackssache, ob man daran gefallen findet oder nicht. Der Zickzackkurs der Platte erweckt den Eindruck, sich beim Songwriting nicht immer schlüssig gewesen zu sein. So ganz teilt uns auch „Wir leuchten im Dunkeln“ am Ende nicht mit, was es letztendlich sein will.

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