MARILYN MANSON: Flaue Gefühle

A brand new record, the same old problem: „Born Villain“, das achte Album von Marilyn Manson, scheitert auf ganzer Linie. Selten waren sich Fans und Kritiker dermaßen einig. Die kratzbürstige Produktion, die schwankende Qualität der Songs und auch die Stimme des Meisters, die deutlich zeigt, wo die gesanglichen Grenzen inzwischen liegen, verpassen dem Album den sprichwörtlichen Todesstoß. Wie wäre es mit einem Vocalcoach? Selbst der Gastbeitrag von Johnny Depp kann das sinkende Schiff nicht mehr retten.

Wenn diese Platte ein Soundtrack wäre, wie würde wohl der dazugehörige Film aussehen? Dunkel, böse, morbide? Was für Ereignisse würden wohl Songs wie „Pistol Whipped“, „Overneath The Path Of Misery“ oder „Murderers Are Getting Prettier Every Day“ vertonen? Kann man sich leicht vorstellen. Was erst mal positiv klingt, relativiert sich schnell, denn „Born Villain“ ist ein Déjà-vu der unangenehmen Sorte.

Eigentlich mag ich keine bösen Worte über einen meiner Jugendhelden verlieren, doch 20 Jahre Rockmusik haben Spuren hinterlassen. Marilyn Manson als Band waren in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Zu Anfang hatten sie keine Angst davor, den Hörer herauszufordern und die Inhalte ihrer Platten mit allerlei Themen auszuschmücken. Musikalische Ausrufezeichen für uns Betäubte wurden gesetzt. Im Jahr 2012 ist davon leider nicht mehr viel zu spüren. Revolutionäre sind Manson, Twiggy, Chris Vrenna und Co. keine mehr. Es gibt unzählige Baustellen, die „Born Villain“ ins Mittelmaß ziehen.

Auf den letzten, arg kritisierten Alben „Eat Me, Drink Me“ & „The High End Of Low“ gab es einige gefällige Augenblicke, doch auf „Born Villain“ reichen die Mittel nicht aus, um einen bei Laune zu halten. Nach intensiven Auseinandersetzungen mit politischen Themen, religiösen Motiven, gesellschaftlichen Phänomenen und vermurksten Liebesbeziehungen macht sich Brian Hugh Warner seit drei Platten selbst zum Thema seines Schaffens. Wer hätte gedacht, dass es so langweilig sein würde?

BV

Retrospektive Gedanken kreisen um dieses Werk. Inspirationen sollen Bands wie Joy Division, Killing Joke und Bauhaus geliefert haben. Davon ist nicht viel zu hören und zu spüren. Selbst dem Friedhofs-Charme kann ich mittlerweile nichts mehr abgewinnen. „Slo-Mo-Tion“ und „Lay Down Your Goddamn Arms“ liefern wenigstens passable Ansätze, beim Rest ist die Magie verflogen. Zwischen Wahnsinn und Methode, herausgebrüllten Selbstbeobachtungen und schroffen Anklagen fehlen die Melodien. Ja, wo sind sie denn, die Melodien, die vormalig scharenweise vorhanden waren? Ein fetter Minuspunkt. Wo ist der Nonkonformismus abgeblieben, wo die intellektuellen Diskurse?

Viele Schnörkel gibt es nicht. Es gibt überhaupt nicht viel Aufregendes zu berichten. Übelkeit erregende Eintönigkeit trieft aus dreizehn extrem ideenlosen Tracks plus zahmen Bonustrack mit, ja, Johnny Depp an der Gitarre. Sicher, wer nackenbrecherische Riffs und treibende Drums sucht und sich damit wirklich zufrieden gibt, wird fündig. Nichtsdestoweniger ist „Born Villain“ w e i t entfernt vom kreativen Potenzial, das Manson einst auf „Antichrist Superstar“, „Holy Wood“ und „Mechanical Animals“ an den Tag legte.

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