PUP: The Dream Is Over

Wer sein Album nach dem ersten erschreckenden Fazit der behandelnden Ärztin nach der Untersuchung, der in Mitleidenschaft gezogenen Stimmbänder des Sängers benennt, dem ist wirklich alles herzlich egal. Und so schreiben PUP, vier Freunde aus dem kanadischen Toronto, auf „The Dream Is Over“ weiterhin ihre überaus catchy geratenen Pop-Punk Hymnen über die Trostlosigkeit des Erwachsenseins, die mit zitatwürdigen Textzeilen nur so um sich werfen. Eines der spaßigsten Rockalben des Jahres. Auch wenn die Themen dabei nicht zwingend heiter sein müssen.

Ob die nervige Freundin, die sich über den übermäßigen Alkoholkonsum aufregt (DVP), das geliebte, leider verstorbene Haustier-Chamäleon, das man beim letzten Videodreh kennengelernt hat (Sleep In The Heat), oder der Wunsch, sich mit einem Akkubohrer die Augen auszustechen, ehe man noch ein weiteren dummen Satz aus dem Mund des nervtötenden Bandkollegen ertragen muss (If This Tour Doesn’t Kill You, I Will).  PUP stemmen alle diese Themen mit Bravour. Ihr Humor und ihr großartiges Gespür für Melodien erinnern einen dabei in vielerlei Hinsicht an Glanztaten von Vorreitern wie Weezer, ohne dass die Band dabei den rauen Punk-Spirit im Kern ihrer Songs aus den Augen verliert.

Die vermeintliche „Jetzt erst recht“-Stimmung auf The Dream Is Over schlägt sich mitunter auch im härter gewordenen Sound der Band wieder. Das melancholisch beginnende The Coast entwickelt sich zum Fäuste ballendem Husarenstück, Doubts pendelt zwischen melodischem Sing-Sang und knallhartem Riffing und Old Wounds könnte gut und gerne auch aus der Feder der Landsleute von Single Mothers stammen. Auf den restlichen Stücken bleiben sich PUP aber in der Form, wie man sie auf ihrem Debütalbum kennen und lieben gelernt hat aber sehr treu. Die obligatorisch charmante Loser-Hymne Can’t Win hakt sogar da ein, wo man am Erstling noch mit Never Try aufgehört hat und gesteht sich dabei sogar ein, dass einem etwaige Fehltritte im Leben dann wohl doch nicht so ganz scheißegal waren. Immer mit dabei: Sarkasmus, Galgenhumor und ein Hauch Wehmut unter der „mir doch egal“-Fassade. Bezeichnend ist dabei der Track My Life Is Over And I Couldn’t Be Happier, bei dem nicht nur der Titel, sondern auch der fröhlich dahingaloppierende Feelgood-Punk in die Irre führt. Selbstironie kann so viel Spaß machen. Richtig schön ist dann auch, wie Sänger Stefan Babcock in Familiar Patterns mit der Musikindustrie und den ewigen Nein-Sagern abrechnet.

They used to all talk down to me
Now they’re biting their tongues
Used to say, „Don’t quit your day job“
Well guess what, I never had one

Wenn es dann in Pine Point zum Abschluss dann tatsächlich richtig melancholisch wird, ist das dann direkt eine kleine Überraschung. Der Song widmet sich einer ehemaligen, von Minenarbeitern bewohnten Stadt in den Northwest Territories, an die bloß noch ein Schild erinnert. Damit gelingt zum Abschluss noch einmal ein kleiner Geniestreich in Form einer waschechten Folk/Punk-Ballade. Hundertprozentig in den Albumkontext passen will der Song aber leider irgendwie nicht. Am Ende auch egal. Demonstrieren PUP auf ihrem Zweitwerk doch eindrucksvoll, dass weiterhin mit ihnen zu rechnen ist und werden ihrem Ruf als eine der spannendsten Newcomer-Bands aus Kanada mühelos gerecht.

Die Situation ist aussichtslos, aber nicht ernst!

pup-thedreamisover

Tracklist

01. If This Tour Doesn’t Kill You, I Will
02. DVP
03. Doubts
04. Sleep In The Heat
05. The Coast
06. Old Wounds
07. My Life Is Over And I Couldn’t Be Happier
08. Can’t Win
09. Familiar Patterns
10. Pine Point

VÖ: 27.05.2016, via SideOneDummy Records

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Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.