Privatfestival vs. Kommerzveranstaltung

Immer mehr und größere Acts. Immer mehr Besucher. Immer mehr Action. Immer mehr Angebot. Ist die Superlative nicht langsam erreicht? Ist mehr immer besser?  Ist das wirklich die Erwartung, die wir an ein Festival stellen?


Das erste große Festival – an das wird sich jeder wohl noch lange erinnern können. Bei mir an und dazumal mit 16 Jahren. Das Nova Rock Festival – zu zweit und völlig unvorbereitet. Heute gehe ich das schon ganz anderes an. Man bereitet sich anders vor auf ein Festival und man verbringt es anders. Ich tendiere immer mehr zu kleinen Festivals mit Charme anstatt zu den „großen“ Festivals. Ende Juli hatte ich das Glück, auf etwas ganz Anderem dabei zu sein – ein privates Festival auf einem Bauernhof im Mühlviertel.

Man nehme einen Stadl, denn man kurzerhand ausräumt, und einen Kipper als Bühne, ein paar Bierbänke, ein Feld als Park-, Camping- und Caravanplatz, einen Anhänger zum Bier holen und seine Freunde, Familienmitglieder, Bekannten, Gspusis, Musiker und wer sonst noch so dazu gehört. Alles in allem waren das dann insgesamt etwa 50 Gäste.

Am Freitag, der als Auftakt für den großen Folgetag gesehen wurde, wurde von den Gästen gejammt. Es standen wild zusammengewürfelte Personen gemeinsam auf der Bühne, aber auch kleine Bands, ehemalige Bandbesetzungen – und einfach jeder der Lust hatte.

Samstagfrüh – aufwachen in Mühlviertler Idylle. Die Sonne brannte vom Himmel und so krochen langsam die Besucher aus ihren Zelten oder Autos. Frühstück im Stadl (für jene die bald genug dran waren) oder zum nächstgelegenen Geschäft fahren. Der Nachmittag wurde im „Pool“  (oder vielleicht auch nur ein etwas größeres Planschbecken) oder chillend und recht ruhig in der heißen Nachmittagssonne verbracht. Gegen Abend hin wurde von einem Besucher ein Grillworkshop angeboten – auch mal was anderes.

Der Abend – das Highlight des Wochenendes – konnte man zwei Singern/Songwritern lauschen. Einer davon, seit Jahren fester Bestandteil des Freundeskreises, gab einen selbstgeschriebenen Song über einen gemeinsamen Italienurlaub zum Besten. Ebenfalls aus dem Freundeskreis stammt eine Stoner-Rock-Band. Da die Musikrichtungen sehr bunt gemischt wurden, gaben auch zwei Chiptune-Artists ihre auf Gameboy geschrieben Werke zum Besten. Chiptune ist 8Bit-Musik, wie man sie von alten Videospielen kennt. Die Musiker freuen sich über einen Auftritt hier und haben sichtlich Freude daran.

Sonntag. Abreisetag. Die Leute räumen gemeinsam auf. Der Traktor kommt wieder in den Stadl rein, die leeren Bierkisten werden am Anhänger verladen, die Bierbänke verräumt, die Instrumente zusammengepackt, die Zelte abgebaut und alle fahren nach Hause. In meinem Fall ganze sieben Minuten Fahrzeit. Sonntag ausspannen und am Montag fühlt man sich wieder fit und spürt die Nachwirkungen des Festival keine halbe Woche.

Im Vergleich ein großes Festival. Man schleppt gefühlt den halben Hausstand mit sich mit und hat sicher trotzdem was vergessen. Man stellt sich bei der Bandausgabe ewig an, geht auf Dixiklos, wartet bei der Schleuse auf Einlass ins Festivalgelände, lechzt eine Viertelstunde an der Bar für ein Bier um € 4,50 (Minimum). Beim Wavebreaker stellt man sich erneut an, wenn dies überhaupt noch Sinn hat. Und dafür geb ich noch Geld aus?!

Ein Festival unter Freunden und nicht mit Tausenden anderen unbekannten Menschen, mit denen man wohl oder übel Gruppenkuscheln darf/kann/soll/muss. Ein Festival, woran keiner verdient, und nur die Kosten gedeckt werden müssen. Ein Festival, wo man gute Musik und Unterhaltung bekommt. Ein Festival, wie es jeder mal erlebt haben sollte. Ein Festival, das zeigt, dass es anders geht. Ein Festival, das mir ewig in Erinnerung bleiben wird. Ein Festival, wie es jeder erleben sollte!