Southside Festival 2015: feels like you never left…

Das Southside Festival im sonst so beschaulichen Neuhausen ob Eck bringt auch im Jahr 2015 wieder viele Highlights nach Europa. Am ersten Tag spielten mit Florence + The Machine, Irie Revoltes, Death Cab for Cutie und vielen mehr bereits einige Bands, für die sich die Anreise bereits alleine gelohnt hätte. Daneben gab es auch heuer wieder positive (Newcomer-) Überraschungen!

Die undankbare Aufgabe, das Festival zu eröffnen, hatten die Herren von „Cat and the Bottleman“. Die dürften wohl im Package mit dem Herrn Gallagher gekommen sein – die Einflüsse waren schwer zu überhören. Aber doch halbwegs rockig. Brit-Poprock anno 2015, bei dem man nicht allzu viel falsch machen kann!

Auf der anderen Stage eröffneten dann „Skinny Lister“ den Bandreigen. Flogging Molly für Arme – oder, weniger hart. Flogging Molly auf Indie quasi.  Aber trotzdem grade am Nachmittag extrem gut geeignet, die Meute in Stimmung zu versetzen. Für Fans des Genres sicher empfehlenswert, wenn man nicht dabei war, hat man aber auch nicht allzu viel verpasst!

Apropos „viel verpasst“. Das haben all jene, die MØ im Zelt danach verpasst haben. Dänemark ist ja, was spannende Electro-Acts betrifft,  schon lange kein Geheimnis mehr. Die junge Frau aus Odense ist auf der Bühne allerdings ein Energiebündel, wie man es selten erlebt. Da lässt sie sich auch nicht von einem kleinen Faller von der Bühne hinunter stören. Eine Frage bleibt allerdings: warum spielen die nicht später am Abend? Bereits an Tag Nummer Eins sicherlich eines _der_ Highlights des Festivals!

Weiter gings danach mit „The Vaccines“. Die dürften als ideale Impfung gegen den Mangel an guter Alternative-Musik ganz locker duch gehen. Straighter Alternative Rock, der auch beim Publikum gut ankommt. Zumindest den inflationär häufigen Vaccines-Shirts in den ersten Reihen nach zu urteilen. Auf der anderen Stage verausgabten sich „All Time Low“ – hier war das Zielpublikum deutlich jünger. Energiegeladen war die Show trotzdem, und Rampensäue sind die Jungs aus Maryland allemal!

Death Cab for Cutie standen danach auf der Bühne. Vieles war erwartet worden – nicht alles wurde gehalten. Bühnenpräsenz ist nicht ihre Stärke, sie verlassen sich ganz auf die Musik. Die kommt auf Festivals bei Hardcorefans vielleicht gut an, Ottonormalfestivalbesucher wird allerdings wohl nicht als Neo-Fan von diesem Konzert weggehen. Vielleicht werden sie noch immer auf „I’ll follow you into the Dark“ reduziert – leider, denn musikalisch sind sie dann doch den Abstecher mehr als wert! Ganz anders Milky Chance. Dessen Musik ist um einiges simpler aufgebaut – die Stimmung im Publikum war dafür deutlich besser. Vielleicht lag das auch an der TV-Liveübertragung, vielleicht aber auch einfach daran, dass Milky-Chance-Hören derzeit einfach en vogue ist. Nicht falsch verstehen, der Herr weiß schon, wie er das Publikum unterhalten kann – also: Mission accomplished!

Am Abend kamen zuallererst Indie-Fans auf ihre Kosten. Dabei war die Auswahl schwierig. Auf der Hauptbühne die Isländischen Aushängeschilder „Of Monsters and Men“, und im Zelt konnte man „First Aid Kit“ bewundern. Entschied man sich für letztere Band, wurde man fast weggeblasen. Das schwedische Geschwisterpaar legte eine stimmliche Gewalt hin, wie man sie nur selten erlebt. Wie man es schafft, dabei noch jeden einzelnen Ton zu treffen, kann ich an dieser Stelle allerdings nicht beantworten. Auch wenn gefühlsmäßig die Songs der ersten Platte besser beim Publikum ankamen.

Danach stand eine wahre Legende auf der Bühne. Nunja, oder zumindest eine Hälfte davon. Noel Gallagher mit seinen High Flying Birds gab sich ein Stelldichein in Neuhausen ob Eck. Woran erkennt man das? Ja, genau, die ersten Reihen stimmen gleich mal mehr, oder vor allem weniger akkurate „Wonderwall“-Versionen an, gefolgt von einem kräftigen „Fuck Liam!“. Ok, muss man nicht verstehen, aber wenn es um die Britpop-Götter Oasis geht, versteht man halt keinen Spaß. Der gute Noel stellte dann aber relativ schnell klar,  warum er zu den größten Impacts der Popgeschichte zählt. Auch als Halb-Oasis songwritertechnisch besser als Vieles, was ihn heute wohl als ihren Einfluss bezeichnet.

Danach wollten Viele eigentlich zu Ben Howard. Der Künstler musste allerdings krankheitsbedingt absagen und so wurde kurzerhand Madsen als Ersatz engagiert. Aber was heißt hier Ersatz? Schon beim ersten Song wurde wortwörtlich Geschichte geschrieben und das Gelände vor der Main Stage verwandelte sich erstmals in eine riesige Staubwolke. Vielen blumenkranzbestückten Mädchen, die wohl eher auf Ben Howard warteten, wurde das zu viel und die Securities hatten alle Hände voll zu tun. Aber bitte – das ist immerhin Madsen live! Und die Band bewies ein weiteres Mal, dass sie live zu den wohl besten Acts gehören, die der deutschsprachige Raum zu bieten hat. Da wird auch „I was made for loving you“ gecovert, als ob es ein eigenes Stück wäre, und Nirvanas „Smells like Teen Spirit“ ins Jahr 2015 transportiert. Und zum Schluss, wenn dann alle Nacktbaden waren, waren alle versöhnt.

Katzenjammer hatten es danach schwer. Das liegt aber weder an ihrem neuen Album „Rockland“, noch an ihrer Live-Performance, an der man nichts auszusetzen hatte. Das lag vielmehr an Florence and the Machine, die den Headlinerslot in dieser Zeit auf der anderen Bühne besetzte. Oder viel eher: eroberte. Was hier auf der Bühne passierte, kann man getrost als Urgewalt bezeichnen, und was Florence Welch stimmlich anfasst, wird zu Gold. Sichtlich happy über die Textsicherheit und die Huldigung des Publikums ob dieser „Audienz“ ging sie auch auf Tuchfühlung zum Publikum, und wird nicht nur bei „Shake it Out“ wurde der Aufforderung gefolgt. Und bei „What kind of man“ lagen sich dann alle in den Armen, und waren sich der Tatsache bewusst, auf einem Konzert gewesen zu sein, von dem man noch lange sprechen wird!

Wer danach noch Energie hatte, durfte entweder bei Paul Kalkbrenner abshaken, oder, für die Antifaschisten, bei Irie Revoltes den Abend ausklingen lassen, bevor Tag 2 mit vielen weiteren Highlights folgt!

 

 

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.