NATALIE IMBRUGLIA: Mehr Testosteron

Die „Torn“-Sängerin kehrt nach sechs Jahren musikalischer Schaffenspause zurück und recycelt auf ihrem neuen Album „Male“ ausschließlich Songs, die von männlichen Interpreten stammen und geschrieben wurden. Solch ein Vorhaben kann furchtbar nach hinten losgehen, doch Natalie Imbruglia schafft es durchgehend, ihnen eine eigene Handschrift zu verpassen. Sie interpretiert das Material zwar nicht vielfältig, denn meist besteht das Liedkonstrukt aus Gitarre, Bass, Schlagzeug und ihrer Stimme, aber dennoch durchaus eigenständig. Die Sympathie ist ihr damit schon sicher.

„Friday I’m In Love“ von The Cure, die größte Überraschung auf „Male“, erhält sogar einen Country-Touch mit Irish Pub-Feeling. Der größte Hit der Platte, „Instant Crush“ von Daft Punk mit Julian Casablancas von den Strokes am Mikro, steht gleich an erster Stelle und der Song, der sich in den Strophen zaghaft aufbaut und erst im Refrain an Zug gewinnt, überzeugt auf ganzer Linie. Schnörkellos, von jeder Elektronik befreit und ohne große Verzierungen sind auch Lieder wie das besonders stimmige „This Summer“ (Josh Pyke) ausgefallen – wie Bilder ohne auffällige Rahmen drumherum. Der Blick auf das Wesentliche wird damit nicht verfälscht, was bestimmt die Intention hinter dieser Platte war.

Unerfüllte Sehnsüchte, verlorene Ideale, bedingungslose Hingabe („I Will Follow You Into The Dark“  von Death Cab For Cutie) und Liebe, die manchmal wie Sand durch die Hände gleitet, werden mit einer leichten, aber bittersüßen Melancholie durchzogen. Das Organ von Natalie Imbruglia strahlt weiterhin diesen juvenilen und natürlich wirkenden Mädchen-von-Nebenan-Charme aus, obwohl das All-Australian-Girl mittlerweile 40 geworden ist (was man ihr aber freilich nicht ansieht). Der Halo-Effekt lässt grüßen, während klassischer Pop-Appeal einem in die Ohren dringt.

Obwohl sie für einen langen Zeitraum von der Bildfläche verschwunden war, lag die Australierin in den letzten Jahren nicht auf der faulen Haut. Sie ließ sich von Silverchair-Frontmann Daniel Johns scheiden, verpflichtete sich für die Kosmetikfirma L’Oréal, machte Werbung für Schmuck (Kailis), setzte sich für PETA ein, wurde Jury-Mitglied bei X-Factor, arbeitete an ihren schauspielerischen Aktivitäten (in mäßig erfolgreichen Filmen) und spielte auch Theater. Dass die ehemalige „Neighbours“-Darstellerin früher oder später zur Musik zurückkehren würde, lag auf der Hand und „Male“ ist ein solides, wenn auch nicht überwältigendes Comeback-Album geworden. Wer um toughe Femme fatales einen weiten Bogen macht, ist bei Natalie Imbruglia weiterhin an der richtigen Adresse.

Das Gewinnspiel ist beendet.

Male

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