Tekken 7: eine kitischige Zeitreise

Back to the Roots – so könnte das Credo gelautet haben, dem Namco/Bandai mit der siebten Auflage des Prügel-Klassikers Tekken gefolgt ist. Tekken 7 offenbart sich nämlich als Remineszenz an die Vergangenheit, das aber den Sprung in die Gegenwart so gut schafft, dass man ihm jede kleine Schwäche sofort verzeiht.

Tekken – in den 90ern der König der Beat-em-Up-Spiele. 2017 erscheint nach der Arcade-Version 2015 Tekken 7. Wir haben auf der Xbox One getestet, ob Namco auf den Thron der Prügelspiele zurückkehrt.

Zu Beginn ein Rückblick: 1994 erschien damals auf Sonys Playstation (ja, die alte graue!) die erste Ausgabe von Tekken. Und wurde fortan zu einem DER Multiplayder-Klassiker von Sonys Kassenschlager. Der Redakteur spielte es damals mit 8-9 Jahren (ja, ich habe die Altersbeschränkung missachtet, danke Mama!), und hatte sich schon damals in die Figuren verliebt. Egal ob Tiger-Wrestler King, Damals-Noch-Nicht-Robo Jack, oder der eigenwillig zu spielende Yoshimitsu. Sie alle sind in Tekken 7 wieder vertreten – und spielen sich mit den exakt selben Tastenkombinationen von damals. Unglaublich, wie wenig man eingerostet sein kann. Auch insgesamt acht neue Charaktere haben es in die Release-Version geschafft, darunter ein Saudi-Arabischer Soldat (Shaheen), ein Ninja-Master (Raven) und Heihachi Mishimas Frau Kazumi. Einen Gaststar gibt es auch; Akuma aus der Street-Fighter-Reihe prügelt sich jetzt auch im Tekken-Universum.

 

Die Story

„Neu“ ist ein Story-Modus, in dem man der Geschichte des Mishima-Clans eintauchen kann. An dieser Stelle soll nicht gespoilert werden, aber: das ist auch schon der größte Schwachpunkt des Spiels. In knapp 3 Stunden ist man durch, die Story an sich ist (auch für Tekken-Verhältnisse, wohlgemerkt!) zu sehr überdreht, die Kämpfe jetzt nicht unbedingt anspruchsvoll, und der Erzähler mit das Hölzernste, was ich die letzten Jahre in Videospielen hören durfte. Auch neue Charaktere werden, wenn überhaupt, maximal mit einem Kampf eingebaut. Aber wegen der Story spielt man Tekken ja normalerweise auch nicht – und in den Kernkompetenzen ist Tekken noch immer ungeschlagen.

Tekken 7: auch 2017 macht Prügeln noch immer Spaß!

 

Das Gameplay

Wie eingangs erwähnt – auch Fans, die Tekken einige Jahre lang abstinent waren, finden sich schnell wieder zurecht. Die „Ur-Charaktere“ um King, Yoshimitsu, Jack und Co spielen sich genauso flüssig wie vor 15 Jahren. Aber auch neue Charaktere können überzeugen, spielen sie sich doch angenehm abwechslungsreich. Egal, ob der etwas korpulentere Bob, der Soldat Shaheen, oder der abgefahrenste Charakter, Alisa – sie alle spielen sich unterschiedlich, mit ihren eigenen Stärken und Schwächen. In den Kämpfen selber merkt man dann allerdings schon, dass der Zahn der Zeit an der Unreal-Engine genagt hat. Vor allem die Gesichter gehören im Vergleich zu anderen Prügelspielen nicht mehr zu den Schönsten – müssen sie allerdings auch nicht. Die Details sind dann wiederum gestochen scharf animiert, und der leicht elektronisch angehauchte Soundtrack verleitet dazu, die Anlage mal etwas lauter aufzudrehen. An dieser Stelle: danke für deine Nachsicht, Nachbar!

Die Kämpfe selber gehen etwas schneller vonstatten als in den Vorgängern – vielleicht auch daran festzumachen, dass insgesamt weniger Gesundheit vorhanden ist als gewohnt. Ansonsten ist der etablierte Stil gleich geblieben – jedem Charakter stehen zig Möglichkeiten zur Verfügung, um den Gegner auf die Bretter zu bringen. Auch Rage-Attacken (quasi charakterspezifische Spezialattacken) sind  vorhanden – und sind Gott sei Dank nicht allmächtig. Sie sind blockbar – können aber einen verloren geglaubten Kampf nochmals rumreißen. Die Arenen sind gut animiert, lassen aber etwas Detail doch vermissen – schade, da wäre mehr gegangen!

Tekken 7 bietet unendliche Möglichkeiten, den Charakter zu personalisieren

 

Macht Tekken auch 2017 noch Spaß?

Kurze Antwort: ja. Und wie. Tekken schafft es auch heute noch, zu begeistern. Die Charaktere können individuell mit Skins angepasst werden, dass es eine Freude ist. Auch die Langzeitmotivation ist durch die Möglichkeit, immer neues freizuschalten, gegeben. Diese Treasure-Kämpfe schalten schier unendlich scheinende Extras frei. Schade halt nur, dass die Charakteranpassungen keine realen Auswirkungen auf die Kämpfe haben. Wie schön wäre es, wenn man den Frosch auf Alisas Schädel auch einsetzen könnte, oder wenn Yoshimitsu den Gegner mit einer Pizza vermöbelt? Zu schön, um wahr zu sein, wahrscheinlich. Wäre dann aber wohl auch zu komplex. Besonders gelungen ist wieder mal die Kernkompetenz der Tekken-Reihe: der Multiplayer. Der Online-Multiplayer lässt wenige Wünsche offen – man findet quasi jeden Gegner, den man finden möchte. Auch gegen Freunde wird wieder gekämpft, wahlweise auch im 8er-Turnier. Auch einen VR-Modus gibt es – der wurde allerdings von uns nicht getestet.

 

Fazit

Pro:

  • Charaktervielfalt
  • ausgeglichenes, forderndes Kampfsystem
  • viele freischaltbare Extras
  • ausgezeichneter Multiplayer

Contra:

  • unglaublich lasche Story
  • Extras haben keinen Einfluss auf Kämpfe
  • für Einsteiger ein zu schwaches Tutorial
  • lange (!) Ladezeiten zwischen Kämpfen und Menüs

Unser Fazit: angesichts der abgedrehten Charaktere, dem flüssigen, und doch abwechslungsreichen Kampfsystem und der guten Balance: Tekken, du bleibst der King unter den Beat-em-Up-Spielen!

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.