„Ohne Austrofred hätte ich kein Buch geschrieben“

 

Der Name Franz Wenzel sagt wohl nur wenigen Menschen etwas. Seine Kunstfigur des Austrofred erfreut sich hingegen großer Beliebtheit. subtext.at hat ihn getroffen und zu den reißerischen Titeln seiner Bücher, der Charakteristik des Austrofred und zur Unterscheidung zwischen Privatperson und Kunstfigur befragt.

subtext.at: Der Austrofred ist eine Kunstfigur. Tut man sich als Kunstfigur mit Bekannheit leichter als als Privatperson?
Wenzel:
Naja, es ist natürlich so, dass, wenn man Bekannheit sucht, es leichter ist, zu überspitzen und ein klares Image zu haben. Man funktioniert dann mehr wie eine Comicfigur – das fängt bei der Kleidung an, die immer dieselbe ist. Die Comicfigur ist dann halt eingeschränkt auf manche Eigenschaften, die aber dafür dann überspitzt sind. Durch das tut man sich vielleicht lecihter, ein klares Bild in der Öffentlichkeit zu haben.

subtext.at: Siehst du es für die Privatperson Franz Wenzel als Vor- oder als Nachteil, die Kunstfigur des „Austrofred“ quasi vorzuschieben?
Wenzel:
Auf jeden Fall als Vorteil, würde ich sagen. Für mich selbst ist es sehr gut, ich hätte als Privatperson ja jetzt auch nicht gewusst, was ich schreiben soll. Die Versuche hat es ja schon lange gegeben, aber die waren dann immer unheimlich fad – ich hätte da ja nichts zu berichten gehabt. Es ist immer unheimlich schwer, etwas von Null auf Hundert zu schreiben. Der Austrofred hat ja durch seine Vergangenheit in der Musik schon eine kleine Biographie gebildet, und da hab ich schon beim Schreiben darauf zurückgreifen können. Wenn ich den Umweg über die musikalische und Bühnenfigur des „Austrofred“ gehabt hätte, hätte ich wahrscheinlich noch kein Buch veröffentlicht.

subtext.at: „Ich zahle noch in Schilling“ und „Du kannst dir deine Zauberflöte in den Arsch schieben“ – würde der Austrofred ohne reißerischen Titel nicht funktionieren?
Wenzel:
Naja, Sachen müssen ja einen Titel haben. Wenn der „clasht“ und Lust auf mehr macht, dann ist das natürlich gut. Ich finde ja auch die Titel an sich gut – für meinen Geschmack.

subtext.at: Je reißerischer der Titel, desto mehr wird verkauft – war dieser Hintergedanke da nicht auch dabei?
Wenzel: Offiziell schon, das steht ja im Buch dann auch genauso drinnen, dass der Titel so gewählt wurde, um dem Verlag Geld einzubringen. Sonst eigentlich nicht ganz so eindeutig, weil ich den Buchtitel nicht nur genommen habe, um mehr zu verkaufen. Das gehört dazu. Erstens ist der Austrofred ein reißerischer Typ und da passt das dazu. Zweitens mach ich dann Sachen schon immer so, dass ich sie selber gut finde – egal ob Buch oder CD. Die verkauf ich dann auch ganz gern – da hab ich keine Hemmungen.

subtext.at: Stichwort Verlag – wie darf man sich die Besprechung zum Buchtitel vorstellen. Ist das problemlos über die Bühne gegangen oder gab es da Ressentiments?
Wenzel:
Nein, mit dem Verlag gibt’s ja eine gute Gesprächsbasis. Es ist ja auch nicht so, dass man nur sagt: „Ah, reißerischer Titel, da verkaufen wir mehr“. Es gibt dann ja durchaus auch Medien, die wegen dem „A-Wort“ im Titel nichts darüber bringen.

subtext.at: Zum Beispiel?
Wenzel: Radio Wien (lacht). Ich finds aber trotzdem einen guten Titel.

subtext.at: Wenn man die Charakteristik des Austrofred googlet, dann findet man vom Besserwisser bis hin zum Schlawiner so ziemlich alles. Drei Charaktereigenschaften, die den Austrofred für dich selber definieren, sind?
Wenzel:
Das Wichtigste für mich ist die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Das ist eines meiner Lieblingsthemen – beim Austrofred dann halt ein bisschen kabarettistisch umgesetzt. Die Selbsttäuschung ist da also etwas Essentielles. Dann würd ich sagen: „energetisch“, was der Autrofred ja trotz aller Makel ist. Das Dritte muss dann was sein wie der „Schlawiner“, weil ja bei allen Problematiken, die die Figur hat, steigt er ja trotzdem in der eigenen Wahrnehmung als Sieger aus.

subtext.at: „Als Sieger aussteigen“ – hat der Austrofred die Fähigkeit, sich selbst zu hinterfragen?
Wenzel: Nur zum Teil. Er tut es zwar immer wieder, aber wird dann immer wieder durch Äußerlichkeiten abgelenkt wird und kommt nicht weiter. Es ist mehr ein Gestus der Hinterfragung, was er aber recht deutlich hat, weil er ja einen gewissen Zeitgeist wiederspiegelt, der aber nicht so wahnsinnig weit reicht. Unter „Zeitgeist“ verstehe ich dann so etwas wie den Wahn zu gesunder Ernährung, Schönheit und so weiter. Er psychologisiert auch sehr gern – die Abstraktionsfähigkeit sich selbst gegenüber fehlt ihm allerdings.

subtext.at: Etwas provokant gefragt – ist der Austrofred ein Philosoph?
Wenzel: Ja, sehr sogar. Er sieht sich selbst ja auch als Philosoph – das letzte Buch hat ja auch den Untertitel „Ansichten eines kritischen Zeitgenossen“ gehabt. Er findet ja schon, dass seine Vorstellungen zu bestimmten Themen wichtig sind und weitergegeben werden müssen. Insofern ist er also ganz sicher ein Philosoph.

subtext.at: Gäbe es eigentlich etwas, was der Austrofred auf der Bühne nie machen würde?
Wenzel:
Das Gute ist ja, dass der Austrofred ja eigentlich eh alles darf. Durch das ist es ja auch für mich immer wieder spannend, die Figur zu spielen.

subtext.at: Gäbe es für dich eine Barriere, die du als Austrofred nie überspringen würdest?
Wenzel: Nackt ausziehen. Das ist relativ klar.

subtext.at: Bei welcher Frage in einem Interview würden Sie aufstehen und gehen?
Wenzel: Würde ich glaube ich nie machen. Außer wenn jemand sagen würde: „Oida, bist du angrennt?“ oder sowas. Das wäre dann aber eher eine Behauptung als eine Frage.

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.