EMELI SANDÉ: Die Zeit ist reif

Geschichten hat Adele Emeli Sandé schon genug geschrieben. Vorwiegend für andere Künstler und Popstars. Sie musizierte u.a. mit Cheryl Cole und Leona Lewis, begleitete Coldplay jüngst auf Tour und konnte die Kritiker in England überzeugen, sie bei den diesjährigen Brit-Awards mit dem „Critic’s Choice-Award“ auszuzeichnen. Nicht schlecht für den Anfang.

Nach längerem Hin und Her ist nun das fertige Debütalbum „Our Version Of Events“ erschienen. Eine Platte, die klar macht, dass in den 90ern doch nicht alles so schlecht war. So kann das Resultat klingen, wenn Musiker, die sich selber nichts mehr beweisen müssen, ein Album produzieren. Der fesselnde Einstieg „Heaven“ lässt bereits aufhorchen und macht es einem sehr leicht, dieses Werk vom Start weg gut zu finden. Ein ausgefeiltes Trip-Hop-Klanggerüst trägt den Song markant nach vorne. „Unfinished Sympathy“ von Massive Attack ist keinen Sprung weit entfernt.

Spannende Arrangements und tolle Melodien sind hier bereits die halbe Miete, und Sandé ist eine einnehmende Sängerin. Ein bisschen wie Beyoncé, nur stimmlich nicht so überpräsent, exaltiert und überkandidelt. Dafür verfügt sie über ein richtiges Gefühl für Timing, Gefühl und Rhythmus. Selbst ein Lied namens „Daddy“ gerät nicht kitschig, sondern sehr kraftvoll. Der Text, eine Abrechnung.
Verzweiflung, Liebe, Glaube, Hoffnung und alles dazwischen.

Liebe ist überhaupt ein Thema, über das sie viele Worte verliert. „Our Version Of Events“ ist auch voller Wärme und zart hoffender Melancholie. Man kann sich gut entspannen bei Songs wie „Clown“ oder „Mountains“, bis der Drive zurückkommt wie im verquickten „Lifetime“ oder dem schwungvoll-hoffnungsvollen „Where I Sleep“. Und doch gibt es bei all der Innigkeit auch eine andere Seite, eine unterkühlte Distanz, die gewahrt wird. Eine stets zwischen Inbrunst und Unterkühltheit pendelnde Attitüde besitzt die Schottin mit südafrikanischen Wurzeln. Wer sich mal wieder traurig fühlt, mit diesem Zustand jedoch umzugehen weiß, kann sich von Songs wie „Breaking The Law“, dem schmissigen „My Kind Of Love“ oder dem intim vorgetragenen „Read All About It, Pt. III“ jederzeit aufmuntern und in die Arme nehmen lassen.

Das Warum ist nicht ganz so leicht zu erklären, aber Emeli Sandé ragt heraus aus dem R&B-Einheitsbrei. Im Grunde macht sie wenig anders – aber eben vieles einfach besser. Auf einfache Weise eine besondere Platte.

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