Alligatoah im Brucknerhaus
Übertriebener Fäkalhumor im Brucknerhaus? Dies war die Frage, welche mich Montagabend am meisten beschäftigte. Satirische Systemkritik empfinde ich ja an sich als etwas Gutes, dennoch vielleicht fehlt mir bei bestimmten Aussagen mittlerweile einfach das nötige Verständnis.
Alligathoa oder, Lukas Strobl, wie er heißt, wenn er nicht in seine Rolle als satirischer Bühnenprofi schlüpft, ist ohne Frage ein Ausnahmekünstler. Seine Stimme und seine Person sind einmalig. Er erlaubt sich gesellschaftliche Kritik in lyrischen Songtexten zu verpacken und schafft dies meist ohne direkte Beleidung. Seine Texte sollen zum Nachdenken anregen. Mitsingen konnten wir sie bis jetzt wahrscheinlich sowieso alle, aber verstehen wir auch, was uns Alligatoah mit auf unseren Lebensweg gibt?
Das frage ich mich aufgrund des immer jünger werdenden Publikums immer mehr. Seine aktuelle Bühnenshow begeistert mich wenig. Seine Aussagen sind manchmal fast übergriffig und zwar extrem systemkritisch, aber oft auch nahe am „Tief“ sein. Mitsingen ist bei „Akkordarbeit“ leider auch schwieriger geworden. Der Abend regte vor allem zum Nachdenken und Zuhören an. Das Brucknerhaus als Rahmen war ein Widerspruch zum Bühnenbild, dafür war natürlich der Sound unglaublich. Unter einer akustischen Show habe ich persönlich mir mehr erwartet. Umgesetzt war sie mit zwei E- Orgeln, einer E- Gitarre sowie Blockflöte, Mundharmonika und Tröte – also eh originell.
Aber die akustische Umsetzung verzerrte halt die bewusst gewählten, sehr bekannten Songs zu neuen Kunstwerken. Das Bühnenbild war aufwendiger als notwendig. Passend zum Titel Akkordarbeit griff Lukas Strobl bei der Gestaltung die Arbeitsgruppe der Kanalarbeiter auf. Die Kanalisation und das was darüber liegt war schön gestaltet und stimmig mit den Texten. So ein großes Bühnenbild kann meiner Meinung nach jedoch nicht nur von zwei Personen ausgefüllt werden. Für mich persönlich – und dafür werden mich wahrscheinlich alle Alligatoah-Fans hassen – war die Show jedoch fad. Nicht mehr vergleichbar mit den Auftritten, bei denen das Publikum ausrastet und mitgrölt. Entwickelt sich Alligathoa zu einer Kunstperson, in der schwarzer Humor im Mittelpunkt steht und nicht mehr Gesellschaftskritik – oder ist das seine Form von Systemkritik? Soll das Publikum nur noch als empfangendes Medium gesehen werden, welches die Texte aufsaugen und kritisch betrachten soll? Was ist aus den guten alten Zeiten geworden, in welchen man sich bei einem Alligatoah-Konzert als große kritisch Denkende und gegen das System rebellierenden Familie geworden ist?