Deafheaven + Touché Amoré: Die Schwere des Seins
Ein lange überfälliger „Team-Up“: Deafheaven und Touché Amoré auf gemeinsamer Europatour. Vergangenen Freitag zeigten sie in der ARENA Wien gemeinsam mit Portrayal Of Guilt, dass auch auf den ersten Blick Unvereinbares oft ein stimmiges Ganzes ergeben kann.
Musikalisch sind Deafheaven und Touché Amoré auf recht gegensätzlichen Polen der härteren Musik unterwegs. Auf der einen Seite regieren große Geste, Theatralik und Metaphern, auf der anderen geht es um Authentizität und das tagebuchartige Nachempfinden der Gefühlswelt eines fremden Menschen. Und doch gibt es da gemeinsame Nenner. Aber mal ganz von Anfang an:
Portrayal Of Guilt, den Opener des Abends musste ich wegen eines anderen Termins davor leider sausen lassen, was verdammt schade war, schließlich haben die Texaner letztes Jahr mit „Let Pain Be Your Guide“ ein viel beachtetes Debüt hingelegt, das Einflüsse wie Screamo, Powerviolence und Grindcore miteinander vereint. Zumindest hat Kollege Thorwartl Fotos vom Auftritt. Cool? Cool!
Dann also Touché Amoré. Die feiern gerade das 10-jährige Jubiläum ihres Erstlingswerkes „…To The Beat Of A Dead Horse“, was mit einer Aufführung der Platte in voller Länge zelebriert wurde. Dazu gab es mit „Deflector“ einen erst letzte Woche veröffentlichten Vorboten auf ein neues Album zu hören und mit „Skyscraper“ und „Is Survived By“ auch Songs, die bisher eher wenig bis gar nicht in der Setlist Platz gefunden haben. Spielerisch auf den Punkt und mit einem gewohnt sympathischen Jeremy Bolm am Mikrofon gab es am Auftritt der Band wieder einmal nichts zu bemängeln. Nach über drei Jahren hat dieses Konzert die Vorfreude auf eine neue Platte noch einmal um Einiges verstärkt.
Wenn man so in die Gesichter im Publikum schaute, konnte man die Fanbases der Bands zum Teil sicher ganz gut in Schubladen einordnen, und doch waren sowohl „Metalheads“ als auch „Hardcore Kids“ sehr respektvoll gegenüber allen Auftretenden. Dazu kamen dann auch noch einige Fans beider Gruppen (wie ich), für die auch die 32€ Abendkasse nochmal gerechtfertigter erscheinen, als wenn man vielleicht doch nur wegen einer Band zum Konzert kommt.
Zeit für den Headliner des Abends: Deafheaven. Die Kalifornier polarisieren oft und gerne und lieben es auch, ihr eigenes Publikum auf die Probe zu stellen. Wo im letzten Jahr auf „Ordinary Corrupt Human Love“ gar eine Zuwendung zum Pop zu sehen war (man denke an „Night People“ mit Chelsea Wolfe), folgt in diesem Jahr mit „Black Brick“ einer der härtesten Songs, den die Band seit ihren Anfangstagen veröffentlicht hat. Auch den Ausdruckstanz von George Clarke muss man entweder mögen oder ignorieren können. Lässt man sich darauf ein, wird man bei Deafheaven aber immer und immer wieder von einem Konzerterlebnis vereinnahmt, das einen die Welt da draußen wieder mal für anderthalb Stunden vergessen lässt. Dafür darf man sein Publikum schon auch mal etwas fordern.
Fotos: Christoph Thorwartl