Foto: Lisa Leeb

Falling in Love with Acoustic Lakeside

Endlich wieder Indie-Party am Sonnegger See in Kärnten! Nach langer pandemiebedingter Pause öffnete auch das Acoustic Lakeside Festival endlich wieder die Pforten. Der Name ist hier definitiv Programm, denn die Liebe war überall zu spüren und die Stimmung am Festivalgelände eine ganz besondere. Location, Lakeside-Crew, und insbesondere das Line-Up überzeugten (wieder) auf voller Linie.

Nach vier Jahren Wartezeit fand von 15.-16. Juli wieder das Acoustic Lakeside Festival in Sittersdorf, Kärnten statt. Da dieses Mal nur wenige heiß begehrte Tickets verfügbar waren, war die Freude der Indie-Fans, die an den Sonneggersee reisen durften, umso größer. Wer schon am Freitag Vormittag anreisen konnte, hatte Glück und blieb beim Zeltaufstellen trocken, schaffte vielleicht sogar noch einen Sprung ins kühle Nass. Der Rest des ersten Tages war eher eine feucht-fröhliche Angelegenheit. Der Regen tat der Stimmung jedoch keinen Abbruch und die Festivalbesucher:innen scheinen die musikalischen Highlights des Abends in vollen Zügen genossen zu haben.

Freitag

Wandern mit Fuzzmann

Natürlich darf nach dieser gefühlten Ewigkeit der Rückkehr an den Sonnegger See die Nostalgie nicht zu kurz kommen. Herwig Zamernik, besser bekannt als Fuzzman, ist wohl jedem Lakeside-Liebhaber ein Begriff. Bereits 2007, der zweiten Auflage des Festivals, spielte er sich in die Herzen der Besucher:innen und wie wir erfahren durften, auch in jenes seiner „Liebsten“. Geschichten wie diese sind es, die das Festival zu einem Besonderen machen. Im Laufe der Zeit sammeln sich viele markante Orte an denen es von prägenden Augenblicken zu Erzählen gibt. Deshalb nahm Fuzzman mit auf ein Wanderkonzert und sang sich an jenen Plätzen mit Band und Publikum die Seele aus dem Leib. Gemeinsam mit Acoustic Lakeside-Obmann Raphael Pleschounig wurden so die schönsten Stories noch einmal wiederbelebt.

Sauer

Sofort anschließend ans Wanderkonzert ging es für Acoustic Lakeside-Mitveranstalter Raphael auf der Main Stage weiter. Mit seiner Band Sauer lieferte er an der E-Gitarre einen weiteren besonderen Festivalmoment ab. Der Auftritt der sechsköpfigen Indie-Rocker aus Kärnten war immerhin der Erste seit 10 Jahren. Vermutlich mit etwas weniger Bühnenperformance als früher, aber dennoch grundsolide wurden Hits aus alten Tagen zum Besten gegeben und vom Publikum gebührend gefeiert. Sänger Paul Kräuter versprach jedenfalls: „Bei 1000 Followern auf Instagram gibt es ein Comeback.“ Wir sind gespannt!

Oskar Haag

Oskar Haag kann beides: sowohl mit ruhigen Songs, begleitet auf der Gitarre, als auch schnelleren Nummern inklusive ansteckenden Dancemoves konnte der Sänger am Festivalnachmittag auf der Hauptbühne begeistern. Mit seiner authentischen und selbstsicheren Bühnenshow verzauberte der 16-Jährige das Acoustic Lakeside Publikum. Seine Hits „Black Dress“ und „Stargazing“ waren selbstverständlich mit von der Partie. Oskar Haag erzählte zudem von seinem Seelenleben und persönlichen Struggles. Unter anderem fokussiert er sich nun voll und ganz auf seine Musik und hat der Schule den Rücken gekehrt. Wir freuen uns daher bereits auf weitere gute Musik!

Ankathie Koi

Hot, sexier, Ankathie Koi. Von der extravaganten Sängerin bekommt man genau das was man erwartet: Bombenstimmung, Sex-Appeal und eine Gesangsperformance zum Niederknien. Die stripped-down Version, also nur Klavier und Gesang, tat dem Auftritt außerordentlich gut. Ankathie Koi konnte im ruhigeren Setting ihre technisch perfekte, facettenreiche Stimme noch eindrucksvoller präsentieren als gewohnt. Neben längst zu Hits gewordenen Songs wie „Little Hell“ oder „Hurricane“ waren auch ganz neue Musik(kunst)stücke mit dabei. Macht definitiv Lust auf mehr – nur im Partyzelt haben wir die Stimmungskanone, anders als angekündigt, vermisst. ;)

Nada Surf

Gemeinsam mit der New Yorker Grunge/Indie Rock Band „Pom Pom Squad“ hauchte Sänger Matt Caws der Hitsingle „Popular“ vom 1996 erschienen Album „High/Low“ auch bei uns in Österreich neues Leben ein. Nicht nur auf FM4 rauf und runter gespielt, tourt sich Nada Surf 2022 wieder durch halb Europa. Die Ansage: „Here comes more rock‘n‘roll music – if you like it or not – you have no choice“ klingt fast wie eine Drohung. Der Band ist aber wohl bewusst die Besucher:innen dieses Festivals sind genau deswegen vor Ort. Und so spielten sich die US-Amerikaner quer durch ihre Diskographie, inklusive Hitsingle „Inside of Love“. Nada Surf erwiesen sich mit Sicherheit als würdiger Headliner des ersten Abends.


Partyzelt mit Vogal Djs

Am ersten Festivalabend ließen es sich die Vogal Djs (aka Djs des Acoustic Lakeside Teams) nicht nehmen, selber die Besucher:innen mit Indie-Klassikern von The Killers, Mumford & Sons, und ähnlichen Größen die Partynacht zu versorge. Da der ganze Festivalabend ziemlich regnerisch war, war die Indiedisco im Partyzelt ein perfekter Ausklang, um sich aufzuwärmen und im Trockenen weiter abzudancen. Mit einer exquisiten Auswahl an Italo-Hits tanzte die Partymeute im Anschluss fröhlich weiter in Richtung Sonnenaufgang.

Samstag

Guten Morgen am Lakeside

Für die frühen Vögel unter den Besucher:innen des Acoustic Lakesides (oder die Partymäuse mit besonders langem Durchhaltevermögen) gab es am Samstag um 9:00 Uhr eine ausgleichende Yogaeinheit, um entspannt in den Tag zu starten. Wem das noch nicht genug sportliche Betätigung war, durfte beim Genusslauf den Restalkohol aus dem System schwitzen. Alternativ dazu wurde ein reichhaltiges Frühstücksbuffet mit Eierspeis und gutem Kaffee angeboten. Beim Brunch mit Seeblick konnte man ab 11:00 Uhr bereits der zünftigen Musik des Gösselsdorfer Trios lauschen und beim Frühschoppen das erste (?) kühle Bier des Tages genießen. In der Mittagshitze waren Schattenplätze auf der Liegewiese und eine Abkühlung im See heiß begehrt, und der Badespaß wurde vom VOGAL DJ Kollektiv musikalisch untermalt.

CHRISTL

Wer am Nachmittag die ersten Töne von CHRISTLs Auftritt zum See herüberwehen hörte, brachte sich sofort in Badebekleidung vor der Main Stage in Position, denn die Musik der österreichischen Singer-Songwriterin hat Verzauberungspotential. CHRISTL konnte glücklicherweise für die verhinderte Meskerem Mees einspringen und meisterte die spontane Situation souverän. Mit von Emotion, Schmerz und Leidenschaft triefenden Songs wie „Hope“, „Object Of Desire“ und „Love Is Pain“ konnte sie das Publikum erreichen. Ihre wandelbare, gefühlvolle Stimme erinnert an eine Mischung aus Lizzo und Adele, lässt aber auch ganz neue, eigene Facetten zu. Eine beeindruckende Performance und ausdrucksstarke Persönlichkeit, die wir gerne wieder sehen wollen!


Hansi und The Gretels

Die Local-Heroes rund um Frontman Hansi Rainer lieferten Feelgood-Music direkt ans Ufer vom Sonneggersee. Auch wenn der eigentliche Gitarrist der Band den Urlaub mit Frau und Kids vorziehen musste, gaben seine Kollegen mit Banjo und Kontrabass alles und genossen das aufmerksame Festivalpublikum. Songs über die Schwierigkeit des Landlebens oder das Erwachsenwerden der eigenen Kinder erzählen vom alltäglichen Leben. Man merkte die Band hatte Spaß und verbreitete gute Stimmung bei strahlendem Sonnenschein.

Doppelfinger

Ebenfalls ein würdiger Ersatz für die leider ausgefallene Florence Arman ( :( ) war der als doppelfinger auftretende Clemens Bäres. Von der spontanen Situation etwas überrumpelt wirkte er zu Beginn etwas verunsichert, wurde aber durch die Zustimmung des beeindruckten Publikums wieder gefestigter. Und diese Begeisterung war durchaus gerechtfertigt! Der Singer-Songwriter schaffte es allein mit seiner Gitarre und seinen grandiosen Fingerpicking-Künsten die Zuhörer:innen in seinen Bann zu ziehen. Doppelfingers emotionsgeladene Musik schafft Raum zum Atmen, lässt einen geerdet fühlen und regt zum Tagträumen an. Mit einem passenden Mix aus Originals und Covers war es eine gelungene Performance eines Künstlers, der zu Großem fähig ist und definitiv an sich glauben darf. Sogar Fink gratulierte Doppelfinger während seines Sets zu dessen Musik!

Aze

Die zwei Musikerinnen aus Oberösterreich begeisterten auf der Seebühne am heißen, sonnigen Nachmittag das Lakeside Publikum. Auch die jüngeren Festivalbesucher:innen ließen sich von den melodischen Klängen inspiriere. Sie tollten in der grünen Festivalwiese vor der Band herum. Die ruhigen Klänge des Duos umrahmten perfekt die entspannte und friedliche Stimmung am Acoustic Lakeside. Begonnen hat die Musikkarriere der Freundinnen mit Coversongs und auch während ihres Sets kamen die Zuhörer:innen in den Genuss eines Covers, nämlich Antichrist von The 1975. Abgesehen davon gab es natürlich viele Songs vom kürzlichen erschienenen Album „Hotline Aze“. Der Sound und Stil von Aze – Gitarrenriffs untermauert von elektronischen Klängen aus dem Computer in Kombination mit soften Stimmen – war auf jeden Fall sehr unique und brachte eine schöne Abwechslung in das Festivalprogramm.

Fink

Als nächstes verzauberte Fink auf der Main Stage das Publikum mit seinen melancholischen Sounds. Relativ früh im Set gab der Songwriter die Klassiker ‚Looking Too Closely‘ und ‚Sort of Revolution‘ zum Besten. Ein wahrliches Highlight am Acoustic Lakeside und Gänsehaut-Feeling pur! Fink und seine Begleitung an der Bratsche sowie Gitarre brauchten kein aufwendiges Bühnenbild und keine ausgeklügelt Show. Es reichen Stimme, Instrumente und eine ordentliche Portion Gefühl. Die Texte des Songwriters regen immer wieder zum Nachdenken an und die Stille des aufmerksamen Publikums sprach für sich. Nach mehrstündiger Anreise aus Tirol hat sich Fin Greenall die angekündigte Abkühlung im Sonneggersee mehr als verdient. Ein wirklich sympathischer und nahbarer Artist – perfekt fürs Acoustic Lakeside Festival.


Scheibsta

Während die letzten Töne von Fink verklangen, hatten es sich eine beachtliche Menge der Festivalbesucher:innen bereits auf der Wiese vor der Seebühne gemütlich gemacht. Scheibsta eröffnete seine Session mit seinem bekanntesten Song „Es is eh scho Wurscht“ und regte damit die Fans gleich zum Mitsingen an. Mitgesungen werden durfte auch bei „Das bedeutet mir sehr“, angelehnt an Bob Marleys „No Woman, No Cry“. Durch lockere Sprüche, spontane Schmähs und ein nebenbei laufendes Bingo-Spiel gelang dem Rapper und seiner Band eine ungezwungene Stimmung. Durch aus der Situation gegriffene Textinspirationen und -improvationen wurde bewiesen, dass man Scheibsta im Freestyle nicht so schnell das Wasser reichen kann. Aber auch ernste Themen und Gesellschaftskritik haben bei Scheibsta Platz auf der Bühne. Der Sonnenuntergang rundete die Performance ab und sorgte für umso mehr schöne Bilder für unser Gedankenmuseum.


Wallis Bird

Den Auftritt von Wallis Bird würden wir mit folgenden Worten beschreiben: energiegeladen, fesselnd und lustig. Oder um es in den Worten von Wallis zu sagen – der Hammer! Die gebürtige Irin brachte wohl das Wetter aus Irland mit, denn kaum war der erste Song angespielt, begann es auch schon zu regnen. Trotz dem tosenden Regenschauer schaffte es Wallis Bird das Publikum ab der ersten Sekunden mit ihren tanzbaren Nummern und ihrer Stimmgewalt in Bann zu ziehen und mitzureißen. Klassiker wie ‚Hardly Hardly‘, aber auch einige Nummern vom neuen Album „Hands“ durften dabei nicht fehlen. Die Musikerin lieferte eine großartige Soloperformance ab und bewies durch das gesamte Set hindurch ihre unglaublichen Fähigkeiten an der Gitarre. Am Ende gabs lautstarke Rufe nach einer Zugabe. Wallis Bird hat glücklicherweise im Oktober noch einige Auftritte in Österreich, unter anderem am 6. Oktober im Posthof in Linz. Riesengroße Empfehlung von uns!


Farewell Dear Ghost

Das Grande Finale des Acoustic Lakesides lieferten Farewell Dear Ghost. Wie könnte es auch passender sein, so hat die Band doch 2018 einen eigenen „Lakeside Song“ geschrieben. Zum Festivalabschluss betrat die Acoustic Lakeside Crew die Bühne, um diesen wunderbaren Song gemeinsam mit Farewell Dear Ghost zu performen. Ein wahrlich emotionaler Moment! Abgesehen davon lieferten die Künstler eine großartige Show. Von härteren Gitarrenriffs über ruhigeren Töne war alles mit von der Partie. Sänger Philipp Szalay mischte sich für einen Song direkt unters Publikum, was natürlich auch für großen Anklang fand. Mit Hits wie „We Were Wild Once“ und „Fire“, sowie der neuesten großartigen Single „Nobody“ lud die Band zu einer großartigen Indiesause ein. Von der positiven Stimmung angesteckt, traf man Farewell Dear Ghost später auch im Partyzelt zum Weiterfeiern.


Partyzelt mit den Weekender Djs

Von der Main Stage ging es für die Lakeside-Crew direkt ins Partyzelt, wo die „Weekender-DJs“ aus Innsbruck zum finalen Tanz aufriefen. Bestückt mit Zirbenschnaps und „Gamsmilch“ – einer Kärntner Skihütten Spezialität aus Milch und Marzipanlikör- schenkten die Veranstalter:innen ihrem Publikum von der Bühne aus noch einmal ordentlich ein. Vielen Dank an dieser Stelle für das Kopfweh am nächsten Morgen und diese weitere unvergessliche Indie-Disco-Partynacht.

Fazit

Das langjährige Warten hat sich mehr als gelohnt und das Grinsen bekommen die Indie-Fans nach dem Festival garnicht mehr aus dem Gesicht! Von der wunderbaren Location, über die ausgelassene Stimmung, das großartige Line-Up und der liebevollen Deko am gesamten Festivalgelände – es war wieder einmal alles perfekt. Das Event am Sonneggersee in Kärnten ist schon ein wahres Schmuckstück in der österreichischen Festivallandschaft. Hier seien auch die Festivalbesucher:innen noch einmal positiv erwähnt – wir haben selten so einen sauberen Campingplatz am Abreisetag gesehen. Kudos an euch! Wir sind gespannt ob und wie es mit dem Acoustic Lakeside Festival weitergeht, drücken aber ganz fest die Daumen auf ein Wiedersehen in 2023. We definitively fell (again) in love with the lakeside! <3

Fotos: Andreas Wörister & Lisa Leeb
Text: Marco Klein, Sarah Koblmüller & Dorinda Winkler

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