Ihr Kinderlein kommet?

 

Einige Geistliche in der katholischen Kirche scheinen die christliche Nächstenliebe etwas zu wörtlich zu nehmen. Ja, eh. Was ist daran neu?Missbrauchsfälle innerhalb katholischer Institutionen haben mittlerweile ja schon so etwas wie Tradition. Der Fall Groer ging ja schon vor mehr als einem Jahrzehnt in die Annalen der kirchlichen Höllengeschichten ein. Öffentlichkeit und katholischer Klerus zeigen sich erschüttert über die aktuellen Ereignisse. Dabei sind solche Fälle, wie eingangs bereits erwähnt, ja nichts Neues.

Körperliche Züchtigungen, Onanie im Beisein von Priestern, sexueller Missbrauch, seelische Wunden, die ein Leben lang nicht mehr verheilen werden – was sich hier liest wie das Drehbuch eines Alptraums, war für viele Zöglinge (was für ein Wort!), die Bekanntschaft mit dem katholischen Alltag machten, bittere Realität. Was für die Geistlichen die Befriedigung ihrer sexuellen Vorlieben bedeutete, wurde für die Insaßen der Internate, Heime und anderen Stellen zur jahrelang andauernden Tortur. Zur Rechenschaft gezogen wurde keiner der Täter, auch heute nicht, die Taten sind verjährt. Die Kirche verspricht im Zuge der aktuellen Debatte wieder einmal „lückenlose Aufklärung“ und „volle Kooperation“. Nur glauben will das so recht niemand.

Katholischer Zynismus?
Ab hier wird es aber auch grotesk. Nicht nur, dass eine Institution, die für sich behauptet, die moralische Instanz schlechthin zu sein, selbst den größten Dreck am (sprichwörtlichen) Stecken hat – nein, die Kirche geht noch weiter. Sie bietet eine Ombudsstelle an, wo sich Opfer melden können und man werde den Fällen nachgehen. Spätestens hier muss man, wenn es nicht so traurig wäre, in schallendes Gelächter ausbrechen. Mit Ausnahme der Wiener Diözese ist es zur Zeit nämlich so, dass diese Ombudsstellen zum Teil mit Klerikern und Priestern besetzt sind. Die sind wahrscheinlich integer, nur muss man ob dieser Besetzungen fast schon von Verhöhnung der Opfer sprechen. Ein Missbrauchsopfer, das von Geistlichen missbraucht wurde, soll sich an eine Ombudsstelle wenden, die mit Geistlichen besetzt ist und dann hoffen, dass Aufklärung passiert? Aber doch nicht wirklich. Solche Stellen müssen unabhängig sein!Was man wirklich tun müsste? Die kirchlichen Stukturen aufbrechen und die staatlichen Behörden ermitteln lassen. Das würde bedeuten, zu allererst die Täter auch strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Man muss die Opfer entschädigen (solche Entschädigungen brachten die amerikanische Kirche schon nahe an den Bankrott) und man müsste endlich mit der scheinheiligen Sexualmoral brechen. Was nicht passieren wird, sitzt doch in Rom ein Mann als Papst, der selbst unter den Erzkatholischen nochmals so katholisch ist, dass der Beischlaf an sich schon wohl schon eine Todsünde ist. Man verspricht also wieder mal Aufklärung und passieren wird: nichts. Und weiterhin wird man von Geistlichen lesen, die ob des Anblicks eines hüllenlosen Knabenkörpers laut „Halleluja!“ rufen und nicht für möglich gehaltene Regungen bekommen. Und die Kirche wird zwar weiterhin strikt gegen Abtreibungen sein, die Abt-Reibungen in den eigenen Wänden werden aber weiterhin ans Licht kommen.

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Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.