Kulturgeschichtetag 2009 – davon gehört?

 

Bei der Pressekonferenz des „Kulturgeschichtetages 2009“ am 10. September waren mehr Verantwortliche als Redakteure vor Ort. Obwohl der beliebte Veranstaltungsraum Keplersalon miteinbezogen wurde, versiegte beim Thema Kultur-wissenschaft allem Anschein nach das Interesse der lokalen Medien. Schade – das Programm hatte einiges zu bieten.

Der Versuch einer Öffnung
Auch wenn sich die Forschung über die Frage, wie Kulturgeschichte genau zu definieren ist, durchaus gespalten gibt, waren sich Linz09 und die Kepleruniversität über die Ziele des Symposiums „Kulturgeschichtetag 2009“ einig. Für die Universität Linz soll es eine Öffnung und Präsentation auf drei verschiedenen Ebenen sein, so Vizerektorin Dr. Gabriele Kotsis: eine Öffnung durch den Ausbau der Kompetenzen im Bereich der Kulturwissenschaften, eine Präsentation gegenüber der Öffentlichkeit und eine Öffnung gegenüber der wissenschaftlichen Welt. Die Kulturhauptstadt Linz soll sich als Universitätsstadt, als Zentrum von Wissenschaft und Forschung, in Szene setzen und auch von der eigenen Bevölkerung als solche wahrgenommen werden. Besonders durch den zweiten Veranstaltungsort, dem Keplersalon, versprach man sich eine intensivierte Wahrnehmung im Stadtgebiet.

Dr. Gabriele Kotsis im Gespräch

Die Qual der Wahl
Vom 12. bis 15. September gab es beinahe 30 Veranstaltungen zu den unterschiedlichsten Themenstellungen der Kulturgeschichte. Neben Vorträgen und Diskussionen zu für Allgemeinheit interessanten Themen – etwa zum Zusammenhang von Musik und Politik – standen auch spezielle Panels wie „Verfassungs- und Verwaltungskultur am Übergang von der städtischen zur frühparlamentarischen Gesellschaft“ zur Auswahl. Die Veranstaltungen zeugten von hoher Qualität und zeichneten sich durch unterschiedlichste Zugänge aus, allerdings war den Veranstaltern durchaus bewusst, dass sie nur Facetten anboten und kein universelles Bild der Kulturgeschichte vermitteln konnten.

Ein Hauch Europa beim Empfang
Während sich der Kulturgeschichtetag 2009 hauptsächlich auf Deutsch präsentierte, war man zumindest beim Empfang um „internationalen Flair“ bemüht: EU-Kommissar für Bildung, Kultur und Jugend, Ján Figel´, wurde als Keynote-Speaker geladen. Die Tatsache, dass die anderen Beiträge auf Deutsch gehalten wurden, war bewusst gewählt: man wollte Raum für einen muttersprachlichen Austausch schaffen. Dies sei allerdings nicht als eine Renationalisierung zu verstehen, so Dr. Peter Becker, der für Idee und Konzept mitverantwortlich war, die Idee sei vielmehr aus pragmatischen Überlegungen heraus entstanden.

Berührungsängste
Peter Becker hoffte auf einen regen Austausch: einerseits durch die Diskussion unter den KollegInnen, andererseits durch die Fragen eines an den Themen der Cultural Studies interessierten Publikums aus der Region. Ein Problem, dass durch die interdisziplinäre Struktur der Kulturgeschichte und -wissenschaft entsteht, kam hierfür gelegen: Es gibt keine gemeinsame „Forschersprache“, jede/r ist in einem Gebiet der Laie und in einem anderen der/die Experte/in. Dadurch wurde die Person am Rednerpult zu einer einfachen Ausdrucksweise gedrängt – eine Gratwanderung, die nur teilweise ohne Qualitätsverluste glückte.

Breites Angebot
Im Generellen glänzte die Veranstaltung durch eine Vielzahl renommierter WissenschafterInnen. Auch wenn der eine oder die andere kurzfristig absagen musste (ein Panel wurde vollständig gestrichen) – das vielfältige Programm litt darunter kaum. Ein Highlight des Symposiums war die Aktion „Meet the Artist“, welches die Möglichkeit bot, einen Blick hinter die Kulissen verschiedener 09 Projekte zu werfen und mit den verantwortlichen KünstlerInnen im Anschluss Tee zu trinken.

Wenn man sich auch für eines der drei vorgestellten Projekte (Akustikon, Haus der Geschichten, In Situ) entscheiden musste – hier zeigte sich, dass der Anspruch der Veranstalter durchaus umgesetzt werden konnte: Das Verhältnis, welches zwischen den Vortragenden und dem Publikum herrschte, war beinahe familiär. Ob das nun an der „Atmosphäre“ des Keplersalons oder an der Überschaubarkeit der mit etwa 15 Personen bestückten Gruppen lag, sei dahin gestellt.

Foto: Peter Becker

(ein Panel wurde vollständig gestrichen)