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Der Fall Forum Design – wenn eine Ausstellung zur Strafsache wird

Die aktuelle Schau in der Landesgalerie Linz bietet mehr als reinen Kunstgenuss. So skurril es auch klingen mag – sie ist eine Ausstellung über eine Ausstellung, die zum juristischen Fall wurde!

International wertgeschätzt, regional auf ein Strafverfahren reduziert – das Großprojekt „Forum Design“, das 1980 unter der Gesamtleitung von Helmuth Gsöllpointner, Professor der Kunstuniversität Linz, in Linz stattfand. Fehlkalkulationen, Rückzug von Sponsoren, Budgetüberschreitungen gepaart mit fehlendem Krisenmanagement: die Liste der Vergehen in Zusammenhang mit der Ausstellung Forum Design, die letztlich zum finanziellen Desaster und zum Strafverfahren geführt haben, liest sich wie ein Auszug aus einem Krimi, der einen mitreißt und mehr erfahren lassen will. Das mediale Interesse an diesem Fall war enorm und ließ „Forum Design“ zum Skandal erster Klasse auswachsen.Aber ist es nicht  auch skandalös, dass von einem weltweit wahrgenommenen Projekt ausgerechnet im Veranstaltungsland nur noch das Strafverfahren und die Verurteilung zweier Hauptverantwortlicher im Gedächtnis blieben? Immerhin brachte das „Forum Design“ internationale Expert/innen nach Linz und ist heute noch aufgrund seines wissenschaftlichen Ansatzes, seines Konzeptes und seiner einmaligen Ausstellungsarchitektur von enormer Bedeutung in der Designgeschichte.

Warum wird nun, knapp 30 Jahre der Ausstellung, der Fall „Forum Design“ wiederum in den Mittelpunkt des Interesses gerückt? Und was genau zog hunderte von Besucher/innen am Tag der Eröffnung in die Landesgalerie? Die Hoffnung auf Befriedigung der eigenen Sensationsgeilheit (der kleinen Schwester des Skandals) oder die gruselig-schöne Aura, die historischen Gerichtsfällen anhaftet, würden 30 Jahre nach dem eigentlichen Skandal wohl kaum noch jemanden aus dem Haus locken. Hinter dem Mythos „Forum Design“ muss mehr stecken!

Selbständiges Denken und knallharte Fakten
Und dieses „Mehr“ zu entdecken ist Anliegen der aktuellen Ausstellung in der Landesgalerie Linz. Denn hier wird selbständig denkenden Menschen die Möglichkeit geboten, sich ihre eigene Meinung über den „Fall“ zu bilden. So finden sich Besucher/innen im zweiten Stock der Landesgalerie Linz in einer Art gerichtlichem Aktenlager wieder, das es ihnen ermöglicht, Einblick in die knallharten Fakten zu nehmen. Für Personen, denen das  hohe Ausmaß an schriftlichen Quellen zuviel ist, werden als Wiedergutmachung Zeitdokumente medialer Berichterstattung via Bildschirm und Kopfhörer angeboten. Der Wechsel von Lesen, Hören und Sehen soll die Besucher/innen bei Laune halten – was allerdings nur dann funktioniert, wenn sie sich wirklich auf den „Fall“ einlassen. Durchhalten, es lohnt sich!

Denn vor allem die Interviews wichtiger Zeitzeugen, Kritiker und Vertreter/innen der aktuellen Designszene sind es, die bewegen und zum Nachdenken anregen. So spricht beispielsweise Helmuth Gsöllpointner ganz offen über seine anfängliche Euphorie, die damals laufenden Ermittlungen, über lokalpolitische Verstrickungen und seine persönliche Belastung. Damalige Zeitgenossen berichten über deren Aktionen der Solidaritätsbekundung gegenüber  Gsöllpointer. Internationale Expert/innen betonen die Bedeutung der die Ausstellung begleitenden Publikation „Design ist unsichtbar“.

Solche Berichte werfen die Frage auf, ob „Forum Design“ nicht doch mehr war und immer noch ist, als ein Gerichtsakt, der bereits geschlossen wurde. Die Antwort darauf gibt es noch bis zum 28. Feb. 2010 selbst in der Landesgalerie Linz.

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Artikelfoto: ©Peter Baum
Fotostrecke: ©Andreas Kepplinger