Im Dienst des Diktators

 

Nordkorea gilt als das abgeschottenste Land der Welt. Viele sind beim Fluchtversuch ums Leben gekommen. Einige wenige haben es geschafft.Kim Jong Ryul hat für einen Nordkoreaner eigentlich ein gutes Leben erwischt. Als Techniker, der nach schwerer Kindheit ein Studium in der damaligen DDR genossen hatte, hat er zumindest als Erwachsener, der auch eine Parteikarriere hingelegt hatte, ein für nordkoreanische Verhältnisse fürstliches Leben. Sogar zu Kim-Jong Il persönlich hat er Kontakt. Doch eines fehlt ihm – seine Freiheit. Im Buch „Im Dienst des Diktators“ erzählen die Autoren Ingrid Steiner-Gashi und Dardan Gashi die Geschichte eines Mannes, der für die Freiheit sogar seine Familie aufgegeben hat. Doch Ryul steht nur stellvertredend für die Erosion eines Landes, das gar nicht mehr so abgeschottet ist, wie man vermuten könnte.

Das Land mit dem toten Präsidenten
Doch was ist das überhaupt für ein Land, für dessen Regime das Wort „Bürgerrechte“ nicht einmal in den progressivsten Gedanken vorkommt? 1948 gegründet, wurde das gesamte öffentliche Leben auf die Person von Staatsgründer Kim Il-Sung zugeschnitten. Dessen Juche-Ideologie wurde fortan zur Staatsideologie. Der „große Führer“, wie er auch genannt wurde, wirtschaftete das anfänglich noch vergleichsweise gut dastehende Land – das BIP war bis zum Ende der 60er Jahre höher als das von Südkorea – systematisch zugrunde und konnte nur dank der Handelsbeziehungen zu China und der damaligen UdssR überleben. Bis heute ist der 1994 verstorbene Vater Kim-Jong Ils das offizielle Staatsoberhaupt Nordkoreas.

Kim Jong Il, sein Nachfolger, pflegt einen aufwändigen Lebensstil. Allerlei Luxusgüter aus dem Westen – vor allem über Österreich – müssen beschafft werden. Kim Jong Ryul ist einer der Mittelsmänner. Jahrelang führt er seine Pflichten zur vollsten Zufriedenheit des „geliebten Führers“ aus. Doch im Westen bekommt er immer mehr von den schrecklichen Zuständen im Heimatland mit und entschließt sich zur Flucht. Heute denkt Ryul anders über den geliebten Führer – „man sollte ihm eine Atombombe auf den Kopf werfen“.

Das Buch erzählt auf eindrucksvolle Weise den Aufstieg eines kleinen Nordkoreaners, seine Kontakte zu Kim Jong Il und seine Flucht in Österreich. Es ist eines der wenigen Werke, das – nicht zuletzt aufgrund Ryuls persönlichen Erzählungen – ein authentisches Bild eines der mysteriösesten Staaten dieser Welt gibt.

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Foto: Ueberreuter

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.