Andreas Spechtl: „Ohne Damenspitz geh ich ungern auf die Bühne“

Andreas Spechtl – seines Zeichens Sänger der nach Berlin emmigrierten Band Ja, Panik.  Im Interview zu ihrem neuen Album mit dem klingenden Namen „Dmd Kiu Lidt“ sprach subtext.at mit ihm über Wein, journalistische Floskeln und katholische Jugendzentren.

subtext.at: Unser Redakteur hat in seiner Rezension zu eurem neuen Album folgenden Satz geschrieben: „Ja, Panik. Was war das nur für ein Hype – und ich konnte ihn einfach nicht verstehen.“ Konntet ihr das?
Andreas Spechtl: Die Frage ist viel eher, ob man sich damit auseinandersetzt. Am Gesündesten für den Einzelnen ist es wahrscheinlich, wenn man sich damit gar nicht viel auseinandersetzt und das an sich vorbeiziehen lässt. Das ist ganz schrecklich für das eigene Ego, wenn man sich fragt, ob das gerechtfertigt ist oder nicht. Für mich ist beides ok, ob Hype oder nicht, weil es die Band ja auch am Leben erhaltet.

Andreas Spechtl - Ja, Panik

subtext.at: Stichwort eigenes Ego – wie schwer ist es, nicht dem eigenen Ego zu verfallen, wenn man aus Österreich hinaus geht?
Andreas Spechtl: Das hat nichts mit einem geographischen Ortswechsel zu tun. Man bleibt ja derselbe. Die größere Gefahr ist ja, zu Versumpfen – also stehen zu bleiben. Das Wegkommen ist ja etwas Positives.

subtext.at:  Apropos „Versumpfen“ – wenn man sich euer neues Album ansieht, hebt sich das doch stark von den Vorgängern ab. Ist das der Versuch, nicht zu „Versumpfen“?
Andreas Spechtl: Ja natürlich ist es das. Nach den letzten zwei „Money-Platten“ war es für uns klar, dass wir unbedingt etwas Neues machen müssen. Das wäre schlimm gewesen, zu lesen: „Ja, Panik haben eine neue Platte gemacht – gut, und alles bleibt so wie es war.“.  Es war klar, dass das Thema musikalisch und textlich ausgereizt war. Da ist es schon auch für das Selbstverständnis wichtig, sich weiter zu bewegen und etwas Unerwartetes macht. Wir sind ja nicht die Band, die 10 Platten mit dem gleichen Inhalt rausbringt.

Andreas Spechtl - Ja, Panik

subtext.at: In diesem Zusammenhang liest man sehr oft, Ja, Panik sei „erwachsen“ geworden. Würdest du mir da zustimmen?
Andreas Spechtl: Wir warn ja vorher auch schon erwachsen. Rein juristisch sind wir ja schon länger erwachsen. Und kopfmäßig bin ich jetzt ja auch nicht erwachsener als vorher. Es ist vielleicht eine andere Herangehensweise, aber das ist zu einfach, wenn man einfach „erwachsen“ sagt. Das ist so eine Standardfloskel, wo wahrscheinlich ein Journalist denkt, dass er das mal schnell so hinknallen kann. Das liest man heute ja auch schon ständig. „Erwachsen“, „Ernsthaft“ – das sind journalistische Evergreens mittlerweile.

subtext.at: Eine weitere journalistische Floskel in Zusammenhang mit eurem neuen  Album: „Die Sturm-und-Drang-Zeit ist vorüber“. Kannst du mir erklären, was eine Sturm und Drang-Zeit in Zusammenhang mit einer Pop-Band ist?
Andreas Spechtl: Das ist natürlich schwierig, weil wir das natürlich nie in den Mund genommen haben. Ich kann dir natürlich sagen, was die Sturm-und-Drang-Zeit war. Jugendliche Verzweiflung, Übermut – aber das lernst im Gymnasium, wenn du „Werther“ lesen musst. Wir hätten das aber auch vorher nie von uns gesagt, dass wir so eine Phase hätten.

Andreas Spechtl - Ja, Panik

subtext.at: Toph Taylor, Trouble over Tokyo, hat gemeint, dass Pop mittlerweile alles ist, was man nicht woanders einordnen kann. Warum ist das mittlerweile so?
Andreas Spechtl: Also für mich persönlich ist Pop ja auch ganz ganz weit gefasst. Für mich gibt’s Jazz, Blues, Klassik, und dann bist du relativ schnell bei Pop. Da geht’s ja auch mehr um die Popkultur als um die Musik alleine. Das hat mit Elvis angefangen und ist in dieser Linie dann weiter gegangen. Ich würde ja auch Punk als Pop sehen, weil die sich davon ganz absetzen würden. In gewisser Weise gehört das dann auch zum Pop dazu.

subtext.at: Stermann & Grissemann haben mal gemeint: „Ja, Panik – das ist eine Flasche Wein pro Konzert und Bandmitglied“…
Andreas Spechtl: Echt? Nur?

subtext.at: Habt ihr demnach schon einen Exklusivvertrag mit einem Weinbauer abgeschlossen?
Andreas Spechtl: Nein, das haben wir nicht – wobei das aber eine gute Idee wäre mal. Aber nur eine Flasche Wein pro Bandmitglied? Stimmt, wenn man einrechnet, dass manche gar keinen trinken – ja, das kommt hin.

subtext.at: Würde Ja, Panik dann ohne Wein auf der Bühne schlechter funktionieren?
Andreas Spechtl: Also, ich, muss ja schon sagen, dass ich ohne Damenspitz ungern auf die Bühne gehe. Das hat in gewisser Weise etwas mit dem „Sich-gehen-lassen“ zu tun. Es muss aber nicht unbedingt Wein sein, wir nehmen auch Schnaps.

Andreas Spechtl - Ja, Panik

subtext.at: Das Auf-der-Bühne-sein ist für dich also auch ein Loslassen?
Andreas Spechtl: Naja, gezwungenermaßen sollt das schon ein Happening sein – sonst machts keinen Sinn.

subtext.at: Das Schlimmste Konzert ever?
Thomas Schleicher: Die Frage übernehme ich. Das war in einem katholischen Jugendzentrum, also einem „JUZ“, in Schwabmünchen, Bayern. Die Leute sind gesessen, auf der Bühne, und haben uns mit Ignoranz bestraft.
Andreas Spechtl: Stimmt, und der Veranstalter hat uns dann auch noch beschimpft, weil wir nicht richtig animiert haben.

subtext.at: Also seid ihr keine Animations-Band?
Andreas Spechtl: Nein, wir sind keine All-inclusive-Veranstaltung.

subtext.at: Deine letzten Worte vor deinem Tod wären welche?
Andreas Spechtl: Also ich würde gerne einschlafen. Ich würde gerne einschlafen, und nicht mehr aufwachen. Insofern kann man sich gar keine Gedanken mehr über die Worte machen.

Links und Webtipps:

Fotos: a_kep, Christoph Thorwartl

subtext.at verlost ein signiertes Exemplar des neuen Ja, Panik-Albums „Dmd Kiu Lidt“. Schickt ein Mail an gewinnspiel@subtext.at und sagt uns, wie die beiden „Money-Alben“ der Band hießen.

Der Einsendeschluss ist Sonntag, der 12. Juni, 18 Uhr. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, der Gewinner wird per E-mail benachrichtigt.

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.