Politikverdrossen? Von wegen!
Überall liest man davon, dass junge Menschen politikverdrossen sind. Ist natürlich Quatsch, wir sind nicht politikverdrossen, wir sind politikerverdrossen! Warum das so ist wird nun an einigen mal mehr, mal weniger aktuellen Beispielen demonstriert.
Blicken wir einfach mal eine Dekade zurück: 2002 war Wolfgang Schüssel Bundeskanzler einer ÖVP/FPÖ Regierung. Gerade in den ersten Jahren dieser Regierung wurde eine Reihe umstrittener Entscheidungen getroffen, wie die Einführung von Studiengebühren, die „Terrorgesetze“ nach den Anschlägen in New York, die Anschaffung der Eurofighter oder Kürzungen im Sozialbereich. Währenddessen ließ sich diese Regierung für ein angebliches Nulldefizit feiern.
Sprung in die Gegenwart: langsam wird klar, womit dieses Nulldefizit erkauft wurde, und vor allem wer davon profitiert hat (kleiner Tipp: es ist nicht Otto Normalverbraucher). Seit nun mehr als fünf Jahren vergeht kaum eine Woche, in der nicht neue Details zu den Vorgängen der Ära Schüssel bekannt werden. Kaum ein Angehöriger der Schwarz/Blau/Orangen Regierungen, der/die nicht in zweifelhafte Geschäfte oder Zufälle verwickelt war. Allen voran der „Schwiegersohn der Nation“, Ex-ÖVP Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Unvergessen, wie er bei der Sendung „Im Zentrum“ während einer Diskussion wegen seiner Verwicklungen einen etwas ungewöhnlichen Brief vorliest. Aber auch am einstigen Kärntner Landesheiligen Jörg Haider blieb letzter Zeit kaum ein gutes Haar.
Unsere jetzige Regierung wiederum glänzt meist mit Schweigen auf die großen Fragen der Zeit. Kanzler und Vizekanzler genügt es leere Phrasen zu dreschen und in jede sich nähernde Kamera zu grinsen, aber dabei wirken beide etwas einschläfernd. Ganz anders Finanzministerin Maria „Mizzi“ Fekter, die es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht hat, in Europa zur meistgehassten Frau zu werden. Innerhalb Österreichs durch Verachtung gegenüber Schwachen und an Wahnvorstellungen grenzende Aussagen bezüglich diverser „Krisen“ der letzten Jahre. International vor allem dadurch, möglichst viele ihrer KollegInnen und VerhandlungspartnerInnen bloß zu stellen.
Diese Woche dann hat der Fall Strasser für Kopfschütteln bis Belustigung gesorgt. Seit Montag steht Ernst Strasser wegen Verdachts der Korruption vor Gericht, er soll im Gespräch mit verdeckt arbeitenden Journalisten angeboten haben, Gesetzte gegen Bezahlung in ihrem Interesse zu beeinflussen. Er erklärt das dann so, dass er diesen Journalisten, die er angeblich für Geheimagenten hielt, eine Falle stellen wollte – mehr dazu gibts hier. Warum er dann keine Aufzeichnungen der Gespräche vorweist bleibt fraglich.
Und schließlich heute im Justizausschuss: unsere „Volksvertreter“ vertreten die Meinung, dass die anlasslose Telekommunikationsüberwachung in Form der Vorratsdatenspeicherung, obwohl wirkungslos, unverändert beibehalten wird. Auch wenn sämtliche Experten und sich die bisher größte Bürgerinitiative der Geschichte dagegen aussprechen. Immer wieder betonen Politiker aller Parteien, wie wichtig mehr direkte Demokratie ist, doch sobald das Volk einen Willen artikuliert wird es einfach ignoriert. Details dazu findet ihr hier.
All dies kumuliert nun in die eingangs erwähnte Politikerverdrossenheit. Tag ein, Tag aus werden uns solche „Vorbilder“ und Lichtgestalten präsentiert. Wir haben einfach genug von all diesen Pappnasen, von ihren leeren Versprechungen und Lügen. Was fehlt sind Politiker mit Visionen an einflussreicher Stelle, jemand der sagt „Wir wollen die Probleme unserer Zeit an der Wurzel anpacken und nicht Symptome bekämpfen!“ und das auch so meint. Wir sind von der angeblichen Alternativlosigkeit moderner Politik verdrossen. Wir wissen, dass es Alternativen gibt, und wir wollen Politiker, die diese ansprechen, auch und vor allem wenn sie „den Märkten“ nicht gefallen. Kurz – wir wollen jemanden der mit Ideen für eine positive Zukunft begeistert und diese nicht dem erstbesten Kompromiss opfert.