Killerpilze: „Wir haben Akzeptanz neu geschaffen!“

Die Killerpilze – eine ehemalige Teenie-Band, die so gar keine Teenie-Band mehr ist. Die mit „Grell“ sich quasi neu erfunden haben. Live phänomenal abgehen. Und mit ihrem neuen Album komplett neue Wege einschlagen.

Das soll nämlich über Crowdfunding finanziert werden. Und hat alle Erwartungen übertroffen. Ein Interview mit Jo, Mäx und Fabian über die neue Platte, Vergangenes und Akzeptanz.

subtext.at: Die erste Frage, was ihr bitte gleich hinter euch bringen möchtet?
Mäx: Wie seid ihr zu eurem Bandnamen gekommen? Das wär schon mal das nervigste!

subtext.at: Die kann ich euch ersparen, versprochen! Sonst noch etwas?
Mäx: Was steht als nächstes bei euch an?
Jo: Unsere aktuelle Crowdfunding-Kampagne für das nächste Album, wo wir versuchen, mit unseren Fans das nächste Album zu finanzieren. Über die Crowdfunding-Plattform startnext.de – das soll das größte Crowdfunding-Projekt Deutschlands werden. Ambitioniert, aber realistisch.

subtext.at: Ok, bleiben wir gleich beim Thema Crowdfunding. Da scheint es ja zur Zeit einige Bands zu geben, die sich dadurch finanzieren möchten. Verzweiflung, weil man anders nicht genügend Mittel aufbieten kann, oder ein anderer Hintegedanke?
Fabian: Wir haben jetzt seit etwa einem Jahr unser eigenes Label, da hat man klarerweise auch viel weniger Geld zur Verfügung. Da muss man dann besser haushalten, und hat nicht so viel Geld, um ins Studio zu gehen, das Album zu Pressen, Videos zu drehen, und so weiter.
Jo: Beim letzten Album haben alles wir gemacht – und glauben, eine so starke Fanbase zu haben, um das durchzuziehen. Das ist jetzt nicht nur so, dass man sich einfach eine Deluxe-Variante der neuen Platte kaufen kann, sondern da gibt es ja auch viel mehr – man kann Wohnzimmerkonzerte kaufen, bei Videodrehs dabeisein, und uns als Barkeeper engagieren. Also Angebote, die es so in der Art sonst nirgendwo gibt. Und das ist schon speziell.
Mäx: Natürlich haben wir uns gefragt, wie wir das finanzieren wollen. Wir haben dann beschlossen, dass wir neue Wege gehen wollen. Crowdfunding hat sich in den letzten Jahren etabliert – und wir haben da, glauben, wir, eben diese Fanbase, die sich auch für solche Dinge begeistern kann.

subtext.at: Stichwort „Neue Wege“ – ich möchte jetzt nicht auf die alten Platten eingehen, sondern auf die letzte, „Grell“. Könnte man das – überspitzt formuliert – als echte Debutplatte der Killerpilze bezeichnen?
Jo: Überspitzt auf jeden Fall schon, ja. Es hat sich in vielen Bereichen so angefühlt. Gerade auch in Österreich mit Festivals wie Frequency und Novarock letztes Jahr, oder die 3feetsmaller-Tour. Die Akzeptanz ist jetzt gerade neu entstanden. Natürlich gab es früher die Vorurteile – allesamt berechtigt, wir waren ja eine Teenie-Band. Aber mit „Grell“ haben wir es, glaube ich, schon geschafft, Kritiker und auch andere Bands zu überzeugen. Das macht schon Spaß, zu sehen, dass auch die Bands sehen, dass wir nicht nur eine Band sind, die schnell ein paar Platten auf den Markt haut, um Geld zu machen, sondern die es wirklich wissen will. Da haben wir mit „Grell“ schon Respekt geschaffen.

subtext.at: Als ich „Grell“ das letzte Mal gehört habe, habe ich unfreiwillig an eine Mischung aus Marathonmann und OK Kid gedacht. Seid ihr auch in dieser „neuen deutschen Welle“ drinnen?
Mäx: Schönes Kompliment, ja. Marathonmann kommen ja auch aus der gleichen Stadt, mit denen verbindet uns schon einiges. Es ist aber schon so, dass gerade viel gute neue deutsche Musik entsteht. Das ist schon vom Hip-Hop ausgegangen, die das schon weit vor dem Rock gemacht haben.  Ich glaube aber trotzdem, dass wir allein durch unsere Vorgeschichte um einiges exponierter sind als Andere. Egal, ob man das positiv oder negativ sieht?

subtext.at: Seht ihr das positiv oder negativ?
Jo: Wir sehn das sehr postitiv. Blödes Beispiel: da stehen dann halt am Frequency um 16 Uhr mehr Leute vor der Bühne, die uns sehen wollen. Das macht dann natürlich schon mehr Spaß, wenn die Leute das auch mitnehmen wollen.
Fabian: Wir spielen mittlerweile ja auch schon mehr als zehn Jahre lang, und haben da die unterschedlichsten Leute kennengelernt. Da sind wir schon auch stolz drauf, das geschafft zu haben, dass wir durch diese Wandlungsphasen – von der pubertierenden Teenie-Band bis jetzt – durchgekommen sind und noch immer in die gleiche Richtung ziehen. Und jetzt mehr denn je.
Jo: Und ohne uns aufzulösen oder uns großartige Eskapaden zu liefern. Sondern aus Spaß an der Musik.

subtext.at: Aus heutiger Sicht – glaubt ihr, dass ihr mehr Konzerttickets verkauft wegen eurer neuen Platte, oder wegen eurer Vorgeschichte?
Mäx: Ich glaube, das ist gemischt. Viele kommen, und sagen: „Hey, euch gibt’s ja wieder!“.  Wir können halt dann erwidern, dass wir ja auch in den Jahren dazwischen Platten veröffentlicht haben, und jetzt kommen wir halt wieder eher im Mainstream an. Durch die neue Platte sind dann natürlich auch wieder viele Hörer neu hinzugekommen, die einen Song hören und sich auch durch die neue Platte begeistern lassen. Das ist übrigens ein großes Anliegen für uns, dass wir mit der neuen Platte textlich einen Schritt nach vorne gehen – weil wir vorher, unbestritten, nur Teenie-Themen, die uns damals betroffen haben, abgehandelt haben.

subtext.at:  Also schon eine Sache des physischen Alters?
Mäx: Ja, auf jeden Fall. Andere Bands lernen sich mit 21 kennen, und sind musikalisch und von ihrem Zugang her auf einem ganz anderen Level als wir, die mit 13 oder 14 schon angefangen hatten. Da gings erstmal nur darum, live zu performen und unterwegs zu sein. Das war für uns ja auch neu. Wir sind dann immer in die Nightliner-Koje gefallen, und durch Europa tourt. Das muss man erst mal verarbeiten. Und wir sind sicher eine Band geworden, die sehr gefestigt ist und sich bewusst ist, was die Geschichte ist.
Fabian: Das hat uns andererseits auch dorthin gebracht, wo wir aktuell sind. Also hatte alles auch etwas Gutes an sich.

subtext.at: Bleiben wir mal dort, wo ihr jetzt seid – im weitesten Sinne „Pop-Punk-Rock“. Wenn ihr an andere deutsche Bands denkt – einige wie Marathonmann und OK Kid habe ich ja gerade angesprochen – glaubt ihr, dass ihr gerade besonders den Nerv der Zeit getroffen habt und damit auch Glück hattet?
Jo: Es gehört immer ein bisschen Glück dazu. Nicht nur, aber auch. Es kommt darauf an, ob man mit der Musik, die man gerade macht, viele Leute mitreißen kann. Es ist auch Intuition, aber auch, gerade bei uns, Ehrgeiz. Dass es mit „Grell“ so gut funktioniert hat, ist natürlich umso besser. Es hängt aber auch davon ab, was wir ausstrahlen wollen. Bei den beiden Vorgängern – den ersten beiden auf eigenem Label – waren wir etwas verkrampft und wollten es unbedingt schaffen und beweisen, dass wir „anders“ sind. Bei „Grell“ haben wir einfach ein gutes Gefühl gehabt, und das nach außen ausgestrahlt.
Fabian: Wir sind sicher gefestigter. Wir haben auf den Platten zuvor viel ausprobiert – es hat halt damals nicht so gepasst. Bei Kraftklub 2010 hat es gepasst.

subtext.at: Also die Tatsache, auch mit zwei oder drei Chords Erfolg haben zu können?
Fabian: Zum Beispiel – das wird sich auch zeigen. Eine geile Band, wir mögen die auch – die müssen halt auch erstmal zehn Jahre und mehr zusammenspielen. Das ist der Punkt und die Entwicklung, die wir bereits durchgemacht haben. Wir sind sicher auch unberechenbarer geworden – wir schränken uns nicht ein. Es gibt Bands, die machen ihren Stiefel, einfach weil sie ihn machen müssen und es erwartet wird. Wir haben uns mitterweile so aufgestellt, dass wir da breiter sind.

subtext.at: Ihr habt vom Teenie-Konzert bis hin zum Punkschuppen ja schon alles bespielt. Euer beschissenster Gig bislang?
(überlegen)
Mäx: Ohne Österreich zu nahe treten zu wollen, wir hatten da letztes Jahr so ein „geiles“ Festival in Berndorf.
Jo: Wobei, eher „Fest“ als „Festival“. Also im Sinne von Stadtfest.
Mäx: Das war surreal. So 70er-Jahre-Rock-Cover von fünfzigjährigen Musikern, oder so. Also richtig surreal.
Fabian: Auch wenn das abgedroschen klingt – wir haben trotzdem Bock auf Live-Gigs. Auch wenn da jetzt nur zehn Leute stehen würden, was auch passiert. Es macht uns halt viel Spaß, zusammen zu spielen. Da muss man durch.
Mäx: Das war ja bei dem oben genannten Konzert genauso. Wir hatten da ja trotzdem Spaß daran, zu spielen. Die Umstände waren halt komisch.
Jo: Die Schlammschlacht-Konzerte vor drei Leuten hatten ja auch Spaß gemacht.

subtext.at: Als Supportact muss man Sets ja schnell mal kürzen. Gibt’s da Songs, die schneller rausfliegen als andere?
Jo: Wir spielen natürlich schon länger normalerweise, und klar spielen wir dann die Songs, die sich live bewährt haben, vermehrt, wenn wir kürzen müssen.
Mäx: Balladen fallen da schon eher raus, einfach weil wir die Leute motivieren wollen. Also eher Uptempo-Nummern.
Jo: Im Zweifel fallen dann halt auch die älteren Tracks raus – man will ja natürlich die aktuelle Platte präsenteieren.

subtext.at: Und ein Grund, die Killerpilze auch heute nicht zu hören?
(überlegen) Mäx: Wenn man erwartet, dass wir eine Teenie-Band sind. Dann definitiv.

Links und Webtipps:

Fotos: Christoph Thorwartl 

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.