BROOKE FRASER: „Es sind die kleinen Entscheidungen, die unser Leben beeinflussen“

Mit „Something In The Water“ gelang der gebürtigen Neuseeländerin vor wenigen Jahren auch hierzulande ein richtiger Hit. Jetzt hat der popkulturelle Wandel auch bei Brooke Fraser Einzug gehalten. Für ihr neues Album „Brutal Romantic“ hat die 31-Jährige neue Wege eingeschlagen und Bewährtes mehr oder weniger über Bord geworfen. Elektronische, düstere Tone pulsieren und geben den Ton an, kreuzen sich jedoch mit eingängigen Pop-Elementen und intelligenten Texten.

Fraser ist ein Wagnis eingegangen, liebliche Folk-Gitarren gegen funkelnden Sounds aus dem Computer einzutauschen. Das Resultat ist, bei aller Skepsis, hervorragend. Ein Interview über erste Eindrücke, Romantik und Social Media.

subtext.at: Brooke, zuallererst ein Lob an dieser Stelle für dein neues und auch ungewöhnliches Album „Brutal Romantic“.
Brooke Fraser: Danke sehr.

subtext.at: Stand im Vorhinein fest, dass du deinen Stil ändern möchtest oder wie du dich diesmal ausdrücken willst?
Brooke Fraser: Ich wollte mich einfach weiterentwickeln, mich als Texterin, Künstlerin und Produzentin vorantreiben. Mit diesem Album wollte ich mehr denn je sehen, zu welchen Dingen ich in der Lage bin, zu was ich fähig bin. Dieser Weg war für mich sehr kurvenreich, sagen wir so. Das Ergebnis ist anders ausgefallen, mehr noch, als ich es mir im Vorhinein überhaupt gedacht habe. Es hat mich selbst verblüfft.

subtext.at: Als ich das erste Mal die Single „Psychosocial“ von dir gehört habe, war ich erstaunt und erfreut zugleich. Diese düstere, elektronische Seite kannte ich von dir noch nicht. Ich dachte mir: „DAS ist Brooke Fraser?!“
Brooke Fraser: (lacht).

subtext.at: Kannst du dich erinnern, wie es war, als du das neue Material deiner Plattenfirma vorgestellt hast? Wie haben sie reagiert?
Brooke Fraser: Sie waren begeistert. Ich bin auch in der glücklichen Lage, dass ich mit Personen zusammenarbeite und Leute hinter mir habe, die meine Vision als Künstlerin unterstützen. Da kann ich mich wirklich glücklich schätzen. In der Vergangenheit habe ich einige Entscheidungen getroffen, damit es so ist, wie es ist. Ich war nie der Sklave einer Plattenfirma. Ich tue das, was mich als Künstlerin leitet. Bei diesem Vorhaben unterstützen sie mich.

subtext.at: Was denkt du über erste Eindrücke generell? Sind sie so wichtig, wie allerseits stets behauptet wird?
Brooke Fraser: (überlegt) Ich bin mir nicht sicher. Ein erster Eindruck hinterlässt stets einen Geschmack in den Mündern der Leute, aber es ist gefährlich, da einfach aufzuhören. Es ist wichtig, weiterzuforschen, tiefer zu graben und nach mehr Ausschau zu halten. Das lohnt sich mehr.

subtext.at: Lässt sich ein Buch nach dem Titelbild beurteilen? Können wir Brooke Fraser nach dem „Brutal Romantic“-Cover gut einschätzen?
Brooke Fraser: Ich hoffe nicht, nein (lacht)! Das ist ja auch bewusst so gewählt von mir, dass es nicht sofort ersichtlich ist, um welche Art von Musik es sich handelt.

cover

subtext.at: Dann die Sache mit der Romantik, den Beziehungen und Sprichwörtern wie „Love is all you need“ – bist du eine hoffnungslose Romantikerin?
Brooke Fraser: (lacht) Ich weiß gar nicht, ob ich eine Romantikerin bin. (überlegt) Ich bin wohl mehr der idealistische Typ, eine Idealistin, was eh irgendwie ähnlich ist. Ich versuche, die Leute in bestimmten Situationen im besten Licht zu sehen. Da kommt die romantische Ader in mir zum Vorschein, weil ich die Leute manchmal durch eine rosarote Brille betrachte. Ich neige schon dazu, Dinge zu typisieren und zu analysieren. Von all den Liebesdingen bin ich natürlich auch nicht gefeilt, da bin ich wie jede andere Person auch.

subtext.at: Werden diese Ding für einen schwieriger, je älter man wird?
Brooke Fraser: Ich hoffe, dass sie einfacher werden! Du wirst reifer, erwachsener und lernst mehr über dich selbst und die Leute in deiner Umgebung. Du lernst, was Großmut ausmacht, was es heißt, zu vergeben und was eine liebenswürdige Personen überhaupt ausmacht.

subtext.at: Ich habe den Eindruck, dass viele Paare gar nicht miteinander reden, was sie persönlich romantisch finden und was nicht.
Brooke Fraser: Ich habe das Glück, dass ich mit einem Typen verheiratet bin, der ausgezeichnet kommunizieren kann. Mein Mann redet sogar mehr als ich, was schon etwas heißen will (lacht)! Er wuchs mit seiner Mutter und seiner Schwester auf, von dem her ist er es gewohnt, zu reden. Bei vielen Männern ist das ja nicht der Fall. Wir sprechen einfach über alles, was uns gerade bewegt, welche Gedanken wir pflegen, unsere Träume, solche Dinge. Was das anbelangt, haben wir eine ziemlich gute Balance in unserer Ehe.

subtext.at: Was denkst du über Dating-Apps wie Tinder? Ist es heutzutage überhaupt noch nötig, romantisch zu sein?
Brooke Fraser: Ich weiß nicht. (überlegt) Ich bin ja auch noch jung, aber wenn ich manchmal beobachte, wie die jüngeren Leute miteinander über diese Social Media-Kanäle interagieren und in Kontakt treten, dann frage ich mich schon, was das alles soll (lacht). Ich kann es manchmal nicht glauben. Junge Leute müssten gut überlegt an diese Sachen herangehen, weil sie herausfinden müssen, was wirklich wichtig und was echt ist. Es gibt so viel Raum heutzutage, um eine Illusion zu gestalten. Alles lässt sich vorführen und der Öffentlichkeit präsentieren, was nicht zwingend mit der Realität zu tun haben muss. (überlegt) Für Künstler sind Social Media-Plattformen essentiell, ich schließe mich da auch nicht aus. Dennoch möchte ich mir die nötige Skepsis dazu bewahren, den nötigen Weitblick. Ich ziehe eine starke Grenze bei den Dingen, die ich mit der Öffentlichkeit teilen möchte.

subtext.at: Sind es am Ende die kleinen Dinge des Lebens, die zählen?
Brooke Fraser: Klar, definitiv. Es sind die kleinen Entscheidungen, die unser Leben beeinflussen. Die, die wir tagtäglich zu treffen haben.

subtext.at: Was ist das unromantischste romantischste Geschenk, was sich ein Pärchen gegenseitig machen kann?
Brooke Fraser: Oh. Essen vielleicht (lacht)? Einfach simple Dinge, die der andere liebt und mag. Es müssen notwendigerweise nicht immer Blumen oder Schokolade sein. Wie wäre es mit dem Lieblingskaffee aus dem Lieblingsrestaurant? Ich befinde mich derzeit in einer Phase, in der ich viele komische Sachen esse. Mir reicht es schon, wenn mein Ehemann mir einen Apfel in Hälften schneidet und ans Bett bringt. Das ist für mich romantisch, dafür bin ich sehr dankbar (lacht).

subtext.at: Keep it simple – meinst du das?
Brooke Fraser: Ja, genau (lacht).

subtext.at: Wollen Frauen im Jahr 2015 noch einen Mann an ihrer Seite, der sie beschützt?
Brooke Fraser: Das denke ich nicht, obwohl ich hier nicht für jede Frau in jedem Kulturkreis sprechen kann. Meine Generation sucht nach Partnern, nach Kameraden, nicht nach Beschützern.

subtext.at: Wie sollte sich der perfekte Partner überhaupt verhalten?
Brooke Fraser: Das ist jemand, der ein gemeinsames Ziel im Leben mit dir verfolgt. Wenn beide das Gleiche wollen, die Vision teilen, ob das jetzt auf professioneller Basis ist, auf der Ebene einer Beziehung, persönlich oder auch spirituell. Wenn jemand dieselbe Richtung mit dir einschlägt, obwohl es haargenau nicht der gleiche Weg sein muss. Das ist es.

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