SIA: Die DNA eines Hits

Mit Humor und einer Stimmakrobatik, die ihresgleichen sucht, gibt eine Australierin seit einigen Jahren dem Pop die nötige Schärfe zurück. Dabei verteidigen nur wenige erfolgreiche Künstler ihre Privatsphäre so vehement wie Sia Furler. Die Sängerin mit dem Schalk im Nacken und den übergroßen Perücken auf dem Kopf setzt Kontrapunkte. „This Is Acting“ – eine Platte, aufgefächert wie ein Pfau.

Der Volksmund sagt, Geduld wird belohnt. Jeder hat bestimmt schon einmal die Erfahrung gemacht, wie mühselig Selbstkontrolle sein kann. Jahrelang war Sia für andere Acts wie David Guetta, Rihanna, Alicia Keys, Beyoncé oder Adele tätig, schrieb den Leuten die Hits auf den Leib und sorgte durch ihr Mitwirken für hohe Chartplatzierungen. Sie, die scheue Indie-Künstlerin, die sich in den Dienst der Großen stellt. Jetzt, einige Erfolgssingles wie Alben später, steht sie selber im Rampenlicht und hat den Durchbruch geschafft. Der Erfolg, ein zweischneidiges Schwert für Furler, die seit ihrem Triumph maskiert und mit Perücken, die fast ihr ganzes Gesicht verdecken, durch die Gegend rennt und die gut und gern der jungen Tänzerin Maddie Ziegler, dem Model Heidi Klum oder dem Schauspieler Shia LaBeouf die Führung in ihren Videos überlässt. „I sing for love, I sing for me, I shout it out like a bird set free“, heißt es im Opener „Bird Set Free“. Ein freier Vogel verlässt den Käfig und lernt mit dem Rummel umzugehen. Das ist Sia und ihre Art der Doppelbödigkeit.

Die Formel, eingängige Melodie trifft bitteren Text trifft waghalsige Vokalarrangements, behält sie auf „This Is Acting“ bei. Furler, die früher artifizieller war, lässt sich heute gerne zu Pop-Explosionen wie „One Million Bullets“, „Alive“ oder „Move Your Body“ verleiten. Selbst eine Schallschutzmauer dürfte wenig Schutz bieten. Sie trägt ihre durch und durch melancholisch gefärbten Songs mit so viel Energie und Seele vor, dass man ihnen einfach nicht entkommt – auch auf diesem Album.

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Es hat etwas von Subversion, wenn es den Avantgardisten gelingt, ihre Musik ins Mainstream-Epizentrum zu hieven. Sia, die mit Sprach und Kunstbildern ihre Außenseiterrolle erklärt, ist das flächendeckend geglückt. Die Geheimnisbewahrerin bedient irgendwie das Spannungsfeld dazwischen. Eingängig und erfolgreich, ja, anbiedernd und seicht, keineswegs. „This Is Acting“ enthält durchgehend Songs, die ursprünglich für andere Künstler gedacht waren und abgelehnt wurden.

„I’m unstoppable, I’m a Porsche with no brakes, I’m invincible, yes I’ll win every single game, I’m so powerful, I don’t need batteries to play, I’m so confident, I’m unstoppable today“

Furler wird sich in Zukunft eventuell etwas länger bitten lassen, um ihr Material anderen zu überlassen. Der Erfolg gibt ihr Recht.

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