Blonder Engel: Magic-Nerd und Sean Bean-Ultra
Freitagabend, Posthof Linz, restlos ausverkauft: der Blonde Engel begeistert sein Publikum noch immer. Mit seinem Mix aus Kleinkunst und Musik präsentierte er dort sein neuestes Werk, den „Codex Angeli“. Ein Trip von Lederjacken über Hypochonder bis zu Nintendo und Magic-Karten, der den Abend wie im Flug vergehen ließ.
Zunächst mal ein Disclaimer: ganz voreingenommen sind wir was den Blonden Engel betrifft nicht, immerhin hat der Autor dieses Artikel die Oberstufe im selben Klassenzimmer verbracht. Zwölfeinhalb Jahre später steht der Blonde Engel samt neuer Platte „Codex Angeli“ vor ausverkauftem Haus. Neuerdings gibt es sein Werk auch auf Vinyl – haben Kleinkunst-Besucher doch das dem doch mitunter schon gehobene Alter samt dem damit verbundenen Einkommen erreicht. Da mutet es mitunter dann doch skurril an, wenn man über Nintendo64- und Magic The Gathering-Vorlieben musikalisch trällert. Humoristisch hat der Blonde Engel sein Publikum immer noch im Griff. Egal, ob er über Hypochonder in Zeiten des Coronavirus singt, den Lederjackn-Blues performt oder seine grandiose Begleitband, die Hedwig Haselrieder-Combo, die wohl einstudierteste „Quando, Quando“-Version der Welt zum Besten gibt. Weiters wird aufs Korn genommen: die Backstage-Fetische der Künstler („Fünf Schissln Smarties“), die immer wieder an Musiker gerichtete Bitte, schnell was zu spielen („Host dei Klaumpfn eh dabei?“), sowie das städtische Langeweile-Phänomen des „Urban Birding“. Highlight: der 8-Bit-Nintendo-Synthesizer-Ausflug in die Vergangenheit. Außerdem dürfte der gute Herr ein Sean Bean-Ultra sein – wobei wir uns dem nur anschließen können, denn keiner stirbt so oft und schön wie es der Schauspieler tut. Gekonnt inszenierte Zwischenansagen, Interaktion mit dem Publikum samt Improvisation und das wahrhaftige Erscheinen des Engels zum Schluss bieten einen Konzert- und Kabarettabend, der sowohl junge Fans als auch gesetztere SUV-Fahrer begeistert. Und wenn die zumindest mal gehört haben, was Magic The Gathering ist, hat der „Angel“ allein deswegen Applaus verdient. Aber nicht nur deswegen, sondern weil das Programm eine verdammt runde Sache ist. Unsere Empfehlung: anhören!
Fotos: Christoph Thorwartl