Die Königinnen
Ein neuer Musicalthriller über Maria Stuart und Elisabeth I. wurde im Landestheater Linz uraufgeführt. Eine alte Geschichte, die heute genauso relevant ist wie im 16. Jahrhundert. Musik, die für das Orchester komponiert wurde, begleitet die stimmgewaltigen Frauen im Streit um den englischen Thron. Wird die Richtige am Ende die Krone tragen?
Kurz vor der Enthauptung Maria Stuarts kommen die beiden Königinnen ins Gespräch. Kann das Schicksal geändert werden? Wo lagen ihre Fehler? Wir spulen zurück zum Anfang und tauchen ein in die Geschichte der katholischen Schottenkönigin und der protestantischen Königin Englands. Eine Geschichte dominiert von Religion und Politik, Feminismus und Verrat, guten Absichten und misstrauischen Machtträger:innen. Wurden die richtigen Entscheidungen getroffen, oder hätten die Cousinen ein anderes Schicksal erwarten können?
Die Erzählung
Die Geschichte von Maria Stuart und Elisabeth I. wird im Musical auf eine sehr nahbare und moderne Art erzählt. Obwohl sich die Cousinen nie getroffen haben, werfen sie gemeinsam einen Blick auf ihr Leben. Dabei erfährt das Publikum mehr über die Hürden der mächtigen Frauen. Eine Königin muss die richtigen Entscheidungen treffen. Eine Königin muss einen (hoffentlich männlichen) Nachfahren gebären. Eine Königin muss heiraten. Eine Königin muss sich für die eine richtige Religion entscheiden. Eine Königin muss gefallen – und zwar jedem, jederzeit. Nicht so einfach für die beiden Oberhäupter. Und durch die Intrigen ihrer männlichen Gefährten wird das Leben für die beiden Frauen nur noch schwerer. So schwer, dass am Ende die eine den Kopf der anderen will, um ihr Land zu schützen.
vom 16. ins 21. Jahrhundert
Das Stück spricht während den drei Stunden Spielzeit Themen an, die die Geschichte der Königinnen auch im 21. Jahrhundert relevant machen. Machtspiele, Intrigen und der ewige Streit der Religionen sind zentrale Themen des Stücks. Auch das Thema des Feminismus begleitet uns im Musical. Während in Schottland und England eine Frau Königin sein darf, muss Maria nach dem Tod ihres Mannes die französische Krone abgeben. Elisabeth hingegen weigert sich zu heiraten und Kinder zu gebären, was im 16. Jahrhundert von einer Königin erwartet wird. (und wahrscheinlich auch von deiner Oma – du bist schon 30, Johanna, wie lange willst du denn noch warten?). Das Lied „Das monströse Regiment“, widmet sich voll und ganz der toxischen Maskulinität, wobei die Mitglieder des protestantischen Parlaments rund um die katholische Maria Stewart versuchen, der Frau ihre Macht zu entreißen.
Die Darsteller:innen
Linz hat eine neue Königin! Neben dem bereits bekannten Publikumsliebling Daniela Dett beweist sich die neue Hauptdarstellerin des Linzer Landestheaters Alexandra-Yoana Alexandrova als stimmgewalte Maria Stewart. Die beiden Frauen beeindrucken während dem ganzen Musical vor allem mit Facettenreichtum. Nicht nur in den authentisch dargestellten Emotionen, sondern auch im Gesang. Die Frauen stehlen den Männern im Stück wortwörtlich die Show. Darsteller wie Christian Fröhlich, Max Niemeyer oder Karsten Kenzel bekommen ihre Time to Shine. Besonders beeindruckend ist auch Gernot Romic als Earl von Moray während der Gerichtsverhandlung oder Lucius Wolter als untreuer und habgieriger Lord Darnley. Lukas Sandmann, ein bekanntes Ensemblemitglied des Linzer Landestheaters zeigt in seinen 3(!) Rollen ebenso Wandelbarkeit und schauspielerisches sowie stimmliches Talent. Das gesamte Ensemble beweist im Musical, dass sie nicht ohne Grund auf der Bühne stehen und sind der gewaltigen musikalischen Herausforderung des Stücks gewachsen.
Die Inszenierung
Das Musical ist vor allem von der Musik und dem Gesang geprägt. Wer eine Choreografie wie in Moulin Rouge oder 42nd Street erwartet, ist hier falsch. Die kurzen choreografischen Snippets passen jedoch zur Gestaltung des Musicals und funktionieren eher als Gesamtbild anstatt als tänzerischer Meisterleistung. Die Inszenierung durch die Choreografie verspricht ansprechende Bühnenbilder und einen Genuss für das Auge des Betrachters.
Das Bühnenbild übersetzt die schroffe Landschaft Schottlands und Englands gelungen in eine multidimensionale, dunkle Welt. Das Bühnenbild erwacht zum Leben durch die Schauspieler, die das Bild beleben, verschieben und nutzen, so wie sie es in der Szene brauchen. Auch hier besticht die Wandelbarkeit des Bühnenbilds und macht den Zuschauer neugierig auf eine weitere Transformation. Unterstützend dabei war die gelungene Lichtkomposition.
Die Kostüme im Stück passen ins Konzept und fügen sich in die dunkle Umgebung ein. Lediglich die beiden Königinnen stechen mit ihren prunkvollen Kleidern in silber und gold manchmal aus der Masse. Lobend muss man auch die Perrücken erwähnen.
Einzig die Lautstärke des Orchesters wurde bei der Uraufführung nicht so gut getroffen. Teilweise übertönt die Musik den Gesang der Darsteller:innen und zwingt mich am Bildschirm mitzulesen.
Fazit
Ein Stück, das kontemporäre Themen auffasst und während den drei Stunden kein einziges Mal zu langatmig inszeniert ist. Thomas Zaufke und Henry Mason verpacken den Geschichtsunterricht in ein spannendes Feuerwerk. Wie gerne würde ich die beiden Damen während eines FaceTime Anrufs ihre Missverständnisse ausbügeln lassen. Was wäre passiert, wenn das erste geplante Treffen der beiden Frauen wirklich zustande gekommen wäre? Leider sind die Schicksale der beiden Königinnen bereits geschrieben. Für mich ist das Musical „Die Königinnen“ ein beeindruckendes, musikalisches und szenisch ausgefeiltes Meisterwerk. Das Team des Linzer Landestheaters hat sich definitiv behauptet (nicht wie Maria, die am Ende enthauptet wird). Mich würde es nicht wundern, wenn das Musical und das Team damit einige Preise einheimsen. Liebe Theaterliebhaber, und die, die es noch werden wollen: Geht hin! Tickets gibt es noch auf der Homepage des Linzer Landestheaters. Wenn Geschichtsunterricht doch immer so spannend wäre…