Catastrophe & Cure: wieder da mit In The Wind
In The Wind heißt das neue Album der österreichischen Indie-Rock-Band Catastrophe & Cure. Ein Album, das roh klingt. Gitarrenlastig, aber so, wie man es von ihnen gewohnt ist. Und das Format „Album“ in den Vordergrund stellt.
Es gibt im Beschreiben von Musik ja immer Floskeln, um verschiedene Musikstile zu umschreiben. „Ungeschliffen“ ist eine davon und wird gerne inflationär verwendet. Selten ist aber der Begriff so angebracht wie bei Catastrophe & Cure. Das österreichische Quintett mit Ursprung in Steyr, veröffentlicht mit In The Wind ihr viertes Album. Indie-Rock mit Fokus auf Gitarren, ohne Schnörkel, technisch ausgefeilt. Der Hörer bekommt hier, was er von Catastrophe & Cure erwartet: ein Indie-Album der guten Sorte. Ein Gespäch.
subtext.at: Ich habe mir vorhin das Album „In The Wind“ nochmal angehört – für mich klingt das ein bisschen so, als ob ihr wieder dort angekommen seid, wo ihr 2012 begonnen habt. Würdest du zustimmen, dass das Album wieder ein bisschen nach „Back to the roots“ klingt?
Johannes Eder: Ich weiß nicht genau, wie es eben unserem Debut „Like Crazy Doves“ klingt. Vielleicht klingen sie auch etwas unterschiedlich – aber du hast natürlich recht. Es ist eine Rückbesinnung auf das gitarrenbetriebene und gitarrenlastige Songwriting.
subtext.at: Bleiben wir gleich bei gitarrenlastigem Songwriting. War das etwas, wo ihr zu fünft als Band wieder hin wolltet, auch im Vergleich etwa zu „Undeniable, Unresistable“, das doch etwas anders klang?
Johannes Eder: Es ist nicht unbedingt so, dass wir uns vorher hinsetzen und wir uns ausmachen, wie es klingen soll. Das sind eher Entscheidungen, die auf der „Reise“ entstehen. Ich glaube, dass wir den Weg schon ein bisschen mit Somewhere Down The Line eingeschlagen haben. Zumindest mit einigen Songs. Dann auch mit den Singles Cracks in The Pavement und Not Me Not Now.
Deswegen war es uns auch wichtig, dass wir die Songs auch auf die Platte mitnehmen, auch wenn es Bonustracks sind. Es war etwas schwer, sie aufs Album mit reinzubringen, aber es war uns schon wichtig, dass auch die Songs Platz auf einem physischen Tonträger finden. Das ist so entstanden – war aber auch ein Weg, der sich abgezeichnet hat. Der gitarrengetriebene Indie/Alternative-Song, oder wie auch immer man ihn bezeichnen möchte, ist ja auch eine Art Sprache.
subtext.at: Es gibt die von dir angesprochenen Bonustracks, die jetzt aber auch auf Platte kommen. Etwas provokant gefragt: Ich habe den Eindruck, dass ich von Catastrophe & Cure so alle zwei Jahre ein neues Album mitkriege, und dazwischen auch weniger. Würdet ihr sagen, dass ihr eine Band seid, die vom „Format“ Album lebt?
Johannes Eder: (überlegt) Ja, ich glaube eigentlich schon. Das Format Album ist eines, das uns auch anspricht. Idealerweise ist ein Album auch mehr als die Summe aller Songs, die auf dieser Platte drauf sind. Wenn das funktioniert, profitiert auch jeder Song davon, Teil des Albums zu sein. Auch bei In The Wind war es uns wichtig, die Zuhörer:innen auf eine Reise mitzunehmen.
Das funktioniert über ein Album ganz gut. Deswegen gibt es auch zwei Instrumental-Tracks auf der Platte. Die können einen entweder aus der Bahn werfen oder aber auch eine Verschnaufpause bieten. Auch dass so ein Album einen roten Faden hat und eine soundmäßige und thematische Klammer hat, ist für uns wichtig. Aber nicht so, dass wir das vorher wissen – aber es stellt sich im Prozess und danach schon immer heraus, dass es diese Klammer gibt.
subtext.at: Die Bandmitglieder von Catastrophe & Cure sind auch abseits der Band in Projekten aktiv, die man soundtechnisch vielleicht nicht gleich euch zuordnen würde. Wie funktioniert das, euch zu fünft wiederzutreffen und die angesprochene „Klammer“ auch wieder hinzukriegen?
Johannes Eder: Es ist bei uns bei den meisten Songs so, dass ich zu Hause mit der Gitarre sie zu schreiben beginne. Da kristallisiert sich für mich schnell eine grobe Vorstellung und Idee heraus, wohin die Reise geht. Das arbeite ich aus, und dann schauen wir uns das gemeinsam an. Bei In The Wind war es etwas anders als zuvor. Wir sind lange Zeit jeden Sonntag im Proberaum gestanden – mittlerweile sind wir auch schon Mitte 30 und haben auch andere Verpflichtungen und Projekte. Oder auch andere Interessen.
Und dann stellt sich natürlich die Frage, wie man das unter einen Hut bringt. Das Schöne ist aber, dass es trotzdem funktioniert. Ich hab hier zu Hause im Homestudio zu recorden begonnen, das dann ausgeschickt, und dann hat jemand anderer etwas dazu eingespielt. Dann haben wir uns zwischendurch wieder getroffen – aber halt nicht jeden Sonntag.
Ein Album, mehr als die Summe der Songs
subtext.at: Das Album ist also „mehr als die Summe der einzelnen Songs“ – bei Songs wie Like A River oder Worn Out And Faded sind auch musikalische Unterschiede zu hören. Was ist für dich dann der rote Faden bei In The Wind?
Johannes Eder: Der musikalische rote Faden ist sicher das Gitarrengetriebene. Und es sind unterschiedliche Spielarten des Indie/Alternative-Songs. Bei Worn Out And Faded ist es sicher etwas mehr in Richtung Dream Pop, Kick the Habit hat etwas Shoegaziges an sich – das franst vielleicht in die eine oder andere Richtung aus, ist im Kern aber immer gitarrengetrieben.
subtext.at: Wenn ich mit Freunden rede, die euch als Band noch nicht kennen, dann höre ich sehr oft, dass ihr nicht „österreichsich“ klingt. Meine Antwort darauf ist oft, dass ihr die „internationalste österreichische Band seid, die ich kenne“ – würdest du dem zustimmen, dass das auch der Anspruch war, sich musikalisch international zu orientieren?
Johannes Eder: Ja, das ist bei uns auch einfach so entstanden. Wir sind musikalisch sozialisiert worden mit Bands wie den Pixies, R.E.M., Radiohead und dergleichen. Und sie immer noch hören. Bei mir ist es auch etwa 20 Jahre her, seit ich die erste Gitarre gekriegt habe, und das war immer der erste Bezugspunkt für mich zum Musikmachen.
subtext.at: Nach etwas mehr als einem Jahrzehnt Bandgeschichte – hat sich auch euer Zugang zum Musikmachen verändert, abgesehen von den erwähnten anderen Verpflichtungen?
Johannes Eder: Der Zugang zum Songwriting an sich vielleicht nicht unbedingt, das ist sehr ähnlich geblieben. Ich sitze da, greife zur Gitarre, und dann kommt die eine oder andere Textzeile einfach. Was sich natürlich geändert hat, sind die Rahmenbedingungen. Da haben wir eine gewisse Flexibilität entwickelt, damit sich Catastrophe & Cure und andere Verpflichtungen ausgehen. Und manchmal ist es nicht schlecht, einen Sonntag auch mal verschnaufen zu können (lacht).
subtext.at: Die Platte ist fertig und veröffentlicht und im Mai live präsentiert. Wie schafft ihr es, das live in ein „normales“ Set zu integrieren, grade wenn man nicht jeden Sonntag proben kann?
Johannes Eder: Die Live-Umsetzung macht natürlich total Spaß, ist aber auch eine Herausforderung. Einfach, weil der Zugang zu den Songs nochmals neu ist. Das Gute ist, dass wir an Erfahrung gewonnen haben über die Jahre, und wir haben einen großen Fundus an Songs zum Auswählen. Natürlich bleiben viele ältere Songs im Set, die wir schon total oft gespielt haben. Das geht dann natürlich leichter. Das Album und einzelne Songs auszuchecken für ein Live-Set, ist immer wieder spannend. Weil es auch Songs gibt, die super easy funktionieren, und andere, wo man sich schwertut, ihn on point live spielen zu können.
subtext.at: In Linz präsentiert ihr am 23.5. die neue Platte gemeinsam mit Hearts Hearts in der Stadtwerkstatt. Hat sich der Zugang von Bands zum Publikum für euch verändert, auch im Laufe der Jahre?
Johannes Eder: Bei uns ehrlicherweise nicht so sehr. Bei uns ist das Entscheidende immer noch die Begeisterung fürs Songwriting und die Faszination für ein „Album“. Die ganzen Änderungen, die sich etwa durch Streaming ergaben, haben sich bei uns nicht so niedergeschlagen. Das ist aber für jede Band sicher anders – manche haben ihre Zugänge adaptiert, manche weniger. Bei uns ist das eher konstant geblieben, zumindest die Begeisterung für den Song an sich und das Album im Besonderen.
subtext.at: Also puristischer im Vergleich zu anderen Bands vielleicht?
Johannes Eder: Vielleicht. Wenn es um den Kreativprozess geht, dann schon. Wenn es aber um Organisatorisches rundherum geht, müssen wir eben die Flexibilität an den Tag legen. Das ist auch entscheidend dafür, dass wir als Band gemeinsam 15 Jahre Musik machen können. Im Gegensatz zu anderen Bands, wo mit Ende 20 nach drei Alben die Luft heraußen ist. Wo natürlich immer die Frage auftaucht, wie man auf die geänderten Lebensumstände reagiert.
subtext.at: Bis auf einen Besetzungswechsel seid ihr ja auch unverändert geblieben. Wie einfach war es für euch, die Kontinuität zu bewahren?
Johannes Eder: Ich finde es sehr schön und bereichernd, dass wir so eine lange Geschichte haben. Daraus kann man schöpfen. Gleichzeitig ist es klar über so lange Zeit, dass sich manch Ballast anstaut. Und da kommt es dann darauf an, wie man damit umgeht. Für uns war das Entscheidende, dass bei diesem Album es nicht „auf Zwang“ passiert ist. Und sich jeder so weit einbrachte, wie er wollte und er die Kapazitäten hatte.
Das ist natürlich auch unterschiedlich, hilft aber, wenn man dabei nicht stur bleibt und an einem Modus festzuhalten, nur weil der in der Vergangenheit mal funktionierte. Bei uns sind Songs entstanden, die wir auch zu Ende bringen wollten – auch mit dem Ziel des neuen Albums und dem Ziel, das live präsentieren zu können. Wir fünf auf der Bühne ist immer noch die volle Catastrophe & Cure-Experience, wenn man so will. Und es macht immer noch verdammt viel Spaß.
Catastrophe & Cure – in the wind
VÖ: 25.04.2025, CD/Vinyl/Digital
Blank Spots Records
22/05/2025 – Wien, Arena
23/05/2025 – Linz, Stadtwerkstatt
24/05/2025 – Salzburg, ARGEkultur
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