Lido Sounds 2025: dominiert von SoundCloud und Gen Z
Die Zukunft des Lido Sounds ist weiter ungewiss. Der letzte Tag der dritten Ausgabe des Festivals war dominiert von Soundcloud, Gen Z und Deutschrap. Bei brütender Hitze sorgten unter anderem RAF Camora, Ski Aggu und Badmómzjay für Stimmung.
Das Lido Sounds 2025 ging mit einem Auftritt von RAF Camora zu Ende – einem Headliner, der trotz Playback die Massen anzog. Im Anschluss stellten wir den Mitarbeitenden des Veranstalters die zentrale Frage: Wird es eine Fortsetzung geben? Nach drei Jahren Lido Sounds und einer diesjährigen Reduzierung auf nur eine Bühne waren Zweifel angebracht – auch das Line-up wurde im Vorfeld kritisch diskutiert. Doch hinter den Kulissen gab man sich vorsichtig optimistisch. Inhaltlich bot das Festival wie gewohnt eine spannende Mischung. Von spannenden Newcomern wie Kasi, der mit Indiepop und Deutschrap überzeugt, über Badmómzjay, die trotz Fußverletzung eine starke Show hinlegte, bis zu Ski Aggu, der mit seiner ironisch-überdrehten Performance das Publikum begeisterte. Auch Kreiml & Samurai sorgten für Stimmung und füllten die Frontstage trotz Hitze mit ihrem stabilen Dialektrap.
Sovie
Den letzten Festivaltag bei mehr als brütender Mittagshitze durfte Sovie eröffnen. Die Künstlerin hatte sich in einem Lido-Sounds-Contest durchgesetzt und dabei den Opening Slot am Sonntag ergattert. Warum das im Kontext des restlichen Line-ups so ist, wurde schnell deutlich: musikalisch passt das sehr gut dazu. Zeitgenössischer Pop mit Inhalt, Emotion und persönlicher Perspektive. Was dann auch bei Songs wie Rote Wolken deutlich wird, dazu gabs neues Material und einen Ausblick aufs kommende Debütalbum. Schöner „Frühschoppen“, den Sovie da veranstaltet hatte, und die angesichts der frühen Uhrzeit und Temperatur doch schon ansehnlich vorhandene Crowd vor der Stage war durchaus enthusiasmiert.
Dani Lia
Genauso heiß war es dann auch beim Auftritt von Dani Lia. Die Künstlerin lebt in Berlin, hat ihre Wurzeln aber auch in der Alpenrepublik Österreich. Dementsprechend wenige Berührungsängste gab es auch am Lido Sounds – so konnte man die Künstlerin nach ihrem Auftritt noch beim intensiven Smalltalk mit Fans beobachten. Das Konzert selbst? Energiegeladen, samt neuen Songs und passend für den Sonntagmittag. Der Sound einer neuen (jungen) Generation, die auch mittags bei 35 Grad vor der Bühne tanzt. Stabiler Auftritt!
Paul wetz
Das Konzert von Paul Wetz fand in der brütenden Mittagshitze statt, was sich leider auch in der Besucherzahl widerspiegelte – nur wenige wagten sich vor die Bühne. Wetz präsentierte seine stark elektronisch geprägte Popmusik mit viel Energie und technischer Präzision. Auch wenn sein Sound nicht ganz meinem persönlichen Musikgeschmack entspricht, war die Performance professionell und durchdacht. Die Mischung aus elektronischen Beats, ruhigen Vocals und melancholischen Melodien kam beim anwesenden Publikum gut an. Insgesamt ein solider Auftritt, der wahrscheinlich in einer anderen Tageszeit und mit mehr Zuschauern noch besser zur Geltung gekommen wäre.
Kasi
Der junge deutsche Künstler, der während der Pandemie unter anderem über TikTok seinen Durchbruch schaffte, verbindet gekonnt Indiepop mit Deutschrap und trifft damit genau den Nerv der Zeit. Mit Songs wie Immatrikuliert oder Vielleicht in einem Jahr hat er sich längst in unsere Playlists gespielt – und mit seiner neuen Single 25 Grad, einem echten Sommerhit, legt er noch einen drauf. Live überzeugte Kasi mit ehrlicher Bühnenpräsenz, charismatischem Auftreten und musikalischer Präzision. Unterstützt wird er dabei von seinem Produzenten Antonius, der den Sound perfekt auf Kasis (Sprech-)Gesang zuschneidet. Trotz großer Hitze und leider nur mäßig gefüllter Fläche zeigte Kasi, was er kann – und hätte definitiv ein größeres Publikum verdient. Ein Künstler mit Zukunft, der beweist, dass Deutschrap und Pop kein Widerspruch sein müssen. Sondern genau die Mischung, nach der viele gerade suchen.
Kreiml & Samurai
Bis zu ihrem Auftritt war das Line-up eher von ruhigeren Tönen geprägt – dann kamen Kreiml & Samurai und brachten frischen Schwung auf die Bühne. Wie eine Art Haudegen des Dialektrap lieferten sie einen gewohnt stabilen Auftritt ab, mit bissigen Texten, satten Beats und viel Humor. Trotz der Hitze füllte sich die Frontstage spürbar und blieb bis zum Abend gut besucht. Die beiden Wiener Rapper zeigten, warum sie in der Szene etabliert sind: souverän, energiegeladen und mit direktem Draht zum Publikum. Ein Highlight für Fans von ehrlichem, handgemachtem Rap mit Haltung – laut, ehrlich und ohne Schnickschnack.
Badmomzjay
Zu unserer Schande war uns Badmómzjay vor dem Konzert völlig unbekannt. Noch vor ihrem Auftritt rätselten wir über die korrekte Aussprache ihres Namens – besonders das auffällige ó, das man eher aus dem Ungarischen kennt, sorgte für Diskussionen. Später wurden wir aufgeklärt: Es heißt schlicht bad-mom-z-jay. Umso überraschter waren wir dann vom Konzert selbst. Die junge Rapperin lieferte eine unglaublich starke Performance ab, die selbst bei der drückenden Hitze keine Wünsche offenließ. Trotz einer Fußverletzung trat sie in Socken auf – was ihre Coolness nur noch unterstrich. Besonders beeindruckend: kein Playback, alles live gerappt, mit voller Energie und Präsenz. Ihre Texte, ihre Ausstrahlung und ihr Umgang mit dem Publikum wirkten souverän und selbstbewusst. Es war eine dynamische Show, die deutlich machte, warum sie aktuell so gefragt ist. Dass sie uns bislang entgangen war, können wir uns nach diesem Auftritt kaum noch erklären. Badmómzjay ist gekommen, um zu bleiben.
Ski Aggu
Mit Ski Aggu stand der nächste Künstler auf der Bühne, der während der Pandemie mit dem Musikmachen begann und seither einen kometenhaften Aufstieg hingelegt hat. Gerade erst von einer US-Tour zurück – gemeinsam mit seiner kongenialen Bühnenpartnerin Ikkimel – lieferte er eine Show, die man so schnell nicht vergisst. Skurril, überdreht und voller ironischer Zitate: zerschlagene Piñatas, ins Publikum geworfener Merch und eine überzeichnete Bühnenperformance, die sich bewusst an sämtlichen Konzertklischees bedient. Seine Songs wie Friesenjung oder Party Sahne sind im Grunde Ballermann-Tracks – aber eben für ein junges, alternatives Publikum mit Sinn für Humor und Selbstironie. Ski Aggu ist sicher nicht für jeden etwas, doch wer seinen Stil mag, bekommt live eine Show geliefert, die laut, wild und herrlich übertrieben ist. Ich lieb’s – und das Publikum offensichtlich auch.
RAF Camora
Was soll man zu RAF Camora noch sagen? Der aktuell erfolgreichste Musiker Österreichs bricht mit jeder Albumveröffentlichung neue Rekorde und ist aus der deutschsprachigen Musikszene nicht mehr wegzudenken. Seine Bühnenshow wirkte dabei teilweise eher wie eine Hochglanz-Werbekampagne für eine bekannte Automarke – man fühlte sich fast wie bei einem Ski-Weltcup-Rennen. Persönlich bin ich kein großer Fan seiner Musik, und das will ich auch nicht verschweigen. Seine Songs empfinde ich subjektiv als eher monoton, was live zusätzlich durch den häufigen Einsatz von Playback verstärkt wurde. Gerade dieser Aspekt störte mich mehrfach und nahm der Show etwas von ihrer Authentizität. Dennoch: was den Zuschauerandrang betrifft, war RAF Camora definitiv ein würdiger Headliner für ein Festival dieses Formats. Die Menge war begeistert und die Stimmung auf dem Höhepunkt – für mich persönlich blieb seine Performance jedoch hinter den Erwartungen zurück.
Fazit
Nachdem mit RAF Camora der letzte Act die Bühne verlassen hatte, kamen wir mit einigen Mitarbeitenden von Lido Sounds-Veranstalter Arcadia ins Gespräch – und natürlich stellten wir die Frage aller Fragen: Wird es eine Fortsetzung des Festivals geben oder war dies die vorerst letzte Ausgabe? Seit drei Jahren findet das Lido Sounds nun statt, doch in diesem Jahr stand einiges zur Diskussion. Vor allem das verkleinerte Line-up sowie die Reduzierung auf nur eine Bühne sorgten für gemischte Reaktionen. Auch der Preisverfall auf Weiterverkaufsplattformen zeigte, dass das Interesse im Vorfeld nicht ganz so hoch war wie in den Jahren zuvor. Dennoch zeigten sich die Mitarbeitenden des Veranstalters vorsichtig optimistisch. Das Urfahraner Marktgelände sei zumindest für das kommende Jahr bereits wieder reserviert – ein gutes Zeichen. Ob und wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Klar ist: Das Lido Sounds hat Potenzial, braucht aber neue Impulse, um langfristig bestehen zu können.
Foto: Christoph Leeb
Text: Raphael Magauer