Gusenside: ein Feuerwehrfest der musikalisch gelungenen Art

Es gibt wenige Sachen, die in mir ein solch großes Unbehagen verursachen, wie Feuerwehrfeste. Ein Haufen Betrunkener, eher schlechte als gute Cover-Bands, und DJ-Playlists, wo mir der Tinnitus lieber ist als der eigentliche Song.“ Das war der Einleitungstext, den ich letztes Jahr zum Gusenside in Trosselsdorf bei Neumarkt im Mühlkreis geschrieben habe. Gott sei Dank gibt es Feuerwehrfeste, die obige Eigenschaften nicht ihr Eigen nennen müssen.

Folkshilfe, BlechSalat, Nolunta’s sowie Jackson Cooper. Ja, das Lineup auf der fünften Ausgabe des Gusenside im mühlviertlerischen Neumarkt bot so einige Gründe, den Freitagabend am Land zu verbringen. Einem gelungenen Fest stand also auch nichts mehr im Wege, als Jackson Cooper um halb neun Uhr abends Open Air den musikalischen Reigen eröffnete. Sollte man meinen: dunkle Wolken zogen auf, der Wind nahm zu – und hatte zur Folge, dass Jackson Cooper nach der Hälfte des Sets seine Lieder im Inneren trällern musste. Ach ja, er war nicht alleine gekommen. Als Verstärkung hatte er seine „Band“ dabei. Eine Ein-Mann-Band quasi, bestand sie doch ausschließlich aus einem Gitarristen. Geboten wurde Bewährtes: eigene Nummern wechselten sich mit bekannten Covers ab. Ein extra Thumbs-Up gibt es aber für das Annenmaykantereit-Cover am Ende: das hörte sich stimmlich dann doch schon ganz gut an.

Mit den Nolunta’s aus Südtirol waren dann Gäste am Start, die im letzten Jahr noch absagen hatten müssen. Geboten wird hier Folk-Pop mit Ziehharmonika und eingängigen Melodien – zumindest das Intro zu „Words“ sorgt spätestens seit letztem Freitag wieder für Dauerohrwürmer. Gerade arbeiten sie an einem neuen Werk – man darf gespannt sein. Ein gelungener Gig einer Band, die nicht nur stimmlich auf der Höhe ist. Wobei, eine Kritik soll erlaubt sein: Timetables sind nicht nur zum Spaß da, und gerade als Nicht-Headliner sollte man nicht nur zu spät beginnen, sondern dann auch gleich sein Set überstrapazieren.

BlechSalat aus Linz sind dann schon fast alte Bekannte. Urban-Brass vom Feinsten – die kleinste Blasmusikkapelle der Welt hatte auch in Trosselsdorf neue Fans gewonnen. Bekannte Klassiker werden hier durch die Blasinstrumente faschiert – und das in einer Art und Weise, dass kein Bein still verharren kann. Die überaus günstig gelegene Bierbar könnte natürlich auch einen kleinen Teil dazu beigetragen haben, dass die Hemmungen im Publikum nach und nach geringer wurden.

Als Headliner hatten sich Folkshilfe – ja, die mit „F“ – angekündigt. Nicht erst seit ihrer „Tour der Regionen“ sind die drei Herren in der österreichischen Musiklandschaft als Fixstern etabliert. Eine EP, ein Album und einen Besetzungswechsel haben sie in ihrer musialishen Karriere hinter sich – von ihrer Livetauglichkeit haben sie nichts eingebüßt. „Seit a poa Tag“, „Karl und Resi“, „Ned Au“ und andere Tracks funktionieren im Mühlviertel nach wie vor gut – wie man auch im vollen Stadl beobachten konnte. Live sicher eine der besten Möglichkeiten, den Feuerfehrfest-Klischees zu entfliehen. Ein gelungener Konzertabend auf einer Veranstaltungsreihe, die Coverbands und Mainstream-Playlists Gott sei Dank nicht mehr nötig hat.

Foto: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.