WALLIS BIRD: Die Schönheit des Innehaltens

Um der Musik von Wallis Bird etwas abzugewinnen, muss man kein neuzeitlicher Hippie sein. Bei ihrem dritten Album möchte die irische Sängerin ihre Emotionalität noch unvermittelter vermitteln und eine Spur größer klingen – allerdings ohne großspurig zu wirken. Dieses Vorhaben gelingt Bird optimal. Sie steht mit beiden Beinen auf dem Boden und ist zu geerdet, um das schleifen zu lassen. Veränderung funktioniert dann am besten, wenn diese ohne Zwang stattfindet.

Ein bisschen abseitig und handwerklich begabt. Laut, aber auch leise. Uneitel, bodenständig und berührend – alles Attribute, die „Wallis Bird“ besitzt. Die kleine Sängerin mit der großen Stimme erfährt auf breiterer Ebene immer mehr Anerkennung. Sie bevorzugt es, viele Ideen anstatt nur einer pro Song umzusetzen und eine Fülle an Instrumenten und Tönen zu verwenden. Viel Gefühl ist vorhanden, eine deutliche Liebe zum Klang ebenfalls. Die Stücke dürfen sich langsam entfalten, wenn es denn notwendig erscheint. Darüber hinaus gibt es Texte, die sich gegenüber simplen Gewissheiten misstrauisch zeigen.

Wallis Bird tritt ihren Zweifeln entschlossen gegenüber. Auf dieser Platte steht geht es darum, eine weltanschauliche Position zu entwickeln, die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung nicht zu verlieren, auch mal in sich hinein zu blicken, zu pausieren, zu reüssieren. Ein Erste Hilfe-Kit, eine gute Ration Herzensgüte und Wohlwollen. „Carry all the pain that keeps you burning, carry it away from your heart, carry it to me and I will take it, take it apart, break it apart“ – ein Album zur Überwindung der Negativität.

Sie versucht auch weiterhin, Strukturen zu sprengen. Was nicht bedeuten soll, dass sie sich dem Popsong-Format verweigert. Ganz im Gegenteil. Mit allerlei Klangquellen, ob akustisch oder digital, wird aufgepolstert, was aufgepolstert gehört. Überladen klingt trotzdem nichts, eilig zusammengewürfelt erst recht nicht. Die Single „Encore“ mit coolen Rumpel-Breaks ist beispielsweise eine Wucht. Oder das reine Fließen in Songs wie „Take Me Home“ oder „Feathered Pocket“. Zart gezupfte Saiten, Schönklang und Harmonie. Herz, was willst du mehr?

Es sind Großstädte wie Berlin, Dublin oder London, die als Inspirationsquellen dienen. Immerzu ist es laut, überall ist es dreckig und Ruhe hat man eh nie. Dem stressigen Alltag möchte man so schnell wie möglich entfliehen. Daraus hat Bird ihre Gedanken & Schlüsse gezogen und ein facettenreiches Album geschaffen, auf dem die selbst in der Singer/Songwriter-Szene selten gewordene soziale Erdung besonders gut zur Geltung kommt.

Links & Webtips:
Wallis Bird im Interview mit subtext.at
wallisbird.com
facebook.com/wallisbird

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