Mezzanine Sommerfrische: fast schon so etwas wie Festival

Österreichischer Shootingstar trifft Wien-Isländische Coproduktion, und das auf einem Bauernhof mitten im Mühlviertel auf einem Konzert – klingt fast nach einem Paradies für Konzertenthusiasten in Zeiten von Corona, Babyelefant und Maskenpflicht. Die lieben Leute vom Mezzanine Club luden am vergangenen Samstag nach St. Ulrich im Mühlkreis ein, um zumindest ein bisschen Open-Air-Festivalfeeling erleben zu können.

Nicht lumpen lassen sich die Veranstalter des Mezzanine Clubs in St. Peter am Wimberg, was das Lineup für ihre „Sommerfrische“ angeht. Neben LaBrassBanda (am 8. August), Folkshilfe (14. August), Cari Cari (15. August) und vielen mehr wurde am vergangenen Samstag am Leitenbergerhof, der sich „in absoulter Ruhelage“ in St. Ulrich im Mühlkreis befindet, vor knapp 300 Konzertbesuchern mit Lou Asril und Oehl so etwas wie Konzertnormalität zelebriert. Neue Normalität, quasi. Mit Sitzplatz, Abstand, Maske sind wir ja schon gewohnt – aber mit kaltem Bier und einem Leberkässemmerl ist dann dann doch etwas erträglicher.

Apropos erträglich: das wäre eine Untertreibung, wenn man die beiden Acts an diesem Abend gehört hat. Zum einen wäre das Lou Asril. Der Sänger mit einer der wohl unverwechselbarsten Stimmen, die wir in den letzten Jahren hören konnten, ist in Oberösterreich bei Weitem kein Unbekannter mehr. Nach dem EP-Debut „Lou Asril“ sollte sein Album eigentlich eh schon relativ bald erscheinen – coronabedingt heißt es auf Österreichisch derzeit „Schaun ma mal, wenn es soweit ist“. Am Mezzanine Sommer Open Air war Lou Asril in reduziertem Set zu Gast – Drums & Bass sind für ein Sitz-Soul-Konzert eher semigeeignet. Dennoch beweist sich der zwanzigjährige Artist einmal mehr aufs Neue. Bekannte Gesichter an den Keys und im Backgroundgesang inklusive, geht es nicht nur stilistisch bedingt vor allem um ein Thema: die Liebe. „I can do what I ever wanna do; I can love who I ever wanna love“ ist das Motto des Sängers, der auch schon Einblicke nicht nur in Album #1, sondern auch auf die Zeit danach schielte. Ehrlich gemeinter, lauter Applaus zeugt von einem sehr guten Konzert eines Artists, von dem man garantiert noch Einiges hören wird.

Oehl hingegen haben ihre Debutplatte „Über Nacht“ bereits veröffentlicht. Das Projekt rund um den Wiener Liedermacher und Namensgeber Ari Oehl und den Isländer Hjörtur Hjörleifsson ist wohl eine der Acts, die man derzeit am fokussiertesten beobachtet. Deutschpop mit Inhalt, und wer im Pressetext schon mit Herbert Grönemeyer und Caspers Aussage „eine Mischung aus Tocotronic und Tame Impala“ mit Vorschusslorbeeren bedacht wird, muss Einiges drauf haben. Eins vorweg: Oehl haben es. Vor allem im Full-Band-Setup mit Harfe, altbekanntem Drummer David Ruhmer in neuem Gewand und einer blendend aufgelegten Band. Vor allem Hjörtur Hjörleiffsson zeigt sich blendend aufgelegt, nicht nur im Imitieren von lokalem Dialekt. Songs wie „Wolken“ und „Keramik“ funktionieren live hervorragend, und auf einmal wird aus einem Sitz- doch noch ein Stehplatzkonzert. Coronagerecht, versteht sich. Auch Oehl hatten in der Quarantäne viel Zeit und gaben schon Ausblick auf die Zeit nach Corona. Der Titeltrack des Albums, „Über Nacht“, ist dann aber live dennoch unser heimlicher Favorit. Mit einem multilingualen Cover von „Book Of Love“ (original von The Magnetic Fields) wird ein Konzert beendet, wo man sich bereits freut, wenn man endlich wieder mal weniger Abstand halten muss. Ein großartiger Gig mit nur einem kleinen Makel: die Setlänge dürfte schon etwas länger sein!

Fotos: Christoph Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.