Brucknerfest 2010 – die erste Halbzeit ist vorbei!

Ein buntes Potpourri aus verschiedensten Musikveranstaltungen wurde bis jetzt vom Brucknerfest geboten – ein paar Highlights gingen schon über die Bühne, allen voran natürlich die Eröffnung mit der klassischen Klangwolke am 12. September.

Eingeleitet wurde das Brucknerfest, bei dem man fast täglich eine Veranstaltung besuchen kann, von der altbewährten Sonntagsrede. Heuer sollte Elfriede Hammerl mit dem Titel „Kevin ist eine Diagnose oder die Angst vor Gleichheit“ über stigmatisierende Vornamen und gesellschaftlichen Folgen der Namensgebung und generell über menschliche Gerechtigkeit referieren. Die Themenwahl scheint wenig überraschend, machte Frau Hammerl in den letzten Jahren immer wieder mit der Kritik an der sozialen Ungleichheit, besonders im Genderbereich, auf sich aufmerksam. Neben der unterhaltsamen und nachdenklich stimmenden Rede fügte sich das berührende Werk des Komponisten Ingo Ingensand gut in den Kontext ein – sein Auftragswerk „Die Bringer Beethovens“ spielte mit Harmonie und intensivierte dadurch ein Sich-Auseinandersetzen und Hinterfragen gesellschaftlicher Normen.

Am Abend folgte ein beeindruckend emotionsgeladener Auftritt des Brucknerorchesters unter Leitung von Dennis Russel Davies. Bruckners bewegende 7. Symphonie entzündete Musiker wie Publikum. Ein würdiger Auftakt mit einem Orchester im Einklang – die Vorzeichen für das heurige Fest könnten nicht besser sein!

Die ganze letzte Woche ging es dann Schlag auf Schlag mit musikalischen Abend- und Tagesprogrammen.
Neben Bruckner-Jazz mit Thomas Mandel und sakralem Musikspaß an der Orgel beschäftigte man sich auch mit politischen und historischen Themen, etwa mit Kunst im Nationalsozialismus. Da Hitler auch ein großer Brucknerfan war und diese Art von Musik dem „Kunstgeschmack“ des „Volkes“ besonders gut in den Kram passte, ist eine kritische Beleuchtung der Zeit im Rahmen des Brucknerfestes mutig und sehr wünschenswert.
Besonders wichtig scheint heuer auch die Zusammenarbeit mit dem Kuddelmuddel und dem Posthof, in denen einige Veranstaltungen über die Bühne fegen werden und schon gefegt sind. Doch das Brucknerhaus selbst lässt es sich nicht nehmen, auch mal weniger „klassisch“ und dafür mehr „anders“ zu wirken, wie man am Beispiel der Seemannsbraut erkennen kann. Der Franzobel’sche Monolog entspricht sicherlich nicht dem Durchschnittsprogramm im Linzer Konzertzentrum.

Die Bandbreite an Veranstaltungen wird sich noch bis 5. Oktober weitertummeln und Bruckner On Air wird unermüdlich dabei sein – bis dahin hat jede/r die Chance selbst zu entscheiden, ob das Fest seinem Titel „klassisch anders“ alle Ehre macht.

Links: bruckneronair.interference.at