Bitte Umsteigen! Festival der Regionen 2011
Umsteigen in Attnang Puchheim, so ist es der Alltag für mehr als 7.000 Reisende. Dort bleiben will keiner. Der Bahnhof scheint das belebte Zentrum der Stadt zu sein, und wurde so auch zum Zentrum des Festival der Regionen. Vom 22. Juni bis 3. Juli widmen sich Projekte und Aktionen dem Thema „Umsteigen“
Von Linz braucht der Zug nach Attnang-Puchheim nicht mal eine halbe Stunde, doch wer mit Auto anreisen will hat es da bereits beschwerlicher. Der Ort ist allgemein nur als Knotenpunkt zwischen Hausruck-, Salzkammergut- und Westbahn bekannt. Nicht mal der Bahnhof hat sonderliche Qualitäten, er wurde Anfang 2011 großteils abgerissen und wartet auf den Neubau.
Das Warten scheint überall im Ort sehr präsent zu sein. Warten auf Besserung, warten auf den Zug, warten auf Veränderung. Das Zentrum rund um den Rathausplatz scheint darauf zu warten, wachgeküsst zu werden. Ob das Festival der Regionen diesen Dornröschenschlaf beenden kann wird sich erst zeigen.
Kulturfolgerinnen unterwegs
Seit 22. Juni sind KünstlerInnen im Ort aktiv und versuchen, die Einwohner mit unterschiedlichen Aktionen, Interventionen und Vorführungen zu wecken. Vergangenen Samstag war davon allerdings nicht viel zu merken. Abgesehen vom multikulturellen Koch-Workshop im „Restaurant Anni“ im adaptieren Zugwagon waren nur vereinzelt Besucher zu sehen. Nur ein paar mutige Linzer KulturfolgerInnen sieht man umherschlender. Man kennt und grüßt sich.
Das nicht nur unbedingt das Wetter schuld ist, bestätigen auch die teilnehmenden KünstlerInnen. Auch an den anderen Tagen schienen die Attnang-PuchheimerInnen weniger interessiert. Erdulden, Aussitzen, Abwarten. Nur den lokalem Kulturvereinen bietet das Festival etwas, das sie schon seit 20 Jahren vermissen. Der fehlende Raum für freie Kunst wird durch eine temporäre Bühne ersetzt.
Nur die Irin Amanda Dunsmore hat mir ihrer Aktion „Other have their heads“ anscheinend den Humor der Bevölkerung getroffen. Sie steckt ihren Kopf in ein Rohr, einen Mistkübel oder eine Hecke und dokumentiert dies auf Fotos und Videos. So simpel wie wirkungsvoll, da macht sogar die ganze Trachtenkapelle mit. Kopf in den Sand, da ist schnell wer dabei.
Im Phoenixsaal, einer architektonischen Zeitkapsel der 70er-Jahre mit akutem DDR-Charme, werden spezielle Umsteige-Seminare angeboten. Ob Religion, politische Einstellung oder Geschlecht, alles kann gewechselt werden. Wer sich auf dieses Experiment einlässt beweist Nervenstärke und wird als neuer Mensch durchs Leben gehen.
Nebenan fotografiert Bernhard Cella BMW-Lenker, Freischwimmer und andere Bevölkerungsgruppen in einer konstruierten Landschaft aus Schwarzweiß-Fototapeten. Auch wenn das Konzept zu „Mademoiselle Nang-Pu“ sich nicht jedem erschließt, das Fotoshooting scheint zumindest Besucher anzulocken.
Das Festival der Regionen 2011 mit dem Titel „Umsteigen“ bietet noch 3. Juli 2011 die Möglichkeit, außergewöhnliche Kunst- und Kulturprojekte abseits der üblichen Wege zu erleben. Die Anreise mit dem Zug ist fast obligat.
Fotos: a_kep