Kreisky: „Es gibt mehrere Ebenen der Beschissenheit“

Wir haben Kreisky in Ottensheim zum Interview getroffen (und natürlich auch fotografiert). „Nur“ der Schlagzeuger stand uns Rede und Antwort zu Themen wie „Scheiße, Schauspieler“, einem abwegigen Gig, der Rettung des Auftritts am Open Air und dem Namensgeber Bruno Kreisky. Doch der hatte einiges zu erzählen.

subtext.at: Willst du dich am Anfang mal kurz vorstellen?

Klaus Mitter: Hallo, ich bin der Klaus von Kreisky. Wir sitzen gerade im Privatwagen vom Herrn Sänger Franz Adrian Wenzl, um den schlimmsten Lärm, der einem auf einem Festival ja zwangsweise immer unterkommt, abzuschirmen, und dieses französische Auto tut jetzt sein Bestes, um das Interview auch in der Transkription möglichst lesbar erscheinen zu lassen. Das heißt wenn die Worte jetzt komisch klingen oder ich verwirrt daher rede, dann habe ich natürlich sehr gescheit dahergeredet, aber es war einfach der Lärm, der eine saubere Transkription nicht zulässt.

subtext.at: Wie würdest du Kreisky beschreiben mit drei Worten?

Klaus: (überlegt) Laut, ungezogen und stolpernd.

Kreisky im Interview mit subtext.at

subtext.at: Ihr habt ein sehr schönes Video veröffentlicht zu „Scheiße, Schauspieler“. Was hat euch denn zu diesem Song inspiriert?

Klaus: Also es gibt unterschiedliche Arten wie wir Musik machen. Manchmal entsteht zuerst gemeinsam im Proberaum die Musik und dann entwickelt der Franz langsam Texte oder würfelt Textbausteine durcheinander. Bei dieser Nummer war es anders. Er hat einen Text geschrieben in einem Durchgang und ist dann damit zur Probe gekommen, hat gesagt er findet ihn eigentlich ganz gut aber er weiß nicht ob man daraus eine Nummer machen kann. Dann hat er den Text vorgelesen und wir haben uns köstlich amüsiert. (…) Und dann war im Nu die Nummer fertig. Obwohl sie noch nicht ganz fertig war, haben wir sie dann ein paar Tage später live gespielt und es hat sich gut angefühlt. Sehr viele Dinge im Album sind relativ spät entstanden, aber wir haben sehr bald gewusst, dass das die Single wird.

subtext.at: Was mich noch interessieren würde: Wie habt ihr die Schauspieler dazu gebracht, dass die da mitmachen?

Klaus: Es war natürlich klar, wenn wir die Nummer haben, dann müssen wir da auch All In gehen. Weil sonst wäre das ja fad. Und ein paar Menschen kennen wir ja persönlich in Wien, wie Manuel Rubey oder Michael Ostrowski. Und die sind ja beide welche, die mit diesem allzu Großen, mit diesem Theater-Idiom nicht so viel am Hut haben und auch mit diesen Künstler-Eigenartigkeiten ihre Probleme haben. Die waren da sofort dabei. Die haben das ja auch bestätigt, dass es auch zwischen Bühnen- und Filmschauspielern noch diesen Unterschied gibt. Dass die Bühnenschauspieler auch privat dieses stärkere und lautere Auftreten haben. Film- und Fernsehschauspieler müssen ja nicht unbedingt nur laut sprechen.

subtext.at: Also der Angriff geht vor allem in Richtung Bühnenschauspieler?

Klaus: In dem Fall ja. Es haben ja hauptsächlich welche die zumindest auch TV machen mitgespielt. Gerade ein Michael Ostrowsky, den man ja aus vielen köstlichen österreichischen Produktionen kennt, war ja selbst ein Quereinsteiger und hat die Szene eigentlich immer gehasst. Der hat dann den Text gelesen und sich gedacht: Ja, Super! Und über die beiden (Ostrowski und Rubey, Anm.) haben wir dann auch genug weitere Kontakte geknüpft…

subtext.at: 3Sat schreibt uber euch, ihr seid die „vielleicht interessanteste, sicher aber die ungewöhnlichste deutschsprachige Rockband der Gegenwart“. Was macht euch denn so ungewöhnlich?

Klaus: Das habe ich mich ehrlich gesagt auch gefragt, als ich den Text gelesen habe. Das kommt ja immer auf den Standpunkt an: Wenn ich mich jetzt mit Avantgarde oder mit wirklich sehr sperriger, wenig formatierter Rockmusik beschäftige, dann ist man nicht so  schnell ungewöhnlich. Wenn ich aber den ganzen Tag nur den komischen Deutschrock höre und dann plötzlich Kreisky dann denke ich mir: Boa, so was schräges hab ich noch nie in meinem Leben gehört. Wir für uns machen halt das Ding, das sich für uns richtig anfühlt. Die bereiten das ja auch für ein Publikum auf, das davon noch nichts gehört hat, das weder mit Rockmusik aus Österreich noch mit uns und unserem Sound etwas zu tun hat. Ihr seid ja selbst ein Medium, ihr kennt ja die Tricks.

subtext.at: Eine Standardfrage, aber ich will sie trotzdem stellen: Woher der Name?

Klaus: Wir waren da so am Überlegen. Es hat ja schon vorher eine Band gegeben namens Gelee Royale vom Martin und dem Franz Adrian Wenzl, wo ich auch schon manchmal Schlagzeug gespielt habe. Daraus ist dann Kreisky entstanden. Und der Gregor ist dann mehr oder weniger dazugecastet worden. Wir haben geschaut dass wir alle beinahe gleich groß sind, und dass wir natürlich auch was spielen können. Jedenfalls wollten wir einen großen Namen, der auch Widersprüchlichkeiten in sich birgt und das ist eben bei Kreisky der Fall. Der steht ja einerseits für die Blütezeit Österreichs, aber es gibt natürlich auch einige dunkle Seiten. Wir wollten diesen Widerspruch, den wir in unserer Musik sehen und auch in den Figuren unserer Stücke. Kreisky war ja auch sehr populär, später aber ein alter Grantler und Sturschädel und er hat sich bei einigen Sachen ja auch massiv in die Nesseln gesetzt. In Österreich gibt es die, die Kreisky lieben und die, die ihn hassen. Und was gibt es besseres für eine Band? Das ist immer noch besser als irgendwo so mittendrin und naja.

subtext.at: Euer neues Album „Trouble“ ist Ende April erschienen. Warum sollten die Leute das kaufen?

Klaus: Erstens weil wir von irgendwas abbeißen müssen, und zweitens weil das Album tatsächlich sehr gut ist. Also wenn man sich für Kreisky-Musik interessiert, dann bekommt man wahrscheinlich die beste Platte bis jetzt.

subtext.at: Was war denn bis jetzt euer beschissenstes Konzert?

Klaus: Es gibt ja mehrere Ebenen der Beschissenheit. Die eine ist quasi technischer Natur, wenn es eigentlich ein super Konzert sein könnte und es versagt irgendwie alles oder die Technik ist so marode, dass man dann… Aber das ist eher selten, es hat eher mit dem Publikum zu tun. Also ich kann mich da an ein Konzert erinnern, das war sicherlich unter den top drei der beschissensten Konzerte. Das war in Vorarlberg, im Hinterland und wir sind hingekommen, am Vortag eine große Party und wir waren körperlich noch nicht fit, und dann sind wir noch so in fünfzig Kehren diesen Berg hinaufgefahren. Dort war aber dann ein wunderbarer Club, neu gebaut, alles vom Feinsten. Alles hat gepasst, und dann sind auch wirklich viele Leute gekommen, wir haben schon gedacht uns kennt da niemand. Nur hat es die nicht interessiert. Die sind aber auch nicht weggegangen, die sind dort in Grüppchen stehen geblieben, und als die Nummer vorbei war, war es so (klatsch) – (klatsch) – (klatsch). Danach sind dann einige gekommen und haben gesagt das hat ihnen voll getaugt. Aber die sind da so im Klüngel gestanden und keiner hat sich vor den anderen Klatschen getraut. Und als Sahnehäubchen ein Ausdruckstänzer in der ersten Reihe, der mit seinen Bewegungen alle anderen noch weiter angestunken hat.

subtext.at: Welche Frage würdest du jetzt noch gerne beantworten?

Klaus: (denkt nach) Wie mir das heutige Konzert gefallen hat.

subtext.at: Wie hat dir das heutige Konzert gefallen?

Klaus: Sehr gut, den Umständen entsprechend. Unser Bassist Gregor Tischberger liegt krank zuhause und wir haben das gestern noch eingefädelt, dass wir mit Lelo Brossmann, der uns schon einmal für ein halbes Jahr ausgeholfen hat, am Vortag schnell das Zeug wieder eingeprobt haben. Auch ein bisschen was vom neuen Album, das er vorher noch nie gespielt hat. Und das ist alles so wunderbar gegangen und so flink und problemlos. Wir waren schon kurz vor der Absage und das wäre sehr traurig für alle Beteiligten gewesen. Das hat uns dann natürlich sehr gefreut, dass das heute doch noch geklappt hat.

Links:

  • Website von Kreisky
  • Video zu „Scheiße, Schauspieler“
  • Fotos vom Ottensheim Open Air

Artikelfotos von earlier.at, Katharina Knott und Michael Straub