Was ist Geld?
Um diese, an sich, einfache Frage befriedigend zu beantworten muss man allerdings etwas weiter ausholen. Um zu erklären was Geld ist muss man erst verstehen wie es mit Schulden zusammenhängt und wie auch Staatsschulden entstehen.Disclaimer: In diesem Text ist mehrmals die Rede vom Staat, gemeint ist damit jedoch jegliche hoheitliche Organisationsform wie Nationalstaat, Staatengemeinschaft (z.B. USA, EU) oder auch ein „Weltstaat“.
Die naheliegende Erklärung „der Staat leiht sich Werte von seinen Bürgern um seine Einnahmen übersteigende Ausgaben zu decken“ stimmt so schon länger nicht mehr. Einerseits ist der Prozentsatz an den Staatsschulden, die von Normalbürgern (z.B. durch privat gezeichnete Staatsanleihen o.Ä.) stammen, verschwindend gering. Andererseits liegt den Krediten von Großbanken keinerlei realer Wert mehr zugrunde. Das Geld selbst haben diese Banken auch schon lange nicht mehr; sie erschaffen einfach neue Schulden ohne nennenswerte Gegenleistung. Und sie korrumpieren seit Beginn der „Finanzkrise“ 2008 alle staatlichen Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung. Die Finanzmittel die die Banken damals erhalten hatten, waren eigentlich zur direkten Weitergabe an die Kunden gedacht, viele nutzten die günstigen Kredite jedoch um ihr Eigenkapital zu erhöhen. Das muss man sich ja erst mal auf der Zunge zergehen lassen: da geben (nach Ansicht der Banken ZU) hoch verschuldete Staaten den Banken Geld dass sie nicht haben, und diese Banken nehmen dieses „Ungeld“ als Sicherheit und geben den Kunden Geld das sie selbst NICHT haben mit dem Verweis auf das Ungeld vom Staat. Nicht nur wird damit eine zusätzliche Virtualitätsebene eingezogen auf der quasi von privater Hand Geld „erschaffen“ wird, sondern auch noch reichlich Gewinn gemacht.
Dazu ein kleines Rechenbeispiel: Im Oktober 2008 hat die Erste Bank 2,7 Milliarden Euro zu günstigen Konditionen erhalten. Diese 2,7 Mrd. als Eigenkapital verwendet resultiert dann bei einer Eigenkapitalquote von 4% in 64,8 Mrd. an verleihbarem Geld, immerhin ein plus von 62,1 Mrd. OHNE JEGLICHE LEISTUNG! Und selbst wenn die Zinssätze für die Kunden nur ein Zehntel derer der Banken betragen würden bleibt das ein äußerst lukratives Geschäft, aber darum soll es ja gar nicht gehen, auch wenn das kein Einzelfall ist und sicherlich einen eigenen Beitrag wert wäre.
Wie umgehen mit den Schulden?
Wir haben also eben gelernt dass private Geschäfts- aber vor allem Investmentbanken in seltsamen Kreisläufen Geld aus nichts erschaffen, und das ist dann auch der Realwert dieses Geldes: nichts.
Folglich haben wir auf der einen Seite den Staat und normale Bürger die verschuldet sind und auf der anderen Banken die diese Schulden besitzen, und dann kommen Großbanken unterstützt von Ratingagenturen und diktieren dem Staat wie viel er an Zinsen zahlen soll für etwas das seinen einzigen (fiktiven) Wert durch genau diesen Staat erhält. Was wir gerade bei Griechenland, Spanien und so weiter sehen sind die Folgen dieses seltsamen Spiels, und sie werden auch bei den anderen Staaten auftreten, Rettungsschirm hin, Euro-Bonds her. Wenn wir also weitermachen wie bisher werden wir im Idealfall in naher Zukunft eine Verschärfung der Krise hinnehmen müssen um danach wieder für einige Jahre, womöglich einige Jahrzehnte wieder weiterzumachen bis zur nächsten Krise. Im schlimmsten Fall erleben wir einen Zusammenbruch aller Gesellschaftsstrukturen und finden uns innerhalb weniger Jahre, nach (Bürger-)Kriegen in weiten Teilen des sogenannten Westens in mittelalterlichen Verhältnissen wieder, damit einhergehender Verfall von Infrastruktur wie Straßen, Bahnlinien aber auch Energieversorgung. Ausgang ungewiss…
Alternativlos? Muss nicht sein!
Da aufgrund von Klimawandel und ungerechter Umverteilung von Wohlstand und Ressourcen (von Süden nach Norden und (zumindest von Europa aus betrachtet) von Ost nach West) um eine vernünftig funktionierende „Weltgesellschaft“ zu ermöglichen ohnehin erhebliche Veränderungen notwendig sind könnte man auch gleich die Methoden zur Geldgenerierung anders Denken.
Deshalb hier noch ein kleines „Was wäre wenn“:
Was wäre wenn ein Staat den Geldverkehr virtualisiert und dann sämtliche Staatsausgaben durch „neues“ Geld, mit festgelegtem Kurs (z.B. 1 Liter Milch = 1 Credit, siehe auch dieser Podcast ab ca. 1:48:00), deckt und Steuern dazu verwendet Geld aus diesem Kreislauf zu entziehen um Inflation zu verhindern. Also der Wert des Geldes an Produkten festgemacht wird und nicht wie bisher der Wert des Produktes am Geld. Damit würde A) der Staat die Hoheit über die Geldgenerierung zurückgewinnen B) würden Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Gesundheitswesen usw. direkt bei denen ankommen könnten die die Arbeit erledigen (ohne Umweg über eine Bank) und C) deuten geschichtliche Ereignisse darauf hin dass wenn einem System Mittel zugeführt werden sich die technologische & gesellschaftliche Entwicklung beschleunigt.
Wie so eine bankenfreie Gesellschaft dennoch Werte tauschen kann ohne nur von Tauschhandel abhängig aussehen könnte wurde heuer im Sommer am CCCamp vorgestellt (Der Ton am Anfang ist etwas kaputt, das wird aber besser).
Und warum das Ganze?
Nun ja, das es nicht funktioniert wie es jetzt läuft dürfte den meisten inzwischen klar geworden sein. Da Geld eben keinen inhärenten Wert hat sondern dieser Wert ohnehin schon von dem Staat in der es verwendet wird zugewiesen wird ist es doch irgendwie naheliegend wenn dieser Staat die Kontrolle über die (offiziell gültige) Währung hat.
Ich will nur eine Idee vorstellen, keine endgültigen Lösungen, ich bin mir sicher dass diese Idee noch etliche Probleme enthält die ich nicht angesprochen/nicht bedacht habe.
Allerdings bin ich mir nicht sicher ob es unlösbare Probleme sind ;-)
Weiterführende Links:
Zum Hören:
ALT016: Geld, Bitcoin, Währungspolitik und Gold
CRE182 Elektronisches Geld
DR188: Geld
KL004: Geld und Quasigeld
Zum Lesen:
How fake money saved Brazil
Money, Debt, the Economy and the 2008 Financial Crisis explained for Nerds and other interested Mortals