DIKNU SCHNEEBERGER: „Ich denke nicht darüber nach, was ich mache, weil ich an Musik intuitiv herangehe“
Lässt sich ein junger Heranwachsender als Koryphäe auf seinem Gebiet bezeichnen? Wenn er Diknu Schneeberger heißt, dann mit aller Bestimmtheit. Kaum ein Bericht, in dem die Wörter „talentiert“ oder „Ausnahmetalent“ nicht auftauchen.
Diknu kam früh mit der Musik seines Vaters in Verbindung, wurde unmittelbar für sein Können als Jazzgitarrist gelobt und als Teenager ausgezeichnet. Dass solche Lorbeeren auch das eigene Ego ins Wanken bringen können, erzählt der 23-jährige im Interview mit subtext.at.
Ein Gespräch über das heutige Jugendbild, über Buddhismus und die eigenen Ziele, Sehnsüchte und Wünsche.
subtext.at: Diknu, mehr denn je stehen die Jugendlichen in der heutigen Gesellschaft unter Druck. Spürst du das auch?
Diknu Schneeberger: Ja, schon. Das spüre ich in zum Beispiel in meinem Beruf. Ich hatte schon immer das Gefühl, etwas leisten zu müssen. Man muss das Level halten, sonst kann man mit der Gesellschaft nicht mithalten.
subtext.at: Als junger Erwachsener wird man förmlich dazu gezwungen, sich im Verlauf des Lebens immer wieder neu zu erfinden. Was denkst du?
Diknu Schneeberger: Ich habe mehr Erfahrungen damit gemacht, flexibel sein zu müssen. Als Musiker muss man mehr als nur ein Instrument spielen können. Man muss sich auch um andere Dinge kümmern, die dazu gehören. Anfragen beantworten, E-Mails zurückschreiben, solche Sachen. Da musste ich erst mal einen Zugang dazu finden. (überlegt kurz) Ich bin ja Autodidakt. Mit acht Jahren habe ich Schlagzeug gespielt, allerdings nicht sehr zielstrebig. Mit vierzehn Jahren bin ich dann zur Gitarre gekommen. Dann habe ich auch angefangen, in der Band meines Vaters mitzuspielen. Ab dann wusste ich: Entweder ich gebe jetzt Gas und es wird etwas aus mir, oder ich gebe es auf (lacht). Ich habe mich fürs Gas geben entschieden, weil es mir auch sehr viel Spaß gemacht hat. Ich war auch auf einer Musikschule, habe mit sechzehn im Konservatorium studiert, was jedoch nicht mein Weg war. Es hat sich angefühlt wie eine Blockade, weil man dort alles zerlegt – wie eine Wissenschaft. Ich habe dann damit aufgehört und das Studium nicht abgeschlossen, weil ich für mich keinen Anschluss gefunden habe. Ich denke nicht darüber nach, was ich mache, weil ich an Musik intuitiv herangehe.
subtext.at: Fällt es dir heutzutage schwer, sich als junger Musiker in der heutigen Erfolgsgesellschaft zurechtzufinden?
Diknu Schneeberger: Ich muss es immer noch lernen, weil vieles von meinem Vater und dem Martin Spitzer, meinem Lehrer und Rhythmusgitarristen, erledigt wurde. Die haben bislang alles in die Hände genommen. Weil ich das große Talent habe, war ich der Aufhänger, aber die eigentliche Arbeit haben die zwei erledigt. Ich bin jetzt erst dabei, hineinzuwachsen und Verantwortung zu übernehmen.
subtext.at: Laut der Studie „Jugend und Zeitgeist“ des Instituts für Jugendkulturforschung interessiert sich die Jugend von heute für einen sicheren Job und den eigenen Körper. Sie ist auf sich fixiert, unpolitisch und ein bisschen ausländerfeindlich. Was sagst du dazu?
Diknu Schneeberger: Da habe ich noch kein klares Bild darüber. (überlegt) Ausländerfeindlichkeit bemerkt man ja nicht nur in der Jugend, dass die verankert ist, sondern auch allgemein. Mit Politik habe ich mich aber in meinem Leben sehr wenig beschäftigt. Ich weiß nicht so ganz, warum das so ist, aber ich möchte mich in Zukunft stärker damit beschäftigen.
subtext.at: Wichtiger Anreiz ist auch das Geld. Wer keines hat, ist nicht Teil der Gesellschaft.
Diknu Schneeberger: Da bin ich auch sehr verwöhnt, weil ich mit vierzehn Jahren schon mein eigenes Geld verdient habe. Mein Hobby wurde zu meinem Beruf. (überlegt) Damals schon habe ich diese Freude am Geld gehabt. Ich habe in dem Alter viel verdient, habe Spaß daran gehabt, es auch auszugeben. Natürlich war ich kein Millionär, aber es war mir schon wichtig, immer Geld zu haben. Mittlerweile ist es mir aber nicht mehr so wichtig. Es ist natürlich schon wichtig, dass ich mich selbst finanzieren kann. Wohnung, Auto und ich fühle mich schon reich. Wenn ich dann noch etwas übrig habe für ein neues Möbelstück, dann ist es überhaupt ganz super. Mehr brauche ich nicht. Nicht mehr.
subtext.at: Inwieweit spielt Selbstverwirklichung für dich eine Rolle?
Diknu Schneeberger: Momentan sehr, sehr groß. Auch Selbstfindung. (überlegt) Ich bin seit zwei Jahren auf der Suche (lacht). Ich bin auch Buddhist geworden und habe einen großen Lebenswandel durchgemacht. Ich habe festgestellt, dass ich sehr unglücklich war, obwohl ich scheinbar alles hatte. Ich habe gemerkt, dass da irgendetwas nicht zusammenpasst. Von den äußeren Umständen hat alles gepasst, um der glücklichste Mensch auf der Welt zu sein. Innerlich war ich deprimiert und von Ängsten geplagt, teilweise auch sehr egoistisch und egozentrisch. Ich bin dann den Büchern des Dalai Lamas begegnet und seit dann bin ich draufgekommen, dass es nicht nur mir schlecht geht, sondern der ganzen Welt. Alle leiden und so weiter. Ich habe dann Lösungen für alle Probleme gesehen.
subtext.at: An das Nirwana und an die Wiedergeburt glaubst du?
Diknu Schneeberger: Mittlerweile immer mehr, ja. Ich denke, dass es noch etwas Anderes gibt als das eigene Ich.
subtext.at: Eigentlich will man sich ja stets von den Erwachsenen abgrenzen. Du hast mit deinem Vater in einer Band gespielt – genau gegenteilig.
Diknu Schneeberger: Ich hatte das Gefühl, mich abgrenzen zu wollen, sehr stark sogar, allerdings nicht gleich. Es kam mit achtzehn Jahren, denke ich. Ich habe das Gefühl gehabt, dass ich meinen eigenen Weg gehen muss. Davor war ich froh, solch eine stabile Person an meiner Seite zu haben. Martin und mein Vater waren für mich große Vorbilder, von ihnen konnte ich viel lernen. (überlegt) Ich habe irgendwann gemerkt, dass die Lebensanschauungen meines Vaters nicht mehr in die heutige Zeit passen. Ich habe mich an etwas festgehalten, was nicht mehr aktuell ist. Ältere soll man respektieren und von ihnen lernen, aber natürlich auch erkennen, dass nicht alles von ihnen in die heutige Zeit passt.
subtext.at: Vorhin hast du es schon erwähnt – nervt dich das, ständig „flexibel“ sein zu müssen?
Diknu Schneeberger: Mittlerweile nicht mehr, aber früher auf jeden Fall. Warum? Weil ich das Gefühl hatte, ich kann mich nirgends ausruhen und anhalten. Das hat mich sehr genervt und ich habe sehr darunter gelitten. Als Buddhist weiß man jedoch, dass alles vergänglich ist, das habe ich eingesehen und jetzt stört es mich nicht mehr. Ich schaue, dass ich jeden Augenblick genieße und mich in der Gegenwart verankere. Wenn man sich in der Gegenwart verankert, ist man flexibel.
subtext.at: Ist es dir leicht gefallen, diese Vergänglichkeit im Leben zu akzeptieren? Das ist für viele ein Thema, welches verdrängt wird.
Diknu Schneeberger: Für viele Menschen ist das nicht leicht, das stimmt. Ich kenne Personen, die nicht über den Tod reden und sich nicht damit belasten möchten. Ich sehe das ganz anders. Ich bin froh, dass wir die Möglichkeiten haben, soweit vor zudenken. Die Meditation hat mir auch sehr geholfen, das zu erkennen.
subtext.at: Als Diknu Schneeberger Trio spielt ihr in Österreich instrumentalen Gypsy-Jazz. Eigentlich müsste man meinen, das sei kommerzieller Selbstmord.
Diknu Schneeberger: Wir spielen auch viel mehr im Ausland, in Deutschland oder Frankreich zum Beispiel. In Österreich ist es weniger, international kommen wir aber auch herum. Unsere Sparte ist anders als die anderen, weil es kein Chill Out-Jazz ist, sondern ein Konzert-Jazz. Leute kommen zu mir und sagen, dass es sie berührt hat oder sich die Musik so lebendig anfühlt. Wir proben auch wenig, wir können unser Programm im Schlaf (lacht). Wir gehen auf die Bühne und es ist alles klar.
subtext.at: Wenn es vorkommt, dass ihr euch verspielt, merkt das wahrscheinlich keiner.
Diknu Schneeberger: Man kann lernen, die Fehler zu korrigieren, kann sich aber auch so verspielen, dass es nicht mal der Kamerad hört, oder so, dass es selbst einem Kleinkind auffallen würde (lacht).
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Walter Ulreich
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