Haderers „Der Herr Novak“: Sozialkritisches Ein-Mann-Stück
Am Donnerstagnachmittag fand die – ausverkaufte – Generalprobe des Stückes „Der Herr Novak“ im Linzer Phönix Theater statt. Der Einsatz von Ironie und der dazugehörigen Haderer-Karikaturen überzeugt nicht nur, er erzeugt auch Nachdenken beim Zusehenden.
Herr Novak (knapp über eine Stunde Solo-Spiel für Ferry Öllinger) sitzt im Kaffeehaus und wartet auf sein Date. Während einer Zigarette beginnt er über „penetrante Nichtraucher/innen“ zu schimpfen. Nach und nach erfährt der/die Zuseher/in von Novaks Onkel Kurt Waldheim, der „politisch nirgends ganz“ dabei war, von Tante Marie, Novaks Jugend und Rockerzeit und seinem derzeitigen Beruf beim Innenministerium, der Arbeit an Arigona Zogajs Fall inklusive. Herr Novak hat zu sämtlichen Themen eine Meinung, wenngleich diese oftmals aus Halbwissen besteht oder nur einzelne Aspekte betrifft: Einerseits bringe politisches Engagement höchstens kurzfristig Nutzen, andererseits scheint der Protagonist selbst nicht zu erkennen, dass Nationalstolz, Integration, etc. politisch aufgeladen werden. Herr Novak bezeichnet sich als gläubig; er habe zwar wenig Zeit, in die Kirche zu gehen, bete dafür aber regelmäßig mit seiner Tante Marie.
Des Weiteren ist Sport immer wieder Gegenstand seiner Abhandlungen: Dieser wird als gemeinschafts- und nationalidentitätsbildend dargestellt („unser..“). Patriotismus zieht sich durch einige Bereiche: Herr Novak wird emotional, als er sein Lieblingslied „I am from Austria“ präsentiert. Er merkt an, dass sich Österreich selbst Arbeitsmigrant/inn/en geholt habe, dennoch könnten diese Deutsch lernen. Zwischendurch werden Kaffee und Nudelsuppe konsumiert, auf der Toilette trifft Herr Novak zufällig HC Strache, den er mit Jörg Haider verwechselt. Der Chef der Freiheitlichen sei möglicherweise ein Arsch, aber man müsse eingestehen, dass er auch eine Erscheinung sei (Anspielung auf die rhetorischen Fähigkeiten,…).
Herr Novak hat jedoch nicht nur überspitzte, karikaturistische Züge, sondern durchaus einen menschlichen Charakter, mit dem man sympathisieren kann: Zuerst versucht er das Zuspätkommen seiner Begleitung locker zu nehmen und mit positiven Attributen zu versehen- Sie sei vielleicht nervös oder stehe im Stau-, nach ihrer Absage berichtet Herr Novak mit verstärkt negativem Beigeschmack über sie. Ferry Öllinger schafft es dabei, die unterdrückte Verzweiflung subtil an die Oberfläche zu bringen. Möglicherweise schwingt bei der Aussage über Feminist/inn/en ebenfalls Unsicherheit mit. Die Aspekte, welche Herrn Novak zur Rage bringen, sorgen beim Publikum hingegen eher für Lacher mit ernstem Beigeschmack.
Toleranz endet ab dem Zeitpunkt, an dem Herrn Novak die Dinge persönlich betreffen. Eine schnelle, unhinterfragte Gruppenbildung aufgrund weniger gemeinsamer Merkmale kann in “Der Herr Novak“ eine Vorstufe für Gefahr sein.
Trotz der Palette an Themen wird das Publikum nicht überfordert: Herr Novaks Sprache ist im Wesentlichen einfach gehalten; das Bühnenbild, Musik oder zusätzliche Effekte drängen sich nicht in den Vordergrund. Einen Teil dazu tragen auch die eingeblendeten Karikaturen Haderers bei, die den Monolog auflockern und stets an die Erzählungen Novaks angepasst sind. Adäquat sind außerdem die Auswahl der Kronen Zeitung- auflagenstärkste in Österreich und daher in der Tat häufig an öffentlichen Orten aufliegend beziehungsweise vielfach kritisiert- und des Liedes „I am from Austria“ von Reinhard Fendrich, welches teils als inoffizielle Nationalhymne bezeichnet wird (Regie & Ausstattung: Gerhard Haderer).
Zu dem Geschehen fügt sich schließlich das Ende des Stückes ein, welches weder direkt geschlossen, noch komplett offen gehalten wird. Herr Novak verharrt in seinen eigenen Gedanken und Meinungen, ist metaphorisch und ohne Weitblick eingesperrt.
Die weiteren Aufführungstermine im Phönix Theater (Koproduktion mit Scherz&Schundfabrik) sind bereits alle ausverkauft. Dennoch kann „Der Herr Novak“ noch im Mai im Kino Ebensee besucht oder als gleichnamiges Buch gelesen und angesehen werden.