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Langfilme sind Angeber – Heiße Nächte beim VIS 2015

Ein Kurzfilm kann viel mehr als nur in höchstens 30 Minuten fertig zu sein. Denn auf die Länge kommt’s bekanntlich nicht an. Beim VIS (Vienna Independent Shorts) Filmfestival 2015 waren wieder mehr als 300 Werke zu sehen, aber besonders die Mitternachts-Screenings haben’s mir angetan.

Seit drei Jahren bin ich nun schon Gast am VIS und genauso lange gibt es auch die Midnight-Movies, die heuer noch erweitert wurden. Am Donnerstag gab’s NIGHTMARES – New Horror Shorts: Eine Fahrt ins Unbehagen – hab ich aber leider verpasst. Mein Kollege meinte, sie wären nicht Horror genug gewesen, aber wir sind ja von Markus Keuschniggs Nachtsicht beim CROSSING EUROPE Filmfestival in Linz schon so einiges gewohnt. Lustig war’s allemal.

Die Nacht des abstrusen Humors

Am Freitag lud TRÈS CHIC zum Vorglühen und Feiern ein. Vorab wird man am Festival auch schon ordentlich abgefüllt, sodass niemand nüchtern den Kinosaal betreten muss. Mit verantwortlich ist da die 35ml-Bar, wo alle Filmgäste spezielles Hochprozentiges aus ihrer Heimat mitnehmen und ausschenken. Wer dort noch nicht genug erwischt hat, bekommt beim Kartenabriss noch Whiskey mit Ginger Ale. Im Kinosaal läuft beim Einlass Pop aus den 80ern und 90ern, für alle die noch nicht ganz kapiert haben, was hier auf sie zukommt – Très Chic / trashig eben.

Zu sehen gibt’s den Christenrap von Gerafi („Du willst austreten? Jesus tritt dich aus!“) genauso wie Lesley the Pony von Christian Larrave oder Anthony von Jonathan van Tulleken. Auch Wisdom Teeth von Tribute-Gast Don Hertzfeldt und Dauer-Gast Rigoletti sind wieder dabei. Nach bereits sehr beschwipster Einführung und verwirrenden Interviews mit anwesenden FilmemacherInnen vor dem Screening gab’s am Ende noch eine nicht ganz ernst zu nehmende Abstimmung für den Publikumspreis. Man sollte einen roten oder weißen Luftballon in die Höhe halten, als Zeichen von Like/Dislike. Blöd nur, dass die betrunkene Meute alle ihre Ballons schon vor dem Start wie wild durch den Saal geschossen hat. Schnell rächt sich eben die 90er-Musik.

So gewann nach drei mühsamen Durchgängen und einer kurzen Beratung der Moderatorinnen Ernst Palicek mit Summer in Wien den Prix Très Chic Pour Le Film Le Plus Extraordinaire. „Wie is des denn jetzt passiert“, hörte man das Festivalteam nachher diskutieren. Auch manche Gäste machten am Weg zur Fête Très Chic im Club U ihrem Ärger Luft. Was soll’s, ist ja nur Trash und hat immerhin Spaß gemacht.

Pornokino

Noch heißer wurde es dann Samstagnacht im Kinosaal im Künstlerhaus: POP PORN – Die aufregendste Pornonacht der Stadt wurde hier versprochen. Vorab werden da Kondome verteilt und irgendjemand im Saal gewinnt einen Vibrator (natürlich die Person aus Sitz Nummer 6 in Reihe 6, eh klar). Die Videos sind wie immer … anregend. Das nervöse Kichern im Saal gehört da ebenso dazu wie das hörbare Rumrutschen auf den Sitzen – falls die Hose doch mal spannt. Als dann ein Pärchen mitten in Screening den Saal verlässt, gibt’s Szenenapplaus.

Aber nein, so arg geht’s da nicht zu, wir sind ja nicht in einem Pornokino, auch wenn der erste Film Please Relax Now von Vika Kirchenbauer eindeutig zu autoerotischen Handlungen auffordert. Bei den Dancers von Antonio da Silva fliegen mal wieder haufenweise Schwänze durchs Bild und sogar Catastrophe & Cure haben es mit Undeniable/Irresistible in dieses Programm geschafft. Das liegt wohl an den schönen Projektionen auf schönen Körpern – es geht hier doch nicht um Schmuddelkram. Es gibt auch technische Neuigkeiten aus dem Pornobusiness zu sehen, wie zum Beispiel Outdoor-Sex mit Drohnen.

Party

Auch zu diesem Programm folgt die passende Afterparty im Club U – wieder mit ganz viel trashigem Pop aus vergangenen Jahrzehnten. Die Leute stehen einfach drauf. Grundsätzlich gibt’s beim VIS viel zu viele Partys, das kann auf die Dauer dann schon anstrengend werden. Auch sonntags nach der Preisverleihung wurde noch im Container im Resselpark am Karlsplatz gefeiert, das Festivalteam ging erst nach Hause, als es schon hell war.

Wenn ihr auch wissen wollt, wer eigentlich gewonnen hat – immerhin sind die Wettbewerbe ja der eigentliche Grund für so ein Festival – könnt ihr das auf viennashorts.com nachlesen. Ich bin mit den GewinnerInnen wie immer nur teilweise zufrieden. Aber meine Meinung und die Wertung der Jury haben noch bei keinem Festival zusammengepasst.

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