Vom Großfürsten bis hin zur virtuellen Welt
Mehr als 20.400 Menschen besuchten in der Saison 2015/16 das Theater Phönix in Linz. Damit ist die Besucher_innenzahl, unter Berücksichtigung der Anzahl der Vorstellungen (187), im Vergleich zum Vorjahr etwa gleich geblieben. Die beliebtesten Stücke der letzten Spielzeit waren „Er ist wieder da“ und „Die Lüge“. In der kommenden Saison bleibt das Theater Phönix seiner Stärke treu und setzt auf Sozialkritik und Gesellschaftssatiren abseits des Gewohnten.
Den Anfang des diesjährigen Überthemas „Sind wir noch zu retten?“ macht Albert Camus‘ „Die Gerechten“ am 15. September (Regie: Anke Salzmann): Anarchist_innen planen ein Attentat auf den Großfürsten Sergej, der erste Versuch misslingt. Emotional geladene Diskussionen darüber, wie weit der Einsatz von Gewalt gehen darf, entfachen. Was ist erlaubt im Kampf um Gerechtigkeit? Heiligt der Zweck die Mittel? Können politisch motivierte Attentate legitim sein? Fragen, die sich nicht nur 1905 in Russland gestellt haben, sondern heute weltweit aktueller denn je scheinen.
Weniger emotional geht es in der nachfolgenden Satire „Charleys Tante und die Macht des Geldes“ nach Brandon Thomas (Regie: Harald Gebhartl) ab dem 17. November zu. Jack und Charly, zwei Studenten, sind in Geldnot. Sie dürfen zwei millionenschwere Mädchen nur dann treffen, wenn Charlys reiche Tante dabei ist. Als diese nicht auftaucht, wird kurzerhand ein Schauspieler organisiert. Der Wunsch nach schnellem Geld trifft auf salonfähige Korruption und käufliche Liebe.
„Ein Sommernachtstraum oder Badewannengriffe im Preisvergleich“ (Text und Regie: Kurt Palm) heißt das Stück mit lokalem Bezug, das am zweiten Februar uraufgeführt wird. Die drei Kupfermuckn-Verkäufer Bertl, Rudi und Lindi proben im Linzer KPÖ-Heim den „Sommernachtstraum“. Da das Textlernen aber sehr mühsam sein kann, unterhalten sie sich lieber über Badewannen oder depressive Metzger_innen. Obwohl die Gespräche ewig weitergehen könnten, wird den dreien mit der Radiomeldung von der Ermordung John F. Kennedys ein jähes Ende bereitet. Ein Zeitloch, eine weitere Reise nach Palms Stück „Der Zwerg ruft“.
Ein Ankommen, für Flüchtlinge und in der medialen Berichterstattung, erfährt das Dorf „Funnyhills“ (ab 2. März 2017). Josef Maria Krasanovsky hat im Herbst des Vorjahres einige Tage in Spielfeld verbracht und für sein Stück „Funnyhills – Das Dorf an der Grenze“ Spielfelds Bewohner_innen zu Wort gebeten. Regie bei den aufgearbeiteten Protokollen führt Barbara Falter.
Kaum weniger ruhig, aber mit frei gewählter Intensität, geht es mit Ferdinand Bruckners „Krankheit der Jugend“ (1926) ab dem elften Mai 2017 weiter. „Entweder man verbürgerlicht oder man begeht Selbstmord. Einen anderen Ausweg gibt es nicht“, so lautet das Motto einer Studierenden-WG im Wien der zwanziger Jahre. Von der Promotionsfeier über Affären bis hin zu einem Spiel um Macht und Abhängigkeit (Regie: Christine Eder).
Abhängig von Anerkennung sind auch vier Jugendliche in Alexandra Ava Kochs Stück „Titan Heart“. Nach einem Aufruf im Internet findet sich die Gruppe zusammen, um ihren Gewaltfantasien freien Lauf zu lassen. Immer härtere, drastischere Aktionen folgen. Fans haben hohe Erwartungen, der Konkurrenzdruck steigt. Mit „Titan Heart“ (Regie: Johanna Ullmann), das im Juni während des Internationalen Kinder- und Jugendtheaterfestivals SCHÄXPIR uraufgeführt wird, endet schließlich die Spielzeit 2016/17.
Außer den sechs Theaterstücken führen die Mitarbeiter_innen des Theater Phönix theaterpädagogische Angebote wie die Zusammenarbeit mit dem Verein ADA für Jugendliche mit Migrationshintergrund oder das Masterstudium „Theaterpädagogik- Lernen durch Darstellen“ gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz fort.
Das Schauspielensemble wird in der kommenden Saison um die beiden Schauspielerinnen Anna Maria Eder (u.a. Theater des Kindes Linz) und Marion Reiser (u.a. Landestheater Niederösterreich, Fernsehserie „Vier Frauen und ein Todesfall“) ergänzt, Rebecca Döltl verlässt das Ensemble hingegen.