Jeremy Loops: Südafrika zu Gast im kalten Linz
Der südafrikanische Künstler Jeremy Loops ist in seinem Heimatland bereits ein Schwergewicht und spielt dort vor tausenden Fans. In Österreich hingegen ist er aktuell noch ein Geheimtipp. Am Freitag war er dann im Zuge seiner großzügigen Österreich-Tour auch im Posthof zu Gast. Während er mit viel Energie und Lebensfreude zu 100% überzeugten konnte, verfehlten Publikum und Voract Ash Radford die Bestnote.
Der Festivalsommer ist vorbei und die Zeit der Indoor-Konzerte ist wieder gekommen. Schön, wieder ein Dach über dem Kopf zu haben, überhaupt bei den ersten kalten Herbsttagen dieses Jahres. Umso mehr freute ich mich auf diesen Abend, begeisterte mich Jeremy Loops doch bereits im Vorjahr in Salzburg bei ähnlich grausamen Wetter. Denn grundsätzlich kann der südafrikanische Beachboy mit Frauenschwarmaussehen jedes schlechte Wetter vergessen machen. Dass für den österreichischen Durchbruch noch etwas Bekanntheitsgrad fehlt, merkte man an den überschaubaren Besucherzahlen, ein halb voller großer Posthof-Saal (Galerie geschlossen) ist nicht ganz das, was Jeremy Loops aus seiner Heimat gewohnt ist. Aber das wird wahrscheinlich mit dem bald kommenden zweiten Album besser.
Besser ist ein gutes Stichwort, denn das sollte in Zukunft auch die Auswahl des Supports werden. Denn der optisch Jeremy Loops durchaus ähnlich aussehende Ash Radford konnte nicht wirklich überzeugen. Singer & Songwriter sind per se meistens gefährlich. Zwischen schlecht und gut gibt es in der Mitte meistens wenig Platz. Man kann Ash Radford jetzt nicht vorwerfen, dass er technisch gesehen nicht singen kann – das kann er. Man kann ihm aber vorwerfen, dass seine Performance leider schlicht und ergreifend langweilig war. Die Texte ausgestattet mit den immer gleichen Versatzstücken und dann noch dazu so unglaublich einschläfernd vorgetragen, dass ich mich wundern muss, wie er zu diesem Support-Slot gekommen ist. Das passt einfach überhaupt nicht mit Jeremy Loops zusammen. Dadurch wird das Publikum weder in Stimmung gebracht, noch für den Südafrikaner vorbereitet. Dass auch die Zuschauer damit recht wenig anfangen konnten und ebenso wie ich gelangweilt von Ash Radford waren, merkte man auch daran, wie viel im Vergleich zu einer Stunde später im Foyer und an der Bar los war. Bitte für die Zukunft: wenn schon einen Singer & Songwriter als Voract, dann bitte jemanden der Energie versprüht und nicht wie eine Schlaftablette rüberkommt. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Will Varley oder, noch besser, William McCarthy?
Das könnte auch der Grund sein, wieso dann später bei Jeremy Loops es auch etwa 40 Minuten dauerte, bis das Publikum auftaute und für Stimmung sorgte. Wohlgemerkt erst nach langer, langer Wartezeit. Wieso es fast eine Dreiviertelstunde dauerte, bis er auf der Bühne stand, konnte sich keiner so wirklich erklären, vor allem da nichts mehr aufgebaut werden musste in der Pause. Aber das lange Warten war es absolut wert, denn die folgenden etwa 90 Minuten waren schlichtweg großartig. Wie damals in Salzburg verströmten der Südafrikaner und seine Band eine Lebensfreude, eine Energie und Motivation, die man nur von wenigen Bands heutzutage mehr sieht. Der Sound war fast perfekt abgemischt, nur manchmal übersteuerte der Bass etwas. Die Setlist gut zusammengestellt, natürlich mit den Publikumslieblingen und Überhits „Down South“ mittig platziert und „See, I wrote it for you“ als perfekten Rausschmeißer zum Finale – da bleibt niemand ruhig stehen. Mit viel Charme und vielen Kleinigkeiten zog er das Publikum in seinen Bann und versuchte alles um die LinzerInnen, SüdafrikanerInnen und, man staune, ItalienerInnen, zum Tanzen zu bewegen. Wer nach einem Zuruf aus dem Publikum plötzlich lautstark „ah sa vinya“ aus König der Löwen anstimmt sammelt bei mir sehr, sehr viele Pluspunkte – höchst charmant muss ich sagen. Das war dann auch etwas der Wendepunkt dieses Abends, ab dann hatte er das Publikum gefangen. Ab jetzt wurde bei jedem Song lautstark mitgesungen und getanzt. Nur beim vorgetragenen Song des kommenden zweiten Albums war es wieder etwas still. Der ging erstaunlich stark ins Folkige rein, natürlich gemischt mit Pop- und Indie-Elementen – muss ja auch zu Jeremy Loops passen. Trotzdem ein doch starker Kontrast zu den bisherigen Songs des Südafrikaners. Anders, aber gut.
Eines, liebes Linzer Publikum, speziell liebe erste Reihe, linkes Drittel muss ich am Ende noch anmerken. Es ist ja schön und gut, wenn ihr ab und zu mal ein Foto macht oder einen Song mitfilmt. Jedoch regt es mich auf, nein, es erzürnt mich geradezu, und ich kann es nicht verstehen: erklärt es mir bitte. Wieso gibt man gutes Geld für eine Konzertkarte aus, um sich dann die vollen 90 Minuten Performance durch den Bildschirm seines Smartphones anzusehen? Was ist daran spannend, was macht daran Spaß? Mal abgesehen davon, dass ich das höchst unhöflich und respektlos gegenüber dem Künstler halte. Gut gemeinter Ratschlag: legt euer Handy weg, genießt die Musik, mosht, tanzt, singt mit, whatever, aber lasst einfach das Handy in der Tasche stecken. Wenn ihr das nicht schafft, könnt ihr euch in Zukunft ja auch Live-Videos auf Youtube ansehen – ist im Endeffekt dann dassselbe.
Kommen wir nun endlich zum Fazit. Jeremy Loops konnte wie bereits vor einem Jahr im Rockhouse wieder überzeugen. Von der Bühnenperformance über Tonabmischung und Setlist alles perfekt, da gibt es überhaupt nichts auszusetzen. Fand es auch sehr nett von ihm, sich nach dem letzten Song noch Zeit für das Publikum im Saal zu nehmen, um Selfiewünsche zu erfüllen. Support Ash Radford dagegen war eine Enttäuschung – und liebe Linzer ich muss leider sagen: das Duell um das beste Publikum, habt ihr gegen Salzburg verloren, sorry. Mit den Österreich-Terminen war es dann auch für dieses Jahr, aber wer Jeremy Loops noch nicht gesehen hat bzw. noch nicht kennt, hier mein ehrlicher Rat. Hört bei Youtube mal rein und falls es 2018 ein Österreich Konzert gibt, unbedingt hingehen, das lohnt sich. Lasst euch von diesen Vibes verzaubern!
Fotos: Andreas Wörister (Facebook Page / Homepage )