Calexico: The Thread still keeps us

Gern gesehenene Gäste sind sie, vor allem hierzulande: Calexico, die Formation rund um Joey Burns und John Convertino. Auch im Zuge ihrer Tour zum neuen Album, „The Thread That Keeps Us“, machten sie wieder in der Alpenrepublik halt. Am vergangenen Montag im restlos ausverkauften Linzer Posthof wurde einmal mehr deutlich: ein Calexico-Konzert ist ein Abend, den man nicht enttäuscht in Erinnerung behalten kann.

Montagabend, der Posthof restlos ausverkauft, der Altersschnitt im Publikum zwischen Vier und 85 Jahren. Nicht viele Bands schaffen es, derartige Spannen abzudecken. Calexico tun es. Aber zuerst mal zum Support.

Denn auch der war bei Weitem kein Unbekannter in hiesigen Gefilden. Matthew Caws stand auf der Bühne – ungewohnterweise solo. Der Nada-Surf-Frontmann bewies, dass er aber auch ohne Band zu den Könnern seiner Zunft zählt. Eigentlich gerade mit seiner eigentlichen Band auf Tour, verstärkte er während einer kleinen Nada-Surf-Reisepause Calexico auf drei Konzerten. Eine gute Entscheidung, wie sich auch später noch herausstellen sollte. Sein Solo-Programm handelt sehr viel von „love“ – wie könnte man es im verdenken und wie könnte man das auch anders erwarten – in verschiedensten Facetten. Sehnsucht, Finden, Verlassen – die ganze Palette wird in solider Singer/Songwriterkunst abgedeckt. Durchaus berührend – auch wenn ich, wenn ich es mir aussuchen kann, dann doch bei der Full-Nada-Surf-Show bleibe.

Gut 20 Jahre ist es bereits her, als Joey Burns, John Convertino und einige weitere Musikverrückte als „Calexico“ ihr erstes Album veröffentlichten. Damals hieß die Band noch „Spoke“, das 1997 auf dem deutschen (!) Label Hausmusik erschienene Album genauso. 20 Jahre später sind sie immer noch aktiv, und können stolz von sich behaupten, dass es wohl nur wenige Bands gibt, deren Sound ein eigenes Genre begründet hat. Aus Tucson/Arizona haben sie sich aufgemacht, um ihren Tucson-Desert-Rock in die Welt hinauszutragen. Bereits als mit „Dead in the Water“ ein Track vom neuen Album ,“The Threat That Keeps Us“, das Konzert eröffnet wird, hängt das Publikum förmlich an Calexicos Klängen. Mit „Across the Wire“ und „Bridge to Nowhere“ werden auch Songs gespielt, die zeigen, wo Calexico ihre Wurzeln hat. Sie können es nicht und wollen es noch weniger verleugnen, dass die Grenze zwischen Mexico und Arizona sie geprägt hat. Gut so.

Auch neue Songs wie das (großartige) „Flores y Morales“ oder „The Town & Miss Lorraine“ kommen gut an – so gut halt, wie neues Material halt ankommt bei einer Band, deren Discographie sich in die Gehörgänge der Besucher eingebrannt hat. Natürlich warten auch hier die Fans auf bekanntes Material – und sie bekamen es natürlich auch. Egal ob „Not even Stevie Nicks“ vom „Feast of Wire“-Album, dem erwähnten „Across the Wire“,  oder „El Picador“, dem Opener aus dem „Hot Rail“-Album, das viele noch immer als das beste ansehen. Hier wird musikalisch höchstwertige Kost geboten. Apropos hochwertig: solche Könner in der Band findet man selten. Sergio Mendoza, Martin Wenk, Scott Colberg, Jairo Zavala und Jacob Valenzuela spielen multiple Instrumente, als ob sie es immer schon gemacht hätten. Da sitzt jeder Ton, und es wirkt wirklich so, als ob jeder Song aus einem Guss daherkommt.

Zum Abschluss das Highlight vieler, wenn man dem Applaus danach glauben darf: klarerweise „Crystal Frontier“, das das knapp eineinhalbstündige reguläre Set beendete. Aber es wären ja nicht Calexico, wenn die Zugaben nicht ebenso zelebriert würden. Gleich fünf davon gab es. Highlight: „Learning to Fly“ und „Alone Again Or“ gemeinsam mit Matt Caws auf der Bühne. Knapp zwei Stunden lang entführen Calexico aktuell auf Tour wieder in ihre eigene Welt – zwei Stunden, in denen man dem Alltag gerne entflieht. Eines der Highlights des Jahres 2018 bislang!

Foto: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.